Norbert Reisener -
der Wertschätzissimus

Von Andreas Teipel

(15.03.19) Wenn er seine zarte Reibeisenstimme erhob, seine Zettel zurechtstauchte, auf der die nächste Rede bis aufs Komma und auf den letzten Gedankenstrich notiert war, dann mag der ein oder andere innerlich mit den Augen gerollt haben: Jetzt legt er wieder los, der Norbert. Doch wer nicht trotzdem hinhörte, der machte einen gewaltigen Fehler. Denn seine für ihn typischen, bisweilen voller Lob und Anerkennung triefenden Reden mochten vielleicht penibel vorbereitet sein, doch sie spiegelten auch in höchster Dosis das Herz und die Seele eines Mannes wider, der sein Amt als Vorsitzender des Fußballkreises Münster mit Stolz, Freude und großem Verantwortungsbewusstsein ausübte und interpretierte.

Für ihn war vom ersten Tag an höchstes Gebot, seinen Abgang zu planen. Und zwar so, dass seine Nachfolger optimale Voraussetzungen vorfinden würden, um die Arbeit für den Fußball (und auch die Leichtathletik) weiterzuführen. Die Werte, die er dabei mit übergab: Respekt, Anerkennung und höchste Wertschätzung für jeden noch so kleinen Beitrag, der der Sache diente. 

Ich habe Norbert Reisener, der damals auch noch Abteilungsleiter der Fußballer im TuS Hiltrup war, bei einer Pressekonferenz erlebt, bei der Hiltrup die Verlängerung eines wichtigen Sponsors bekannt gab. Alles lief reibungslos, unaufgeregt. So wie man es halt erwartet. Als aber alles vorüber, die Gäste verschwunden und der Abend eigentlich gelaufen war, da rief er noch einmal alle zusammen, die an diesem Abend mitgewirkt hatten. Ohje, wieder ne Rede. Aber seine Worte erreichten all jene, die er ansprechen wollte. Er nannte die PK einen vollen Erfolg, an dem jeder einzelne im Raum - es waren rund 20 Leute - mitgewirkt habe. Er lobte den Einsatz, den Teamgeisttund vermittelte jedem das Gefühl, gesehen zu werden. Er danke jedem für seinen Teil, den er beigetragen hatte. Von Koch und Kellner war da keine Spur. Da herrschte eine Atmosphäre der Dankbarkeit und Anerkennung, dass jeder danach mit einem Gefühl der Befriedigung und Teilhabe nach Hause gehen konnte.

Ja, so war er, der gute Norbert Reisener. Und in diesem Sinne hat er den Kreis geführt. Wer sich ehrenamtlich engagiert, der hat auch ein Recht, gewürdigt zu werden. Wer aber glaubt, Reisener sei nur der nette "Grußonkel" gewesen, der irrte schon wieder. Wenn es gegen die Interessen des Fußballkreises ging, dann wurde er resolut. Als beispielsweise der Verband die Kreise neu strukturieren wollte, um ihre Grenzen auf die von politischen Kreisen anzupassen, war es Reisener, der maßgeblich daran mitwirkte, dass dieses Vorhaben scheiterte. Warum? Es hätte bedeutet, dass der Kreis Münster/Warendorf auseinandergerissen worden wäre. Münster wäre als ein kleiner Kreis in der Versenkung verschwunden, Warendorf zusammen mit Beckum auch nicht viel kraftvoller geworden. Es braucht aber einen starken Kreis, um auch Gehör für die Belange der Jugendarbeit zu gewinnen; es braucht viele Mitglieder, damit man möglichst qualifizierte Mitarbeiter findet. Letztlich bedeutet Größe auch Einfluss nach außen. Dessen war sich Reisener bewusst.

Seine Aufgabe war es, die Interessen derjenigen zu vertreten, die ihn gewählt haben. Und das ist ihm gelungen. Stets freundlich, voller Humor und mit dem Weitblick für kommende Aufgaben - und natürlich seinen unnachahmlichen Reden, die er stets unter den Augen seines Wunsch-Nachfolgers hielt, den er an seiner Seite quasi in die Lehre nahm. Vielleicht ist das sogar Reiseners größter Verdienst. Denn in seiner 14-jährigen Amtszeit ist nicht nur der Fußballkreis gewachsen. Auch sein Nachfolger Norbert Krevert hat sich in seinem Windschatten enorm gemacht, übte viele Funktionen im Kreis aus, war stets engagiert und hilfsbereit. Er hat zugehört, gelernt, hat den Kreis digitalisiert und ist zu einem würdigen Nachfolger herangewachsen. Dabei ging es Reisener nicht darum, dass irgendwann jemand in seiner Fußstapfen tritt. Ihm ging es darum, das sein Nachfolger seine eigenen Spuren hinterlässt. Die Professionalität, in der mittlerweile die Kreisfußballkonferenz und auch dieser Kreistag organisiert sind, zeigen längst Kreverts Handschrift. Und Reisener kann sicher sein, dass sein zartes Stimmchen zwar verhallt, seine Arbeit aber fortgesetzt wird. Ein Abgang wie er im Buche steht - oder auf den Zetteln einer perfekten Rede.