Waldschrat schlägt Mamasöhnchen - D-Liga-Kick mit Niveau
Von Andreas Teipel
(07.04.15) Ungewöhnlich für unseren Topspiel-LIVEBLOG erschien die Auswahl der Begegnungen an diesem Osterwochenende. Wer interessiert sich schon für Kreisliga D? Diese Frage begleitet mich, seit Heimspiel erstmals 1996 erschien. Der TuS Hiltrup IV und die SG Dyckburg gaben gestern wieder eindrücklich die Antwort: Der Spaß am Fußball ist keine Frage von Leistung sondern von Gemeinschaft, Spaß und Leidenschaft. Diese Eigenschaften bringen beide Mannschaften definitiv mit.
Nicht umsonst zog das Spiel in unserem Vorentscheid für den LIVEBLOG rund drei Viertel aller Stimmen auf sich. Beide Seiten hatten ihre Leute aktiviert und so den LIVEBLOG nach Hiltrup geholt. Ausgesucht hatten wir diese Partie natürlich nicht von ungefähr. Wenn ich in Hiltrup mit meiner Kamera am Platz erscheine, dann schmeißt sich immer irgendeiner der rund 20 Besucher, die sich rund um die Ersatzbank der Hiltrup formieren, in Pose und provoziert meinen Auslöser-Finger. Spieler Patrick Kleff meinte am Montag faziniert-befremdet: "Hier spielen erwachsene Männer, die fast alle schon Alt-Herren-Spieler sind, und trotzdem stehen jedes Mal fünf oder sechs Elternpaare am Rand." Aber das mache diese Mannschaft halt aus.
Auch die SG Dyckburg weist solche Merkmale auf, auch wenn gestern die Schlachtenbummler aus Münster-West in der Unterzahl waren. Doch wer zu einem Spiel in den Dyckburg-Wald fährt und dort zuschaut, der stellt schnell fest, dass auch hier ein ganz spezieller Geist weht (muss wohl ein Waldgeist sein). Untrüglichstes Zeichen: Das Büdchen ist immer offen, immer steht ein Kaffee bereit und immer schmoren Würstchen auf dem Grill. Dass dieser kleine Klub überhaupt noch existiert ist wohl einzig und allein diesem familiären Flair zuzuschreiben. Aber nicht nur. "Seit Andreas Bieling wieder Trainer hier ist, ist hier alles nochmal mehr zusammengewachsen", beschreibt mir Philipp O'Grady die Atmosphäre als einer, der erst kürzlich zum Verein dazugestoßen ist. Das machst sich auch beim Training bemerkbar, und das spiegelt sich nicht zuletzt auf dem Platz wieder.
Denn das Spiel gestern hatte einen hohen Unterhaltungswert. Ohne Scheiß. Denn während Hiltrup gespickt ist mit alten A-Liga-Cracks, die zum Teil auch schon höher Erfahrungen sammelten, überzeugt Dyckburg von seinen Einzelspielern her genauso wie durch sein mannschaftliches und gut abgestimmtes Auftreten. Das ist kein Rumpelfußball mehr.
Das gilt im Übrigen für eine ganze Reihe von unterklassigsten Amateurfußballern. Inspiriert nicht zuletzt vom Wandel im Fußball auf der Mattscheibe und den Profi-Stadien, spürt man inzwischen längst, dass dies bis nach ganz unten abfärbt. Die Blutgrätsche ist out. Der lange Ball nach vorn Vergangenheit. Taktik und Spielaufbau haben den Libero und Vorstopper längst vergessen. Die Spielkultur auch in der Kreisliga D basiert inzwischen auf einer Viererkette. Vor Jahren wurde nicht zuletzt die SG Dyckburg dafür ausgelacht und abgestraft. Aber so macht Fußball ungleich mehr Spaß - egal in welcher Liga. Danke für den den schönen Nachmittag.