Wahnsinn an der Grevingstraße
Von Mario Witthake und Svenja Kleditzsch
(08.06.15) Sechsmal Jahrgang 1995, je dreimal 1996 und 1994, dazu je einmal 1992 und 1989. Die 14 Spieler der erweiterten A-Jugend von Borussia Münster genossen vor, während und nach der Partie gegen den Tabellenführer SC Greven 09 einen Reifeprozess der besonderen Art. Am Ende sprang ein 1:1 heraus, das uns allen ein nicht mehr für möglich gehaltenes Meisterschaftsfinale beschert. Am Sonntag hielt der Wahnsinn Einzug an der Grevingstraße.
Abgesehen von Torhüter Maxi Jonitz und Kapitän Yannick Bauer hat kein Borusse unter Andrea Balderi trainiert. Der konnte als Grevener Coach in der alten Heimat den Titel klarmachen, aber keine Freundschaftsdienste erwarten. Wie im Lehrbuch stellten die Borussen die Passwege zu, verschoben kollektiv nach hinten wie nach vorne. Die Folge: Greven setzte vermehrt auf Diagonalbälle oder direkt auf langen Hafer Richtung Jan Kortevoß und Patrick Fechtel. Ohne durchschlagenden Erfolg. Borussia bot den Grevenern über 90 Minuten Paroli und war gemessen an den Torchancen die bessere Mannschaft.
"Waren zu lieb"
Da wären wir beim Reifeprozess. Was etwa der 18-jährige Nemanja Kovacevic in der Schlussphase an Torchancen verballerte, war frappierend. Greven war in der Defensive längst entblößt, die Borussen spielten sich vor dem Tor aber solange den Ball hin und her, bis sie im Abseits standen. "Da waren wir zu lieb", sagte Trainer Jötten. Ganz anders verhielt sich Kevin Landas. Der Außenverteidiger, immerhin 21 Jahre alt, ging nach einem Zweikampf außerhalb des Spielfeldes zu Boden, robbte sich dann zurück ins Feld, um eine Unterbrechung zu erzwingen. Diese Scharmützel stehen hoffentlich in keinem Lehrbuch. Trainer Jötten fragte nach dem Spiel rhetorisch: "Ich weiß nicht, ob die Kreisliga A die richtige Liga für uns ist." Ich weiß es auch nicht.
Balderis Grevener gehören definitiv in die Bezirksliga. Nur zwei Siege aus den vergangenen sieben Spielen dokumentieren jedoch, dass die knappen Spiele nicht mehr nur an Nullneun gehen, wie es fast über die ganze Saison hinweg der Fall war. Laszlo Sooky erzielte in der 90. Minute für einen kurzen Moment den Siegtreffer. Schiedsrichter Markus Lanfer pfiff jedoch. Angeblich Abseits. "Niemals Abseits", gab der verhinderte Torschütze zu Protokoll. Patrick Fechtel war sich ebenfalls sicher, dass bei dem Lattenkopfball von Jan Kortevoß und dem anschließenden Abstauber des Ungarn alles mit rechten Dingen zuging. Alexander Nowitzki wollte dazu nichts sagen. Die Borussen, etwa Hareishan Ganeshalingam, zuckten mit den Schultern und begrüßten die Entscheidung des Referees. "Daumen hoch", hieß es von Yannick Bauer in Richtung Lanfer.
Dilemma 5. Gelbe Karte
Aus der Entfernung war die Entscheidung Lanfers nicht zu beurteilen. Dass der Schiedsrichter nicht der Schuldige für das Remis der Grevener war, wusste zumindest auch Balderi. Der sah "heute kein gutes Spiel". Viel schwerer wiegt, dass die Leistungsträger Fechtel, Jonas Kortevoß und Alex Nowitzki wegen ihrer fünften Gelben Karte für das finale Heimspiel gegen Füchtorf ausfallen.
Das ist für Greven ein richtiges Dilemma. Und für Freckenhorst, das am Sonntag gegen Borussia antritt, ein Hoffnungsschimmer. Und lässt die Erkenntnis zu, dass nicht nur Borussia, sondern auch Mannschaften wie Greven 09 sich im Reifeprozess befinden.