Querpass
"Ein Aufschrei geht durch ganz Münster"
Von Mario Witthake
(23.06.17) Zwischen Concordia Albachten und den juristischen Instanzen des hiesigen Fußballverbandes ist eine unsägliche Posse im Gange. Auslöser ist nach wie vor die Frage: Wer trägt die Verantwortung dafür, dass der Concorde Felix Bischofs im Hinspiel der Aufstiegsrelegation bei Adler Buldern laut dfb.net nicht spielberechtigt war, obwohl er, wie inzwischen alle Beteiligten wissen, hätte spielen dürfen? Albachten vertraute dem System und trat am 5. Juni - ohnehin arg ersatzgeschwächt - ohne den fitten Bischofs an. Münsters A2-Meister verlor mit 0:1 und verpasste nach dem 2:1-Sieg im Rückspiel gemäß Europapokal-Arithmetik den Klassensprung.
Jürgen Bergs ist der 1. Vorsitzende Concordia Albachtens und erlebt an diesem Freitag seinen 53. Geburtstag. Zum Feiern ist ihm nicht zumute. Am Tag zuvor hätte er die Brocken nämlich am liebsten hingeschmissen. Nachdem die Bezirksspruchkammer Nord (BSK I) Albachtens ersten Einspruch gegen die Spielwertung nicht stattgegeben hatte (laut BSK-Begründung ist nur der Verein verantwortlich für den Einsatz seiner Spieler), wurde nun auch die Berufung der Concorden abgeschmettert - wegen eines Formfehlers.
Unabhängiger Jurist: "Abenteuerlich"
Dieser Formfehler ist geht so: Albachten verschickte alle Schreiben, also auch die ausführliche Begründung zum Berufungsverfahren, sowohl an die BSK als auch an die VSK (= Verbandsspruchkammer). Weil die höhere Instanz in der Adresszeile an erster Stelle gestanden habe und nicht die zuständige BSK, wird "die Berufung des SV Concordia Albachten wegen nicht formgerechtem Zugang als unzulässig verworfen", heißt es in dem Urteil. Ein unabhängiger Jurist, der mit Verfahren im Sportrecht vertraut ist, bezeichnete die Haltung der BSK unserem Portal gegenüber als "abenteuerlich".
Dieses für Albachten niederschmetternde Urteil ohne weitere Rechtsbelehrung hat der BSK-Vorsitzende Ludger Rüschenschmidt unterschrieben. Der Funktionär des TuS Ascheberg hat Albachten in der Nacht zu Dienstag, etwa eine Stunde nach Verstreichung der Berufungsfrist, auf den Formfehler aufmerksam gemacht und hielt gegenüber Heimspiel-online an der Berechtigung der Urteilssprechung ohne Eingang auf den eigentlichen Sachverhalt fest: "Mehr gibt es dazu nichts zu sagen", sagte der Diplom-Verwaltungsfachwirt, der für die - Achtung - Deutsche Post tätig ist.
Viele Fragen unbeantwortet
Unbeantwortet bleibt also auch die Frage, ob Rüschenschmidt der Partei Albachten vor Fristverstreichung nicht informieren konnte oder nicht wollte. Hat er als Ehrenamtler eine Informationspflicht gegenüber den Ehrenamtlern aus Albachten? Dass der VSK-Vorsitzende Georg Schierholz am Donnerstag mitteilte, dass "die Akte" noch bei der VSK liege und er inhaltlich nicht im Bilde sei, vermittelt den Eindruck, den nicht nur die Verantwortlichen Concordia Albachtens haben: Dass die Instanzen Hand in Hand versuchen, der Aufklärung aus dem Weg zu gehen und sich hinter diesem Formfehler verstecken.
"Ein Aufschrei geht durch ganz Münster", sagt ein fassungsloser Jürgen Bergs.
Erinnerungen an Nullacht und André Otto
In der gebotenen Eile wird sich Albachten überlegen müssen, ob der Verein eine vermutlich aussichtslose Beschwerde beim Präsidium einlegen will (sportjuristisch ist der Weg zu Ende) oder sogar alle Register zieht. Der Fall weckt nämlich zwangsläufig Erinnerungen an den Rechtsstreit des SC Münster 08 aus der Saison 2006/07. Seinerzeit stieg Nullacht sportlich in die Landesliga auf, die Meisterschaft bekam der Klub aber am Grünen Tisch aufgrund eines Punktabzuges wegen einer fehlenden Spielberechtigung für den Spieler André Otto aberkannt. Rechtsanwalt Wolfgang Mehnert klagte in seiner Eigenschaft als 2. Vorsitzender bei Nullacht gegen das Urteil – und bekam Monate danach vor einem Zivilgericht Recht.
Vor diesem Hintergrund ist es nahezu ausgeschlossen, dass Concordia Albachten auf dem Rechtsweg doch noch das Mandat für die Bezirksliga erhält. Aber was ist schon ausgeschlossen?