ESV-Weste bleibt weiß, Lotfi sieht Rot
Von Christian Lehmann
(26.10.15) "Wer uns jetzt noch unterschätzt, ist selber schuld!" Patrick Linnemann, Trainer des TuS Ascheberg II, war trotz 1:2 (0:1)-Auswärtsniederlage beim ESV Münster stolz auf seine Mannschaft. In einer knüppelharten Partie hatten die Ascheberger dem Spitzenreiter mächtig zugesetzt. Vor allem Annas Lotfi wurde von seinem Bewacher Andreas Wethkamp immer wieder ordentlich bearbeitet. Aus Frust darüber, dass ihm bis dato wenig gelungen war, ließ sich Lotfi nach einer Provokation von TuS-Keeper Benjamin Pirih zu einer Tätlichkeit hinreißen (74.). Gut für den ESV, dass mit Can Tandik an diesem Tage ein anderer als Torschütze vom Dienst in die Bresche sprang. Schlecht für den ESV, dass der Rotsünder nun das Spitzenspiel beim SC Gremmendorf und das Kräftemessen mit Mike van der Haar verpasst.
"Selbst wenn der p... geht, gehst du mit!" Mit diesen hochtragenden Worten hatte Linnemann Kettenhund Wethkamp von der Leine gelassen, der fortan Lotfi in Einzelhaft und ihm den Spaß am Fußballspielen nahm. Für ESV-Trainer Ralf Speer ein probates, legitimes Mittel. Trotzdem sagte er: "Wie die auf die Knochen gegangen sind, das war schon nicht mehr schön." Linnemann entgegnete: "Das Ziel war, deren Außenverteidiger und Lotfi aus dem Spiel zu nehmen. Dass es so hart zur Sache geht, war natürlich nicht das Ziel. Dass es soweit kam, lag aber auch daran, dass der ESV gemerkt hat, dass sie hier alles reinlegen müssen. Ich glaube, die haben sich das gegen uns einfacher vorgestellt. Das war ein Spiel auf Messers Schneide. Nach dem 2:1 war es ein Spiel auf ein Tor."
Verständnis für Fehlverhalten
Es war eben dieses 2:1 in der 74. Minute, das letztlich die erste Ascheberger Pleite nach fünf Spielen ohne Niederlage einläutete und Lotfi zum Verhängnis wurde: Can Tandik war einen Tick früher als Pirih am Ball, legte diesen ins Tor und drehte jubelnd ab. Zur selben Zeit gerieten auch Lotfi und der TuS-Keeper aneinander. Was genau passiert war, vermochte keiner der beiden Coaches anschließend exakt zu schildern. Für Speer stand jedoch fest: "Die Rote Karte ist klar berechtigt, gar keine Frage. Annas hat sich dafür auch schon bei der Mannschaft entschuldigt. Man entwickelt aber Verständnis für seine Reaktion, wenn man die Vorgeschichte gesehen hat." Speer rechnete seinem Kollegen Linnemann übrigens hoch an, dass er nach der Partie beim Schiedsrichter vorsprach und ihn (vergebens) bat, statt "Tätlichkeit" "Foulspiel" in den Spielbericht einzutragen. Auch er wolle zum Sachverhalt noch einmal einen Brief an Staffelleiter Helmut Thihatmar schreiben.
Eine von drei Großchancen im ersten Durchgang hatte Tandik zur Führung genutzt. Nachdem Jonas Toboll nach einer Annas-Ecke per Kopf vergeben (24.) und bevor Mirco Bertelsbeck einen Flachschuss daneben gesetzt hatte (28.), gelang Tandik mit einem Distanzschuss aus 18 Metern die nicht unverdiente Führung (27.). Auf der Gegenseite ließ dann Mirco Schwipp nach einem sehenswerten Konter den möglichen Ausgleich liegen (42.).
"Vollgas, bis der Arzt kommt"
Nach der Pause zogen die Ascheberger dann wie schon in vielen Spielen zuvor ein extrem aggressives Pressing auf. "Wir haben Vollgas gespielt, bis der Arzt kommt", umriss Linnemann. Weil Mirco Schwipp konsequent anlief, ESV-Schnapper Christoph Wette einen schlecht getimten Rückpass bekam und Dennis Heinrich den zu kurz geschlagenen Ball zum 1:1 verwertete (64.), glichen die Gäste aus.
Nach der ominösen 74. Minute versuchten die Gäste dann alles und drückten dezimierte Eisenbahner vor allem in der 90. Minute in die eigene Hälfte. Nach einem abgewehrten Freistoß und nachfolgenden Ecke war aber Schluss. Speer fand, dass seine Jungs "ganz bestimmt verdient gewonnen" hatten. Linnemann sah es etwas anders, lobte aber auch den starken Gegner: "Dass der ESV Tabellenführer ist, hat man gesehen. Was die für Leute dabei hatten, das ist der Wahnsinn. Aber ich bin mir sicher: Wenn wir alle Spiele so spielen wie dieses, dann wird das unsere letzte Niederlage gewesen sein."
ESV Münster - TuS Ascheberg II 2:1 (1:0)
1:0 Tandik (27.), 1:1 Heinrich (64.),
2:1 Tandik (74.)
Rote Karte: ESV-Spieler Lotfi (74./Tätlichkeit)