Quer
Arnsberg-Szenario auch in Münster denkbar?
von Christian Lehmann
(08.11.17) Mit einer drakonischen Maßnahme hat der Fußballkreis Arnsberg auf mehrere Attacken gegen seine Schiedsrichter reagiert und alle Meisterschaftsspiele bis zum 12. November abgesetzt - Jugend- und Frauenspiele ausgenommen. Die Ankündigung auf der Homepage des Kreises hat medial deutschlandweite Aufmerksamkeit erregt.
Auch in unserem Fußballkreis hatte es in der Vergangenheit immer wieder Einzelfälle extremer Gewalteskalation gegeben, so zum Beispiel in einem Kreisliga B-Spiel in Kinderhaus in der Vorsaison. Fast genau ein Jahr später beschäftigt sich die Kreisspruchkammer unter dem Vorsitz von Manfred Mönig nun unter anderem mit der Aufklärung der jüngsten Vorkommnisse in Schapdetten, bei denen unter anderem ein Schiedsrichter attackiert wurde. Anfang Oktober war zudem die C1-Partie zwischen dem SC Türkiyem und dem SC Nienberge II nach einer Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter abgebrochen worden. Die Anzahl der Sportgerichts-Verfahren, derzeit sind es 14, ist im Vergleich zur Vorsaison erheblich gestiegen. Auch in der Peripherie des Fußballkreises gab es an diesem Wochenende Zwischenfälle beim Bezirksliga 8-Derby zwischen Union Lüdinghausen und dem FC Nordkirchen. In einem Frauen-Bezirksligaspiel in Hamm soll ein Schiedsrichter zudem einen Trainer beleidigt haben.
Reisener: "Das ist immer die Ultima Ratio"
In den Kreisligen scheint sich die Situation allerdings ein wenig zu beruhigen. Bereits vor knapp einem Monat hatte sich Münsters Kreisvorsitzender Norbert Reisener mit einem Brandbrief öffentlich zu den besorgniserregenden Tendenzen der vergangenen Monate geäußert und damit viel Aufmerksamkeit erzielt. 20.000 Aufrufe - noch kein Facebook-Beitrag habe derart viele Personen erreicht, so der Fußballkreis. Die Ansage scheint bei den Vereinen gewirkt zu haben. "Wir spüren eine Verbesserung, werden aber zunächst die weitere Entwicklung bis zum Ende der Hinserie abwarten", sagt Reisener. Ein ähnliches Szenario wie im Kreis Arnsberg sei nicht zu erwarten, glaubt der Kreisvorsitzende: "Das ist immer die Ultima Ratio. Wir haben es für sinnvoll gehalten, vor der Roten erst einmal die Gelbe Karte zu zeigen. Eine Generalabsage ist die allerletzte Maßnahme, die man ergreifen kann."
Auch im Kreisfußball-Ausschuss ist man sich diesbezüglich einig: "Ich bin kein Freund von kollektiven Bestrafungen", sagt der stellvertretende Vorsitzende Norbert Krevert. "95 Prozent unserer Vereine sind nicht auffällig." Mit den anderen wolle man nun den offenen Dialog suchen. "Wir sind gefordert, Hand in Hand dafür zu sorgen, dass die Probleme gelöst werden. Vielleicht benötigen einige Vereine ja auch Hilfestellung, etwa bei der Regelkunde", so Krevert. Konkrete Namen nannte er nicht, doch allein der Blick auf die Fairplay-Tabellen zeigt, dass sich Besuche bei Teutonia Coerde, beim neu gegründeten Club Birati, beim IKSV, beim FC Mecklenbeck oder beim Centro Español Hiltrup lohnen könnten.
"Lange können wir da nicht mehr hingucken"
Auch Philipp Hagemann, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses, betrachtet die Entwicklung mit Sorge. "Lange können wir da nicht mehr hingucken", sagt er. Dass es für den jüngsten Anwärterlehrgang diesmal nur 13 Anmeldungen gab, führt er auch auf die jüngsten Angriffe auf Schiedsrichter und die Presse-Berichterstattung darüber zurück. Einen "Fall Arnsberg" im Kreis Münster will er nicht komplett ausschließen. "Die Grenze wäre erreicht, wenn zum Beispiel einer unserer jungen Kollegen angegangen würde. Dann würde ich die Reißleine ziehen."
Mit seinen Mitstreitern Reisener und Krevert liegt Hagemann dennoch voll auf einer Wellenlänge: "Die Absage eines kompletten Spieltages trifft immer die Falschen. Wir setzen da auf Prävention. Wie man es richtig und zielführend macht, hat das Beispiel FC Münster 05 gezeigt." Nach einer Tätlichkeit im Rücken des Schiedsrichters bei der Partie gegen die SG Telgte hatten Verein und Spieler sich entschuldigt und aktive Aufklärungsarbeit geleistet. Hagemann: "Das fand ich großartig!"