Camara und die Milka-Kühe

Von Stefan Bamberg

(24.04.17) Der ältere Herr im Publikum wollte nur ein bisschen an die frische Luft, lässt er seinen Kumpel wissen. Und die ist richtig frisch, durch die Schöneflieth pfeift der Wind gar eisig. Doch für Nullneun gegen Wacker kann man ruhig mal vor die Tür gehen. Hat Spaß gemacht, das ist das Fazit des zuschauenden Fußballfreundes - auch wenn der Spaß rein ergebnistechnisch ein bisschen auf Wackers Kosten gegangen ist. 4:1 (3:1) für den SC 09 endete das Duell, zu dessen Unterhaltungswert aber beide Mannschaften durchaus etwas beizutragen hatten. 

"Ich denke, Greven hat verdient gewonnen", meint auch Wacker-Coach Alex Hülsmann. "Aber wir waren sicher nicht hoffnungslos unterlegen." Das stimmt! Beide Mannschaften spielen, wie man eben so spielen kann, wenn's um fast nix mehr geht: eine fußballerische Lustreise mit Torchancen hier wie da. Aber teilweise halt auch mit kreativen Defensiv-Aktionen: Pierre Ruch bringt die Hausherren schon nach vier Minuten in Front, doch Mecklenbeck gleicht aus: Eine Viertelstunde auf dem Tacho, Gabriel Gonzalez schießt so elegant wie er heißt - direkter Freistoß, leicht abgefälscht, 1:1. "Ich glaube, das ist das zehnte abgefälschte Freistoß-Gegentor in dieser Saison", packt SCG-Trainer Dennis Lammers eine Statistik aus, die er sicher für viel Geld an Sky verhökern könnte. 

Doch zurück auf den Platz: Lammers' Elf dreht das Spiel fortan zu ihren Gunsten - auch, weil sie einmal mehr den überragenden Einzelkönner in ihren Reihen hat. Aly Camara, seit Wochen in bestechender Verfassung, zieht in der 43. an, keiner kann ihn aufhalten, Murmel ist drin, 2:1 - und die lilanen Wacker-Abwehrleute stehen mal kurz da wie die Milka-Kühe auf der Wiese. 120 Sekunden später ist Camara dann schon wieder unterwegs - und wieder erfolgreich, super Nummer! Gegen Camara haben ja schon mehrere Verteidiger ausgesehen wie ausrangierte Lastwagen, diesmal hat die Wacker-Abwehr das Vergnügen gegen den kleinen Sausewind - doch gegen diesen fantastischen Typen mal ein Laufduell zu verlieren, ist nun wahrlich keine Schande. Einfach genial. 

Die zweite Hälfte birgt auch noch den einen oder anderen Hingucker, obschon das Match nie ernsthaft auf der Kippe steht: Fabian Kurney fackelt einen berechtigten Foulelfmeter zum 4:1 in den DJK-Kasten (57.), dicke Möglichkeiten gibt es aber weiter auf beiden Seiten zu sehen. Ärgerlich aus Nullneun-Sicht ist das Finale dieser sonst so netten Partie: Bastian Ascheberg hakelt nach einem Mittelfeld-Duell nach - keine brutale, aber eine blöde Aktion. Und wenn man dann noch einen jungen, motivierten Schiri hat, gibt's für sowas halt eisekalt Rot - das ist völlig regelkonform und natürlich vertretbar. "Trotzdem hätte ich mir ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl gewünscht", sagt Lammers. Und hat damit irgendwie auch einen Punkt. 

SC Greven 09 II - DJK Wacker Mecklenbeck II     4:1 (3:1)
1:0 Ruch (4.), 1:1 Gonzalez (16.),
2:1 Camara (43.), 3:1 Camara (45.),
4:1 Kurney (58./FE)
Rot: Ascheberg (Greven 09, Nachtreten, 89.)