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Serie: "Die Unbestechlichen"

Seit 47 Jahren pfeift Heinz-Dieter Lambrecht (l.) Fußballspiele. Und ein bisschen möchte er noch... Foto: Rolfinaction

"So lange die Füße mich tragen"


Von Julian Schimmöller

(02.06.20) Die ersten drei Protagonisten unserer Serie "Die Unbestechlichen" waren allesamt Schiedsrichter, die den größten Teil ihrer Laufbahn wohl noch vor sich haben. Höchste Zeit also für einen Unparteiischen, bei dem das etwas anders aussieht: Heinz-Dieter Lambrecht. Wohl kaum jemandem gebührt der Titel "Urgestein" mehr: Seit sage und schreibe 47 (!) Jahren ist Lambrecht als Schiedsrichter unterwegs, seine erste Partie pfiff er 1973. "Damals allerdings noch im Kreis Kassel", erzählt der 69-Jährige.

Der Liebe wegen verschlug es Lambrecht 2011 nach Steinbeck und seitdem pfeift er für die Grün-Weißen im Fußballkreis Tecklenburg. Früher pfiff er bis zur Hessenliga, inzwischen begnügt er sich auf Kreisebene mit den B-Ligen. Das aber nicht etwa, weil er sich nichts Höheres mehr zutraut. Viel mehr denkt er an seine jungen Kollegen: "Für die jungen Schiedsrichter ist es wichtiger A-Liga zu pfeifen, wenn sie weiter nach oben wollen und unter Beobachtung stehen."

Lambrecht kümmert sich um den Nachwuchs

Nicht nur da denkt Lambrecht an den Schiedsrichter-Nachwuchs: Als Obmann sorgt er in Steinbeck dafür, dass der Verein immer ausreichend Schiedsrichter stellen kann. Das ist keine ganz so einfache Aufgabe: "Viele hören schnell wieder auf, wenn am Anfang viel gemeckert wird oder man andere schlechte Erfahrungen macht", schildert Lambrecht.

Dementsprechend musste er Anreize schaffen für das Schiedsrichter-Dasein: Mit dem Verein handelte er Prämien aus, außerdem organisiert er Sponsoren für Pullis, Jacken und so weiter. Außerdem gibt es jedes Jahr eine Weihnachtsfeier bei Gronheid, wo es die Schiris auf Vereinskosten krachen lassen dürfen. Organisator der Feier? Natürlich Lambrecht, der sagt: "Man muss etwas bieten, damit die Jungs bei der Stange bleiben."

Bier und Bratwurst nach dem Spiel

Er selber braucht dafür keinen Anreiz mehr: "Ich hab damals angefangen, weil der Verein Schiedsrichter brauchte und dann bin ich einfach dabei geblieben. Inzwischen hänge ich unheimlich daran, am Fußball, an der Bewegung. Das vermisse ich auch aktuell in der Corona-Zeit sehr", leidet Lambrecht unter der erzwungenen Spielpause. Fit bleiben, Spaß haben - das ist für ihn das Wichtigste. Das Geld spielt für den Rentner keine wirkliche Rolle: "Davon gibts dann abends mal ein Bierchen." Für den Urlaub hingegen, den Lambrecht zweimal jährlich auf seiner Lieblingsinsel Gran Canaria verbringt, reicht das bisschen Aufwandsentschädigung nicht - das Urlaubsbudget erspart sich der Rentner durch seinen Minijob als Fahrer von Patiententaxis.

Wo wir aber vorhin beim Bier waren: Nach getaner Arbeit trinkt Lambrecht mit den Trainern und Spielern gerne zum Abschluss ein Pils , im Idealfall gibt es noch ne Bratwurst dazu. Dabei wird natürlich auch nochmal über die vorangegangene Partie gequatscht, ein dickes Fell brauchte Lambrecht dabei bisher selten: "Die Kritiken waren fast immer gut." Auch diese Momente machen für ihn das Schiedsrichter-Dasein so schön, ein Ende ist für den glühenden Gladbach-Fan entsprechend auch noch nicht in Sicht: "So lange die Füße mich tragen, mache ich weiter."

Nur einmal "ein mulmiges Gefühl"

Davon abhalten kann ihn auch nicht die Erinnerung an eine unschöne Partie: Im Duell Erster gegen Letzter gab es ein deutliches 6:0 für den Ersten - leider aber auch vier Platzverweise. Zweimal wurde Lambrecht beleidigt und zog Rot, dann musste er gar eine handgreifliche Auseinandersetzung, bei der sogar Blut floss, schlichten und die Beteiligten des Feldes verweisen. Die Stimmung war hitzig, auch von den zahlreichen Zuschauern musste sich Lambrecht einiges anhören. Als er dann nach dem Spiel aus der Dusche zum Auto musste, führte der Weg durch ein Spalier der aufgebrachten Fans: "Da hatte ich schon ein etwas mulmiges Gefühl", gesteht Lambrecht. Es passierte letztlich Nichts - froh, dass er so eine Situation sonst nicht erlebt hat, ist er natürlich trotzdem.

Ansonsten hat der Steinbecker fast nur gute Erfahrungen gemacht. In besonderer Erinnerung blieb beispielsweise das Schützenfest zwischen Schwarz-Weiß Esch und TuS Recke in Lambrechts erster Saison im Fußballkreis Tecklenburg ereignete: Die Gäste aus Recke führten bereits mit 5:1 und waren außerdem in Überzahl, nachdem Lambrecht Eschs Schnapper wegen Handspiels außerhalb des Sechzehners frühzeitig duschen schickte. Doch Esch steckte nicht auf, an den 5:5-Ausgleich kurz vor Schluss erinnert sich Lambrecht genau: "Ich habe eine Freistoß kurz vorm Sechzehner gegeben - der landete dann zunächst am Pfosten und ist dann hinter die Linie gesprungen." Das lange Schiedsrichter-Dassein scheint auch dem Gedächtnis nicht zu schaden...

In unserer Serie "Die Unbestechlichen" stellen wir euch mit Interviews, Portraits und kleinen Geschichten die Schiedsrichter im Kreis und in der Region näher vor. Gerade aktuell, wo im Amateurfußball nichts läuft, lohnt es sich, darüber nachzudenken, dass ohne unsere Unparteiischen ebenfalls kein Spielbetrieb möglich wäre. 

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