Handorfer Befreiungsschlag
von Christian Lehmann
(28.08.14) Als Handorfs Kapitän Philipp Herstelle, zuvor von Krämpfen geplagt und sich auf dem Zahnfleisch Richtung Abpfiff schleppend, im Halbdunkel den entscheidenden Strafstoß zum 8:7 (2:2/0:1)-Erfolg nach Elfmeterschießen gegen Borussia Münster verwandelt hatte, kannte der Jubel auf Seiten des TSV keine Grenzen mehr. Eine Traube bildete sich um den Torschützen und Keeper Patrick Hardensett, es wurde getanzt und gefeiert. Nein, der TSV Handorf hat nicht etwa den Kreispokal gewonnen, das Team von Nicolas Hendricks zog lediglich in Runde drei ein. Dennoch war der Sieg für den Gastgeber eine besondere Genugtuung.
"Das Spiel war für uns extrem wichtig. Am Ende war der Sieg, auch wenn Borussia fußballerisch besser war, sicher verdient. Wir wollten beweisen, dass wir auch Fußball spielen können", zeigte sich Hendricks angesichts der jüngsten Negativerlebnisse in der Liga überglücklich, gegen eines der Spitzenteams im Kreisoberhaus bestanden zu haben. Die Borussen-Trainer Johnny Jötten und Lasse Rowald waren indes bedient. "Bei den Fehlern, die wir gemacht haben, haben wir's uns selbst zuzuschreiben", meinte Jötten. Auch Rowald haderte: "Wir haben uns unsere Leistung durch zwei Fehler zerstört. Handorf ist verdient weitergekommen."
Tolles Tor von Landas
Nach 45 Minuten hatte es noch nicht danach ausgesehen, dass dies ein dramatischer Pokalabend werden würde. Die Borussen hatten das Spiel weitestgehend diktiert, ohne sich nennenswerte Chancen herauszuspielen. Vor der Pause klappte es aber doch mit dem Torerfolg. Nach einem Eckball klärte TSV-Schnapper Hardensett nicht konsequent genug, der am zweiten Pfosten stehende Kevin Landas nahm das Leder technisch anspruchsvoll volley und nagelte es in die lange Ecke (0:1/44.).
Schon in der Pause vermutete TSV-Coach Hendricks: "Mit unserem Rumpfkader wird das heute gegen Borussia richtig schwer." Er musste zahlreiche Leistungsträger ersetzen, darunter auch Leon Halinde, Benedikt Korte, Daniel Wibbelt, Konstantidis Alexandridis und Tim Austermann. Und in der 48. Minute schien es so, als würde er Recht behalten: Damian Dreimol setzte sich über links gut durch und flankte in die Mitte, dort lenkte Marius Kemper von Samir Betet bedrängt den Ball ins eigene Tor. Im Anschluss hielt Hardensett stark gegen Tim Holtkamp (56.). Alles sprach zu diesem Zeitpunkt dafür, dass Borussia locker die nächste Runde gegen Amelsbüren erreichen würde.
Hermann wird zum tragischen Helden
In Minute 58 wendete sich jedoch das Blatt. Borussias Tim Hermann spielte einen zu kurzen Rückpass. Steffen Mauer nahm diesen auf, legte quer zu Pascal Wenker, der den Ball über die Linie drückte.
Jetzt wurde es ein rassiges Spiel. Der eingewechselte Fabian Ebong legte den Ball an Hardensett vorbei, wurde aber in letzter Sekunde geblockt (66.). Dann spitzelte Stefan Lang einen Freistoß von Mauer aus dem Halbfeld mit langem Bein links ins Tor (2:2/71.).
Entfesselte Handorfer
Ein Treffer, der den nun entfesselnd aufspielenden TSV noch einmal beflügelte. In der 78. sprang Borusse Alexander Hülsmann der Ball im Strafraum an die Hand, der Pfiff blieb aus. Der Ball wurde jedoch nicht geklärt, Halinde zog ab, Max Gabriel im Borussen-Kasten riss die Arme hoch und parierte. Den Nachschuss nagelte Matthias Bunzel an den Pfosten. Wenig später entschärfte Gabriel einen Kopfball von Aleksandar Gerling bärenstark (80.). Eben jener Gerling war übrigens aufgrund der Handorfer Personalnot in den Kader gerutscht, obwohl er wochenlang nicht trainieren konnte. Er machte ein bärenstarkes Spiel.
Die letzte Chance, den Gegner in der regulären Spielzeit auszuknocken, ließ allerdings Ebong liegen, nachdem er klasse den Ball behauptet, dann aber freistehend links vorbeigeschossen hatte (88.).
Zwei dicke Kopfballchancen
In der Verlängerung gab es auf beiden Seiten je eine dicke Kopfballchance. Zunächst rettete Herstelle auf der TSV-Linie nach einem Kopfball von Philipp Kraus (106.), dann scheiterte Handorfs Tim Schlichting am Pfosten des Borussen-Tores (116.). Selbst Referee Martin Brinkmann schien Gefallen an diesem rassigen Kick gefunden zu haben. Der Unparteiische, der bei einigen Aktionen nicht ganz auf der Höhe war, ließ sowohl in der ersten als auch in der zweiten Hälfte der Verlängerung mehrere Minuten nachspielen.
Was die Spieler auf dem Feld jedoch nicht gerade erfreute. Beide Teams gingen nun auf dem Zahnfleisch und plagten sich mit Krämpfen herum. Die meisten waren froh, als der Schlusspfiff ertönte. Das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen.
Nachdem die ersten vier Schützen sicher verwandelt hatten - die Borussen Ebong und Harry Ganeshalingham hatten den Ball wuchtig oben links in den Giebel geknallt, Handorfs Mauer und Nick Schmidt überlegt eingeschoben - und auch Yannick Mikowsky für Borussia zum 5:4 genetzt hatte, traf ausgerechnet Stefan Lang nur die Latte. Da es ihm Kraus aber nachtat, blieb der TSV im Rennen. Als dann Johannes Gehring das Leder in den Nachthimmel gejagt hatte, schlug Herstelles große Stunde...
TSV Handorf - Borussia Münster 8:7 n.E. (2:2/0:1)
0:1 Landas (44.), 0:2 Kemper (50./ET),
1:2 Wenker (58.), 2:2 Lang (71.)
Elfmeterschießen: 2:3 Ebong, 3:3 Mauer,
3:4 Ganeshalingham, 4:4 Schmidt,
4:5 Mikowsky, Lang verschießt,
Kraus verschießt, 5:5 Bunzel,
5:6 Hermann, 6:6 Gerling,
6:7 Betet, 7:7 Schlichting,
Gehring verschießt, 8:7 Herstelle