"Zeigt, in welcher Zeit wir leben"

von Christian Lehmann

(30.06.21) In puncto Fußball hat Nelson Venancio schon schönere Tage erlebt. Europameister Portugal ist nach hartem Kampf ebenso bei der EM ausgeschieden wie der Ex-Weltmeister aus seiner Wahlheimat Deutschland. Beim FC Galaxy Steinfurt, wo der Deutsch-Portugiese mittlerweile seit fünf Jahren die Verantwortung trägt, hielt sich die Anzahl der bitteren Niederlagen in der Vergangenheit meist in Grenzen, stets spielte das Team in der Spitze der Kreisliga B2 mit. In der neuen Saison muss es jedoch vermutlich kleinere Brötchen backen, weil die erhofften Neuzugänge ausblieben. Das ärgert den ambitionierten Coach, der in der Neuausrichtung aber auch eine Chance sieht. 

Rund 15 Namen interessierter Spieler hatte Venancio in den vergangenen Monaten nach eigenen Angaben auf dem Zettel. Zum Probetraining kam es auch aufgrund der Corona-Situation nur in Einzelfällen. Letztlich erhielt der Coach bis zum "Deadline Day" nur eine Zusage. Auch ein paar namhafte Spieler aus höheren Spielklassen, die eigentlich kommen wollten, meldeten sich einfach nicht mehr. "Es zeigt, in welchen Zeiten wir leben", sagt Venancio. "Eine Zusage war vor ein paar Jahren noch etwas wert, heute offenbar nicht mehr", klagt der frühere Spieler des SV Wilmsberg und des SC Preußen Borghorst.

Talentierter Torhüter kommt aus der SVB-Jugend

Immerhin: Mit Ilhan Celik, nicht verwandt oder verschwägert mit dem früheren Oberliga-Torjäger Sinan Celik, hat Galaxy den Zuschlag für einen talentierten Schnapper aus der Jugend des SV Burgsteinfurt erhalten. Demgegenüber stehen allerdings auch die Abgänge von drei Leistungsträgern vergangener Jahre: Mohammed Mallaamine folgt seinem Bruder Malek zum ASC Schöppingen, Matthias Schäfer hört ebenso wie Onur Isikyol wohl auf mit dem Fußballspielen. "Wir gehen mit 19 Mann in die Vorbereitung", erklärt Venancio. Nominell will der Klub die Abgänge mit zwei Spielern aus der zweiten Mannschaft kompensieren, die sich in der am 16. Juli beginnenden Vorbereitung beweisen sollen. Die Verluste qualitativ aufzufangen, werde aber schwer. 

"Spieler wie Onur Bostanci, Mika de Azevedo oder Raffael Careira dos Santos bringen viel Talent mit und werden sicherlich mehr Spielanteile bekommen", so Venancio. "Klar ist aber: Wir werden Aufbau-Arbeit leisten müssen!" Diese Überzeugung bezieht er auch aus den ersten Eindrücken des lockeren Trainings: "Der eine oder andere war in einer katastrophalen Verfassung. Da ist einiges verloren gegangen, nicht nur in Sachen Fitness. Das werden wir bis zum Start Ende August nicht hinbekommen, dass wir ansatzweise konkurrenzfähig sind."

Dass die Truppe ähnlich wie im Vorjahr um den Aufstieg mitspielen kann, schätzt der Coach deshalb als unwahrscheinlich ein. "Burgsteinfurt und Weiner sind meine Topfavoriten. Unser Ziel ist ein einstelliger Tabellenplatz, wir müssen einfach von Spiel zu Spiel schauen." Zuversicht gibt ihm das Beispiel seines Lieblingsvereins Sporting Lissabon. Obwohl das aus vielen Eigengewächsen bestehende Team in der abgelaufenen Saison in der ersten portugiesischen Liga so gut wie niemand auf dem Zettel hatte, wurde es nach 19 Jahren sensationell Meister. Es ist also doch nicht alles unglücklich gelaufen für Nelson Venancio in diesem Fußball-Sommer...