"Wir kriegen das schon hin"

Von Christian Lehmann

(19.03.20) Ratssaal, Gericht, Fußballplatz - in allen Bereichen, in denen Philipp Hagemann für gewöhnlich tagein, tagaus zu tun hat, herrscht momentan Stillstand. Der stellvertretende Kreisvorsitzende und Schiedsrichter-Obmann erklärt uns im Interview unter anderem, welche Fragen die Unparteiischen derzeit beschäftigen, welche Vorkehrungen der Fußballkreis trifft und wie es bei einer möglichen Wiederaufnahme des Spielbetriebs weitergehen könnte. 

Hallo Philipp! Wie erlebst Du die derzeitige Situation gerade ganz persönlich?
Hagemann: Ach, wir erleben das ja nicht ganz so empfindlich wie die zum Beispiel die Gastronomie oder die Hotelbranche. Die Gerichte haben natürlich bis auf Weiteres alles abgesagt und den Kontakt der Menschen auf das Allernötigste reduziert. Auf politischer Ebene fallen alle Ausschuss- und Franktionssitzungen bis zum Ende der Osterferien komplett aus. Entscheidungen, die unbedingt getroffen werden müssen, werden als Dringlichkeits-Entscheidungen vom Oberbürgermeister und Vorsitzenden der größten Oppositionspartei getroffen. Da steht alles komplett still. Als stellvertretender Kreisvorsitzender stand ich in den vergangenen Tagen häufig mit unserem Kreisvorsitzenden Norbert Krevert in telefonischem Kontakt. Wir halten uns weiterhin streng an die Vorgaben des Verbands und warten ab, wie es weitergeht. Wir müssen aus der Situation einfach das Beste machen. 

Welche Fragen beschäftigen die Schiedsrichter im Kreis Münster derzeit besonders? Wie läuft der Austausch?
Hagemann: Schon vor der Spielpause kamen viele Fragen, wir haben auch einige Anweisungen an die Schiedsrichter noch einmal hervorgehoben - als Beispiel nenne ich mal den Verzicht auf Handshakes. Wir versuchen weiterhin, relativ engmaschig zu informieren, zuletzt ist es aber auch in den WhatsApp-Gruppen etwas ruhiger geworden. Die Leute wissen, dass jetzt erstmal Pause ist und üben sich in Geduld. Die Spielpause ist das eine, die Lehrabende und Verbands- und Kreisprüfungen wurde aber natürlich auch komplett eingedampft. Auch hier richten wir uns danach, was von oben kommt. Was in der Praxis wichtig ist: Wie sieht es mit den Spielklassen-Qualifikationen aus? Der Verband hat schon entschieden, dass alle Bestands-Schiedsrichter, die nicht in einem Aufstiegsteam sind, ihre Qualifikation ohne Prüfung im nächsten Jahr behalten. Wir haben uns an diesem Modell orientiert und unsere Kreisliga-Schiedsrichter darüber informiert, dass wir in diesem Jahr auf eine Prüfung verzichten - weil es gar keine Möglichkeit gibt, sich darauf vorzubereiten.

Gibt es online Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung oder Vorgaben für die Schiedsrichter?
Hagemann: Nö. Wir haben alle angewiesen, dass sie sich möglichst fit halten sollen. Ich persönlich hasse joggen, aber mein Fitnesstudio hat zu und ich war gestern auch los. Ich bin mit Philipp Roedig um den Aasee gejoggt - heute habe ich ganz schön Muskelkater. Wir hatten überlegt, in kleinen Gruppen zu laufen, aber das ist inzwischen ja auch untersagt. Für einige unserer Schiedsrichter ist die Pause gar nicht so schlecht. Vanessa Arlt zum Beispiel ist gerade auf Schalke in der Reha und macht ihr Knie wieder fit.

Wenn der Spielbetrieb hoffentlich irgendwann fortgesetzt wird und sich hinten raus die Spiele der Senioren und der Jugend knubbeln, wie sieht es dann mit Ansetzungen aus? Können dann die vielen Partien unter der Woche überhaupt vernünftig besetzt werden?
Hagemann: Wir kriegen das schon hin, es wird für alles eine Lösung geben. In der Woche ist es eigentlich gar nicht so schwierig, Spiele zu besetzen, weil es viele Schiris gibt, die gerne unter der Woche aktiv sind und eher am Wochenende keine Zeit haben. Wenn es zu eng werden sollte, müssen wir schauen, ob wir vielleicht die eine oder andere Klasse nicht besetzen. Ich glaube aber, dass es wie bei den Spielern so ist, dass irgendwann alle wieder richtig heiß sind. Mir fällt nach zwei Wochenenden ohne Fußball schon die Decke auf den Kopf. Ich kann mir gut vorstellen, dass jeder auch zwei oder drei Spiele in der Woche pfeifen würde, wenn es denn weitergeht. 

Gibt es Überlegungen, Sitzungen und Konferenzen auf anderem Wege abzuhalten?
Hagemann: Wir haben dazu gerade eine E-Mail von Norbert Krevert erhalten. Ich glaube, auch die ständige Konferenz der Kreisvorsitzenden soll über eine Videoschaltung abgehalten werden. Am Monatsende soll es auch eine Testrunde für den Kreis-Fußballausschuss geben. Wir versuchen das mal zu starten, da sind wir der Politik sogar einen Schritt voraus.

Zum Abschluss noch eine juristische Frage für die als Fachanwalt für Arbeitsrecht, die uns jemand im Zuge der Corona-Pause gestellt hat. Im Amateurfußball werden an Trainer und Spieler häufig Aufwandsentschädigungen gezahlt. Kann man auf diese bestehen, auch wenn der Spielbetrieb außerplanmäßig ruht?
Hagemann: Ich glaube schon, dass man darauf pochen kann, genau wie man bei jedem Arbeitsvertrag auch auf Erfüllung beziehungsweise Zahlung des Arbeitslohns bestehen kann. Da wird jeder Vertrag anders sein. Vielleicht kann man das durch Urlaub oder Abbau von Stunden regeln. Ob für Trainer und Spieler im Amateurfußball Kurzarbeit denkbar ist? Ich weiß nicht. Wenn es einen Vertrag gibt, der eine fortlaufende Gehaltszahlung vorsieht, würde ich aber schon sagen, dass man darauf bestehen kann.