Kreisliga-Flair in der Veltins-Arena

von Jakob Hehn

(14.11.22) Irgendwie skurril: Ich bin auf dem Weg zum Highlight-Spiel der dritten Mannschaft von Wacker Mecklenbeck in der Veltins-Arena, als mir am Hauptbahnhof Gelsenkirchen schon Anhänger von Wacker und Gegner TSV Handorf entgegenkommen. In der Bahn zum Stadion sehe ich dann auch viele Trikots und Schaals von Wacker und des TSV und die Fans die auch schon vorglühen. Wäre der Wagon noch voller gewesen hätte ich gedacht, ich fahre zu einem Bundesligaspiel. An der Arena angekommen wirkt alles sehr professionell. Die Taschen werden kontrolliert und schon im Stadioninnenraum hört man den Stadionsprecher, der die Fans auf das Spiel einstimmt. Auch die Bier- und Wurstpreise ähneln denen eines Spiels der Bundesliga. Nur eines war offensichtlich anders als noch am Tag zuvor: Diesmal waren es nicht die Bayern, die auf Schalke gastierten, sondern zwei Mannschaften aus dem Münsterland. Seit anderthalb Wochen war klar, dass die Mecklenbecker ein Heimspiel auf Schalke austragen dürfen. "Es war einfach ein aufregender Tag. Von Stunde zu Stunde wurde die Nervosität immer größer", verriet mir Mecklenbecks Trainer Daniel Fröndhoff im Anschluss.

Wackers Dritte hatte alles unternommen, um dieses Heimspiel auf Bundesliga-Rasen zu gewinnen. Dabei wurden etliche Aktionen durchgeführt, um Stimmen zu ergattern. "Vor knapp vier Wochen war schon klar, dass Wacker in der Auslosung vorne mit dabei ist. Dann haben wir natürlich auch viel Werbung gemacht", sagt Stefan Beckmann, Trainer des TSV Handorf. Vorher stand schon fest, dass das Spiel in Gelsenkirchen am 13. November stattfindet. Genau an dem Tag, an dem Handorf bei Wacker Mecklenbeck spielen sollte.

Und wie lief jetzt der Tag der beiden Teams ab? "Wir haben in Mecklenbeck zusammen gefrühstückt und sind dann vom Schalke-Bus abgeholt worden. Der Einstieg in den Bus war völlig surreal", erzählte Fröndhoff. Auch für die Handorfer ging's früh los: mit dem Anschwitzen auf dem eigenen Trainingsgelände um 10 Uhr. Wie richtige Profis halt. "Sowas kommt nur einmal im Leben. Dann wollten wir auch zu 100 Prozent mitziehen", so Beckmann. Der TSV wurde auch mit einem Bus nach Gelsenkirchen gefahren.

Im Stadion bekamen beide Mannschaften und ich dann eine für Kreisliga-Verhältnisse beeindruckende Kulisse zu sehen: Knapp 1200 Leute hat es in die Veltins-Arena verschlagen. Die Stimmung ist überragend. Beide Fanlager haben Trommeln, Fahnen und laute Fangesänge mitgebracht. Ich fühle mich schon fast schlecht nicht mitsingen zu können. "Ja, was soll ich sagen? Der Weg durch den Tunnel auf den Rasen war einfach geil - und dann auch noch die jubelnden Fans... Wahnsinn!", staunt Fröndhoff. Ich persönlich bin im Block der Wacker-Fans gelandet und sehe kurz vor Spielbeginn viele lila-weiße Fähnchen vor meinen Augen. Auch über Linienrichter und einen vierten Offiziellen durften sich die Spieler freuen - nur der VAR fehlte an diesem Tag noch. Beide Fanlager machen auch während des Spiels ordentlich Stimmung und unterstützen ihre Mannschaft. Mitte der zweiten Hälfte sehe ich sogar auf einmal einen Mecklenbeck-Fan oberkörperfrei und mit Sturmmaske über dem Gesicht die Menge zum Singen anregt. Es hat Hooligan-Flair im harmlosen Sinne. Pyrotechnik und Randale bleibt nämlich aus. Das Spiel an sich passt sich dem Rahmen allerdings nicht an und endet 0:0. 

Nach Abpfiff geht es für beide Mannschaften zur "Players-Party" in der VIP-Bereich der Schalke-Arena, um noch auf ein Bier gemeinsam anzustoßen. In wenigen Fällen wurden bestimmt auch zwei getrunken. Dabei feiern die Mecklenbecker und die Handorfer gemeinsam. Für Wacker ist der Abend aber noch nicht zu Ende. "Für uns geht's später dann noch in die Wackerena", verrät Wacker-Spieler Jan Walczak. Fröndhoff ergänzt noch: "Da ist dann aber auch Open-End." Für mich geht's jetzt mit dem Zug nach Hause und an den Schreibtisch. Da bin ich schon ein wenig neidisch auf die Jungs, die erst in der VIP-Lounge feiern dürfen, mit dem Bus nach Hause fahren und den Abend in der Wackerena ausklingen lassen.