Gutes Stichwort. Wie war für Sie die Umstellung vom einfachen Bürojob zum bezahlten Vollzeittrainer?
Atalan: Das ist ein Privileg. Vor allem, wenn man bedenkt, was andere tun müssen, um ihre Familie zu versorgen. Das sollte man zu schätzen wissen, egal ob als Trainer oder als Spieler in der Dritten Liga. Man steht morgens auf und geht seinem Hobby nach. Das ist ein schönes Gefühl. Aber es ist nicht so, wie es viele von außen sehen. Es ist auch eine brutale Drucksituation. Im Job kannst du mal eine schlechte Woche haben, danach ist aber wieder alles gut. Im Fußball kannst du die Woche richtig gut trainieren, dir den besten Plan ausdenken. Am Samstag kassierst du nach fünf Minuten eine Rote Karte samt Elfmeter, verlierst das Spiel und alles war schlecht. Das gibt es auch, das darf man nicht vergessen. Aber nichtsdestotrotz, es ist eine Arbeit, die mir sehr viel Spaß macht.
Was wäre denn passiert, wenn der Saisonbeginn nicht so gut gelaufen wäre?
Atalan: Das kann sehr schnell gehen und du musst dir einen neuen Job suchen im schlimmsten Fall. All das, was du in der Vergangenheit geleistet hast, ist vorbei. Nur das Hier und Jetzt zählt.
In Lotte sollen jetzt die Grundlagen geschaffen werden, um mittel- und langfristig auf diesem Niveau Fußball zu spielen. Welche Ziele haben Sie für sich persönlich?
Atalan: Im Fußball habe ich gelernt, dass du dir keine langfristigen Ziele setzen kannst. Du musst zusehen, dass du die nächsten Wochen vernünftig arbeitest. Klar will man so hoch wie möglich kommen und das Maximale erreichen. Ich sage nicht, ich muss in den nächsten zwei Jahren in die Bundesliga oder so. Mit so etwas mache ich mir keinen Druck. Ich möchte gute Arbeit leisten. Der Dalai Lama hat mal einen schönen Satz gesagt: „Das Wichtigste im Leben ist der Augenblick.“
Blicken wir dennoch zurück auf Ihre Münsteraner Zeit. Haben sie noch Kontakt zu Ihren früheren Weggefährten?
Atalan: Natürlich nicht mit allen. Aber mit Roland Böckmann pflege ich beispielsweise seit meiner Zeit in Gievenbeck ein freundschaftliches Verhältnis. Und auch mit „Lüde“ Wielers spreche ich regelmäßig. Man trifft sich gerne, wenn es die Zeit zulässt. In Davensberg habe ich letzten Sommer etwas mitgespielt, aber das geht jetzt nicht mehr. Ich verfolge die Mannschaften allerdings nicht so extrem, aber der Kontakt zu manchen Leuten ist noch da, klar. Man darf nie vergessen, wo man herkommt. Das ist das Wichtigste.
Spielt da auch die Talentsichtung eine Rolle?
Atalan: Nein, man muss realistisch sein. Aus den unteren Ligen ist der Sprung zu groß. Man beobachtet wohl die Jugend, falls mal irgendwo ein Ausreißer dabei ist. Dann holt man sich Informationen ein und unterhält sich. Die Ohren sind offen.
Eine hypothetische Frage: Zwischen der Teilnahme am Endspiel in Berlin und einem sicheren Klassenverbleib, was würden Sie wählen?
Atalan: Ganz klar den Klassenerhalt. Das ist unser tägliches Brot, dafür arbeiten wir Woche für Woche. Aber wenn es geht, nehme ich natürlich beides (lacht).
Ihr Tipp gegen Borussia?
Atalan: Das kann ich nicht sagen. Wichtiger ist mir, dass die Leute wieder denken: „Wow, die spielen wirklich guten Fußball.“