Die traurigen Sonntage von Vorwärts Wettringen II
von Fabian Renger
(07.12.20) Das muss sich wohl wirklich bescheiden anfühlen. Seit dem 1. Dezember wartet die Zwote von Vorwärts Wettringen auf einen Dreier - also, damit wir uns richtig verstehen, wir sprechen vom 1. Dezember des Jahres 2019. Nur die SpVgg Langenhorst-Welbergen wartet in der Kreisliga A noch einen Tag länger auf einen Sieg. Da die Liga nun coronabedingt endgültig in den Winterschlaf gegangen ist, wird anno 2020 kein Dreier mehr dazu kommen. Das ist hart, ja, eigentlich schon desaströs.
"Dann ist der Sonntagabend auch meistens gelaufen", bestätigt Philipp Hinkelammert. "Unter der Woche klappt's meistens ganz gut im Abschlussspiel. Sonntags ist das aber anders. Und dann fährst du wieder enttäuscht und traurig nach Hause..." Mit seinen 25 Lenzen gehört der Kicker bei der jungen Garde aus dem Hiärtken fast schon zum alten Eisen. Hinkellammert überlegt. Henrik Kubitschek, Tobias Termühlen, Lukas Asbrock, Jonas Brüning - viel mehr Spieler fallen ihm spontan nicht ein, die älter sind als er. Die 30 habe noch niemand überschritten, berichtet der Flemmer. Das ist sehr jung.
Im Frühjahr gab es null Zähler aus vier Ligaspielen, bevor der erste Corona-Lockdown dem damaligen A-Liga-Aufsteiger mehr oder minder den Klassenerhalt bescherte. In der laufenden Spielzeit sprangen zwei kümmerliche Punkte in acht Spielen heraus. Macht unterm Strich den vorletzten Rang. Nur drei Teams trafen seltener das Tor als Wettringen, das neunmal jubelte. Mehr als die 26 Kirschen fingen sich derweil auch nur St. Arnold und das Schlusslicht aus Horstmar. "Qualität haben wir meiner Meinung nach genug", findet Hinkelammert dennoch. "Die jungen Spieler bringen sich gut ein. Wir sollten mit dem Kader eigentlich schon in der Lage sein, zwei bis drei Siege im Kasten zu haben."
Im Kasten sind bloß zwei Remis. Warum kein Dreier? Auch Thomas Schulten rätselt. "Gute Frage", antwortet er dann lachend. Bis zum Saisonende ist er noch Coach der Truppe, er führte sie 2018/19 in die A-Liga und wechselt im Sommer zur A-Jugend des Clubs. Es hat ihm wohl schon mal mehr Spaß gemacht, über Fußball zu sprechen. "Einige Sachen passen bei uns nicht", begibt er sich auf Erklärungssuche. Vor der Saison war er sich sicher: Wenn alles - also wirklich alles - passt, wäre ein einstelliger Tabellenplatz drin. Aktuell ist ja nichtmal ein Sieg möglich. "Es ist auf allen Ebenen zu wenig", analysiert der Übungsleiter.
Dies begann bereits in der Vorbereitung. Aus verschiedensten Gründen konnte er nicht einmal seine favorisierte erste Elf aufbieten. Das spürt man natürlich. Wenig wirkte eingespielt, wenig war eingespielt. Nun, mit etwas Abstand betrachtet, hat der Coach drei wesentliche Punkte für sich herausgezogen. Zum einen ist da die Führungsfrage. Schulten fehlt es an Typen, wie er bemerkt. "Die mal auf den Putz hauen und ein Zeichen setzen, den Ball mal über den Zaun hauen oder Ruhe reinbringen", sagt er. Von der fußballerischen Qualität ist er ebenfalls überzeugt, er spricht von guten Jungs. Aber vielleicht zu brave? Und wenn dann potenzielle Leitwölfe wie ein Tobias Busch die größte Zeit der Hinrunde verletzt ausfallen, ist das halbe Kind sowieso schon im Brunnen gefallen.
Umschaltverhalten, Zweikampfführung, Einstellung
Kommen wir zum nächsten Punkt. Dem Verhalten im fußballerischen Bereich. Auch da läuft es nicht. Im Umschaltverhalten nach hinten wie nach vorne stimmt's selten. Die Zweikampfführung? "Da sind häufig zu naiv und gutgläubig - da müssen wir zulegen", findet der Trainer. Punkt drei: Die Einstellung. In puncto Trainingsintensität und Trainingsbeteiligung hat der Coach auch schonmal bessere Zeiten erlebt. Gerade diesen Einstellungs-Schalter gelte es zwingend umzulegen. Erfolg fängt bekanntermaßen schon in der Rübe an.
Aktuell hat der Übungsleiter 24 Kicker zur Verfügung. "Ich werde an ein paar Stellschrauben drehen", sagt er. "Wir werden personell reduzierter in die Rückrunde reingehen, um konzentriert zu arbeiten." Worauf es spielerisch ankommt, sei derweil auch klar. Schultens Maßgabe ist unmissverständlich. "Wir müssen gut stehen, konzentriert verteidigen, viel Arbeiten, viel Laufarbeit verrichten", sagt."Wir müssen fit sein und 90 Minuten marschieren können." Anders als konzentriert aus einer disziplinierten Ordnung heraus zu agieren, werde es verdammt schwer, im Rest der Serie überhaupt mal wieder ein Erfolgserlebnis feiern zu können. Zeit dafür wird's in jedem Fall.