Bezirksliga 11
Das Derby steht über allem
von Christian Lehmann
(31.01.20) "Echte Derbys gibt's im Amateurfußball doch gar nicht mehr!" Angesichts solcher Aussagen können sie in Gronau-Epe nur milde lächeln. Die Duelle zwischen dem FC Epe und Lokalrivale Vorwärts sind seit Jahren ein Renner, zwischen 500 und 1000 Zuschauern sind immer drin, wenn die beiden Platzhirsche im Ort sich treffen. Das gibt es auf diesem Niveau nur noch ganz selten.
Für den FC Epe hat das Kräftemessen mit dem Nachbarn eine ganz besondere Bedeutung. Das hat auch André Hippers, Trainer des Tabellenzehnten, längst verinnerlicht - obwohl er erst zu Saisonbeginn von Eintracht Ahaus zum FC wechselte. Beim Landesligisten war er spielender Co-Trainer von Jens Niehues gewesen. "Das ist schon was ganz Besonderes für die Jungs. Wenn wir so eben die Klasse halten und das Derby zweimal gewinnen, dann ist die Saison perfekt verlaufen."
Kein Sieg gegen Vorwärts
Entsprechend ist die laufende Spielzeit für die Blau-Weißen wohl kaum noch zu retten. Am ersten Spieltag trennten sich die Teams vor 720 zahlenden Zuschauern zwar mit einem torlosen Unentschieden, beim Wiedersehen am Wolbertshof Mitte Dezember gewann Vorwärts jedoch im letzten Spiel vor der Winterpause mit 2:0 - und feierte dies wie die Meisterschaft. Auch diese Partie war trotz Schmuddelwetters mit über 400 Zuschauern sehr gut besucht.
"Bei mir sitzt der Stachel jetzt noch tief, weil man den Verein und die Anhänger natürlich nicht enttäuschen will", meint Hippers. Er räumt aber auch ein, dass der große Rivale seinem Team derzeit (noch) ein paar Schritte voraus ist: "Die haben eine ganz andere Qualität als wir. Das ist eine richtig gute Mannschaft. Derzeit können wir uns noch nicht ernsthaft mit ihnen messen, aber wir wollen dorthin."
Dem Kick and Rush entsagt
Auf dem Weg dorthin verfolgt der neue Spielertrainer einen klaren Plan. Obwohl das Team nach acht Spieltagen Tabellenletzter war, hielt Hippers an seinem Spielsystem, das sich elementar zu dem unter Vorgänger Markus Banken unterscheidet, fest. "In den vergangenen Jahren - und das beziehe ich nicht auf meinen Vorgänger - hat die Mannschaft meist nur Kick and Rush gespielt. In meinen Augen hatte das wenig mit Fußball zu tun. Ich möchte lieber möglichst lange den Ball haben und geduldig auf Chancen warten. Es hat ein bisschen gedauert, bis wir das verinnerlicht haben, aber wir haben unser Ding durchgezogen. Ich habe das Glück, dass ich viele junge, wissbegierige Spieler habe", sagt der Coach.
Und es kommen immer wieder Neue dazu: Bereits in der Vorbereitungsphase baute Hippers gleich fünf Noch-A-Jugendliche in Testspielen ein, mindestens drei von ihnen werden im Sommer den Sprung sicher packen. "Das ist genau das, was wir wollen", sagt der Oberliga-erfahrene Sechser, der auch für die kommende Saison schon zugesagt hat - den FC betrachtet er als langfristiges Projekt.
Hippers vermisst Leader und echte Neuner
Die Arbeit mit jungen Spielern ist fruchtbar, bringt aber auch Probleme mit sich. Hippers vermisst generell die Typen auf dem Platz, die auch mal den Mund aufmachen. "Fußball ist auf diesem Niveau inzwischen weitestgehend ein taubstummes Spiel, die typischen Leader sterben langsam, aber sicher aus." Gernne hötte der Trainer in seinem Kader auch einen echten Knipser, der 20 Tore pro Saison garantiert - das allerdings nicht um jeden Preis. "Was würde uns das helfen, wenn ich einen 29-Jährigen aus einer höheren Liga hole? Dann verbaue ich zwei Jahre lang einem unserer Eigengewächse den Weg und muss dann wieder neu anfangen..."
Ein paar "reife" Spieler hat das Team schon in den eigenen Reihen. Zu den größten Stützen zählt Schlussmann Niklas Baumann (27), für Hippers der "beste Torwart der Liga" und der beste Schnapper, mit dem er je zusammen gespielt hat. Innenverteidiger Patrick Redegeld ist Kapitän und Leader der Truppe, das größte Entwicklungs-Potenzial attestiert Hippers Linksaußen Felix Wobbe. Bester Torschütze des Teams ist Philipp Hörst mit acht Buden.
Zum ersten Spiel des neuen Jahres empfängt Epe den FC Nordkirchen. "Da haben wir nach dem unglücklichen 1:2 im Hinspiel noch eine Rechnung offen", verrät Hippers.