Everwinkel bietet in Telgte große Show

Von Andreas Teipel

(25.03.18) Schon nach 27 Minuten war man geneigt, sein Ränzlein zu packen und die Sportanlage der SG Telgte wieder zu verlassen. Der Gastgeber führte mit 4:0, die Abwehr des SC Everswinkel wirkte desolat. Reine Zeitverschwendung hier noch ... aber Halt! Nicht zu früh abdrehen. Der Gegner ist schließlich der SC Everswinkel, und den sollte man niemals abschreiben. Beinahe wäre Telgte in genau dieselbe Falle getappt. Am Ende fühlte sich der 5:4 (4:2)-Sieg für Telgtes Trainer Mario Zohlen tatsächlich wie eine Niederlage an: "Das Spiel war eigentlich längst gewonnen. Fünf Minuten länger, und wir hätten verloren."

Damit lag er wohl ganz nah an der Wahrheit. Denn es trafen hier zwei Komponenten aufeinander, die mit einem locker leicht eingespielten Sieg des Favoriten nicht zusammenpassen: Telgtes Neigung, das Spiel zu früh für gewonnen zu erklären (siehe das 2:2 gegen Westkirchen nach 2:0-Führung) und Everswinkels geniale Leichtigkeit, sobald der Kopf erst einmal ausgeschaltet ist. Und die Mannschaft von SC-Trainer Peter Knein war in diesen 90 Minuten bereits zweimal am Ende - scheinbar.

Spaziergang eröffnet Teil 1 der Show

Dabei waren gerade die beiden ersten Gegentore für Everswinkel kaum zu glauben. Nach vier Minuten spazierte Telgtes Linksverteidiger Lukas Kleinherne mit dem Ball am Fuß völlig ungestört quer über den Platz und schloss mit einem platzierten Schuss aus 18 Metern zur Führung ab. Alle hatten wohl ein Zuspiel auf Stürmer Maffenbeier oder Hennig Sieger erwartet. Bei 2:0 war die SC-Deckung ebenfalls nicht willens, die Entstehung zu verhindern. Einwurf, Flanke von außen, Torwart Christoph Berse unterläuft den Ball im eigenen Fünfter und Oliver Brassler hält die Hacke hin statt den Ball einfach von selbst aus der Gefahrenzone trudeln zu lassen. Der Ball landet am Elfmeterpunkt bei Vitali Neumann. Zack, 2:0.

So ging es weiter: 3:0 in der 25. Minute, 4:0 in der 27. Minute, Drops gelutscht, Spiel entschieden lockeres Auslaufen inklusive. Was machen da schon die beiden Gegentor vor der Pause durch Marian Brügger und Enver Rama noch vor der Pause. Zumal nach dem Seitenwechsel das 5:2 die nächste Beruhigungspille war. Doch im Fußball kann es so schnell gehen. Telgte verlor den Faden, Everswinkel den Respekt und mit einem Mal verlagerte sich das Spiel in die Hälfte der Telgter. "Wir haben total die Spannung verloren und es gab keine Kommunikation mehr auf dem Platz", wirkte Zohlen nach dem Spiel einigermaßen entsetzt. 

Kopf aus, Leidenschaft an

So traf erneut Brügger nach 70 Minuten zum 3:5, nachdem er sich auf der linken Seite durchgesetzt hatte. Everswinkel drückte nun und Telgte bekam kaum noch Luft. Allenfalls Niels Möllers schlitzohrte sich fünf Minuten vor dem Ende einmal durch, hatte die endgültige Entscheidung auf der Pike. Doch Berse blieb Sieg im Eins-gegen-eins. Everswinkel lebte noch. Und traf tatsächlich noch einmal. Allerdings kam das 4:5 durch Lukas Masannek nach einer Ecke dann doch zu spät. Direkt danach pfiff der gute Schiedsrichter Mario Nienhaus aus Herbern ab. "Tja", gab Knein am Ende noch seinen Kommentar zu Protokoll, "wenn wir den Kopf ausschalten, können wir weit über unsere konditionellen Fähigkeiten hinausgehen. So haben wir zumindest die zweite Halbzeit gewonnen."

Video-Interview: Im Anschluss erklärte uns Everswinkels Routinier Hendrik Kindermann die Wendung im Spiel aus seiner Sicht. Wie ein Profi antwortet er auch im zweiten Anlauf, nachdem beim ersten Versuch das Handy plötzlich anfing zu läuten. Grober Schnitzer des Interviewers, dessen Zukunft bei Heimspiel-online dadurch auch nur noch an einem seidenen Faden hängt. Hoffentlich verkackt er die Fragen wenigstens nicht auch noch ;)