Bingold-Rausch im Waldstadion

Von Christian Lehmann

(18.07.19) Am Ende gab's sogar noch eine kleine Rudelbildung. Nachdem Aldo Colalongo dem Nordwalder Julian Schoo kräftig in die Parade gefahren war, musste Schiedsrichter Klaas Meinert die Hitzköpfe erstmal auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Nein, wie ein lockerer Freundschaftskick sah das in der Endphase der Partie des SV Wilmsberg gegen den FCN wahrlich nicht aus. Am Ende verpasste es der starke A-Ligist beim 2:2-Remis nur hauchdünn, bei seiner ersten Teilnahme an den Steinfurter Stadtmeisterschaften direkt das Finalticket zu ziehen. 

Maßgeblichen Anteil daran, dass sich die Piggen so schwer taten gegen den Nachbarn, war Marvin Bingold. Der kleine Quirlefix im blauen Trikot schlich in der variablen Nordwalder Offensive immer wieder zwischen die Linien und war an den entscheidenden Situationen beteiligt. Schon dem 2:1-Erfolg über Preußen Borghorst hatte er mit zwei Toren, eines davon in der Schlussminute der 45-minütigen Partie, seinen Stempel aufgedrückt. Gegen den Bezirksligisten legte er nochmal ein paar Kohlen drauf. Nachdem Aldo Colalongo auf Zuspiel Alex Heseners früh zum 1:0 für den SVW getroffen hatte, spielte Bingold von halblinks einen völlig überraschenden Sahne-Pass auf Michael Dömer, der die gesamte Piggen-Abwehr sezierte (1:1/19.). Gut, bei seinem Freistoß aus über 30 Metern sah Wilmsbergs Schnapper Tim Schooß etwas unglücklich aus, aber von da muss man auch erstmal draufhalten (1:2/30.)... Eine perfekte Gala des Nordwalder "Bingold-Jungen" vereitelte schließlich Ricardo Bredeck, der wuchtig zum 2:2 traf (32.).

Auf Brüggemanns Zettel

Wer solche Dinge macht, der steht sicherlich auch bei Wilmsbergs Trainer Christof Brüggemann auf dem Zettel. Oder? "Ein guter Junge, keine Frage", meinte dieser. "Den habe ich schon länger auf dem Schirm.Es ist nun mal schwierig, einen aus Nordwalde zu holen. Vielleicht ja im nächsten Jahr..." Der FCN und Co-Trainer Tim Lambers hätten wohl nichts dagegen, wenn Bingold noch ein wenig bleibt. "Es ist klar, dass er Begehrlichkeiten weckt, aber er ist ein Nordwalder Jung'. Wenn er den Anspruch hat, höher zu spielen, dann ist das okay. Dass er die Qualität hat, sieht man."

Die Nordwalder deuteten auch im Spiel gegen Ligakonkurrent SC Preußen Borghorst an, dass sie mit berechtigten Ambitionen in diese Saison starten. Allerdings leisteten sie sich auch haarsträubende Fehler. So wie Tobias Jostarndt, dem der emsige Malek Mallaamine früh den Ball klaute und zur Führung der Adlerträger traf (0:1/2.). Weil Bingold die passive SCP-Defensive zweimal düpierte (6./45.), spielt aber Nordwalde am Samstag um Platz drei. Die Borghorster haben sich in diesem Sommer personell sicherlich nicht verschlechtert, ihre individuellen Fehler im hinteren Bereich müssen sie aber abstellen.

Probleme in der Innenverteidigung

Speziell auf der Innenverteidigerposition haben auch die Piggen aktuell Probleme, Raffael Dobbe hat sich einen Pferdekuss zugezogen, Alex Pöpping klagt noch über Leistenbeschwerden. Jan Markfort und Mirko Pöhlker sind im Urlaub. Marius Wies, Niklas Thoms und Ben Hermeling betrieben so auf ungewohnten Positionen Jobsharing. Vor allem beim 2:0-Sieg gegen die Preußen - im letzten Derby vor der als sicher geltenden Fusion beider Vereine - stand die Kette mit Wies und Thoms bombensicher. Interessant auch: Im eigenen Aufbauspiel schiebt Linksverteidiger Alex Wehrmann extrem weit nach vorn, die Vierer- wird zur Dreierkette.

Der offensiv denkende Topvorbereiter war beim 1:0 durch Bredeck (23.) wieder in seinem Element, mit einem beherzten Flügellauf und einer flachen Hereingabe bereitete er den Führungstreffer vor. Das 2:0 in einem Spiel, in dem die Piggen dominierten, die Preußen aber nicht chancenlos waren, erzielte Niclas Ochse nach einem Chip-Ball von Bredeck auf den zweiten Pfosten (35.). Letzterer hatte zudem noch Pech mit einem Lupfer an die Latte (42.). Einen guten Eindruck hinterließ auch Tobias Buck, der zwar für einen Flügelspieler nicht der Schnellste ist, dafür aber starke Ballbehauptung, eine gute Übersicht und taktische Cleverness einbringt. 

Das sagen die Trainer:

Fazit von SCP-Trainer Michael Straube: Es nervt, wie wir unsere Gegentore kassieren und wie kläglich wir unsere Chancen liegen lassen. Schade, denn es ist ein schöner Rahmen hier, um gewisse Sachen zu testen. Davon haben wir uns mehr versprochen. Man kann dem aber auch viel Gutes abgewinnen, gegen Wilmsberg war zum Beispiel das Zentrum sehr gut dicht. Mallek bringt sehr viel mit, aber er bräuchte eigentlich einen, der durchgehend neben ihm herrennt und ihm sagt, was er machen soll. Ich bin nicht mehr so schnell. Uns fehlen ein paar Ideen, aber wir haben ja noch ein paar Wochen. Es ist noch viel zu tun, aber wir können auch auf vieles aufbauen.

Fazit von SVW-Coach Christof Brüggemann: Gestern war es wild, heute hatten wir eine gute Struktur. Trotz schwerer Beine und mit einem schmalen Kader sind wir verdienter Erster geworden. Hinten passt das schon ganz gut, nach vorn müssen 19.)wir noch etwas mehr Zug entwickeln. Unsere drei Torhüter sind heiß und geben Gas, das wird eine schwierige Entscheidung.

Fazit von Nordwaldes Co Tim Lambers: Gegen eine Bezirksliga-Spitzenmannschaft ist es immer schwierig, aber wir haben gut verschoben und Paroli geboten. Leider hat uns ein Tor gefehlt. Wir haben uns gefreut, dass wir endlich mal wieder ein Derby gegen Wilmsberg spielen durften. Unser Vorteil ist, dass wir nicht viele Leute integrieren müssen. Wir wollen in der Liga auf jeden Fall nicht schlechter abschneiden als in der vergangenen Saison.