Ein legendärer Tanz in den Mai

Von Fabian Renger

(02.05.22) Dieser Tanz in den Mai dürfte legendär gewesen sein. Für Pascal "Calle" Heemann war es in jedem Fall eine selten klebrige Angelegenheit. Drei- oder viermal hätte er am Samstag eine Bierdusche am Platz abbekommen, so genau wusste er es am Montag nicht mehr. Aber das hatte er sich selbst eingebrockt. Denn ihm das Kunststück gelungen, Eintracht Mettingens Reserve zur Meisterschaft zu führen. Ein 4:0 über den Dritten SV Halverde beseitigte jegliche rechnerischen Restzweifel. Und das alles am 30. April. Bestes Timing. Drei Spieltage vor Saisonende. Allerdings: Es war eine Mammutaufgabe, wie der Coach einräumt.

"Wenn ich an den Anfang der Saison zurückdenke: Da rechnest du nicht damit, im Mai Meister zu werden", gesteht Heemann. Er hatte - gemeinsam mit Torsten Kreyenhagen - die ehrenhafte Aufgabe, eine komplett neu gebildete Mannschaft aus der damaligen Zweiten und Dritten zu formen. "Das war eine Riesen-Herausforderung", erinnert sich Heemann. "Aber das haben wir ganz gut hinbekommen."

Über 40 Spieler standen für die Zweite und Dritte Mettingens zu Saisonbeginn zur Verfügung. Heemann hatte das große Privileg, sich gemeinsam mit Kreyenhagen die aus diesem Spielerpool vermeintlich beste zweite Mannschaft zusammen zu puzzlen. Die beiden Trainer verschafften sich in einer (notgedrungen) zusammengelegten Sommer-Vorbereitung beider Truppen einen prima Eindruck. Und sie haben offenbar ein Talent für Puzzles: Denn die Mannschaft, die seit Saisonbeginn als Zweite firmiert, hat sowas von megamäßig abgeliefert. Was ein Blick auf und in die Statistiken beweist.

Überragende Werte - und zwei große Ziele für den Rest der Saison

In zehn ihrer 21 Saisonspiele blieb die Eintracht bislang ohne Gegentreffer. Das ist gigantisch. Erst 17 Gegentreffer gab es. Freilich ist das Ligabestwert. Und 98 eigene Tore bedeuten zudem auch die gefährlichste Offensive. Zehnmal schoss die Truppe fünf oder mehr Treffer. Irre. Bastian Richter, der auch gegen Halverde traf, ist mit 24 Treffern der mit Abstand beste Liga-Top-Torjäger. Gerrit Neumann hat immerhin 13-mal gebutzt und überzeugte nicht nur einmal mit glänzenden Standards. Mit Antonius Nagelmann und Mathias Rottmann folgen zumindest zwei Akteure mit jeweils zehn Hütten. Es gab ganz schön viele Bomber, die konntest du kaum alle auf einen Schlag aufhalten. Kurios: 65 der 98 Hütten erzielte Mettingen II daheim. Was wohl - auch und vor allem - am heimischen Kunstrasen gelegen haben dürfte.

Für die restlichen drei Spiele hat sich das Team noch zwei Ziele gesteckt. "Jetzt geht's darum, vorne die 100er-Marke zu knacken und gleichzeitig die 20er-Marke an Gegentoren nicht zu überschreiten", erklärt Heemann. Letzteres hätten sich speziell seine Torleute Niklas Glasmeyer und Erik Schröer vorgenommen. Ist natürlich jetzt gefundenes Fressen für die kommenden Gegner. Schau'n mer mal.

Lernbereit, wissbegierig, extrem harmonischer Haufen

"Man muss ganz klar sagen, dass wir ein extrem harmonischer Haufen geworden sind", lobt Heemann den inzwischen richtig großen Teamspirit. Vor allem über viele persönliche Gespräche hätte er versucht, seine Spieler mitzunehmen in dieser Saison. Das fruchtete offenbar. "Die schönste Entwicklung für mich persönlich ist es, dass die Jungs einem fremden Trainer das Herz geöffnet und mich haben machen lassen", sei seine Elf auch absolut lernbereit und wissbegierig gewesen, so Heemann.

Irgendwann habe er durchaus gespürt, dass da etwas ginge in puncto Titelkampf. Auch wenn die erste - und bisher einzige - Saisonniederlage bei Arminia Ibbenbüren III Ende März (3:4) durchaus weh getan und ihn zum Nachdenken gebracht habe. "Aber als wir das hart umkämpfte Spiel in Uffeln gewonnen haben, da war mir klar, dass wir es unter die ersten zwei schaffen werden. Dass wir es vorzeitig eintüten, kam aber überraschend. Ich hätte eher gedacht, am vorletzten Spieltag frühestens." Gegen den früheren Termin hatte er selbstredend nichts.

Ausdrücklich lobt er in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit seinen Trainerkollegen Kreyenhagen sowie Jochen Löffers, Jürgen Schoppe. Die letzten beiden hatten die Mettinger Dritten bis zu ihrer wenig ruhmreichen Abmeldung gecoacht (das soll mal nicht die Meisterfreude schmälern heute!) und waren im Anschluss im Trainerteam der Reserve verblieben.

Warum scheint die Sonne auf dem Meister-Shirt?

Bleiben wenige Fragen übrig. Die Meisterfahrt führt beispielsweise in die Niederlande. Der Spruch auf dem Meistershirt "Von oben scheint die Sonne" hat Heemann zu verantworten. "Als wir an der Spitze standen,  hab ich irgendwann den Spruch gebracht: Von oben scheint die Sonne - und umso mehr wir oben stehen, umso mehr Strahlen werden auf uns  scheinen." Könnte auch im nächsten Glückskeks stehen. Hat aber auf jeden Fall funktioniert.

Und was macht Heemann? In Mettingens erster Mannschaft wird ja ein Trainer-Plätzchen frei. "Meine Aufgabe ist es, bis zum 30.6. die die Entwicklung von Team zwei voranzutreiben. Alles andere muss sich zeigen", sagt Heemann und schickt ein Lob hinterher: "Der Verein verliert sportlich gesehen mit Michael [Pötter., d. Red.] einen richtig guten Trainer."