Ferngläser statt Rückspiegel

von Fabian Renger

(22.04.21) Das Schicksal ist nicht nur ein mieser Verräter, das Schicksal meint es auch wahrlich nicht gut mit dem SuS Stadtlohn. Im dritten Jahr in Folge erwischt es die Stadtlohner ganz böse. 2018/19 stiegen sie aus der Landesliga ab, weil der SC Münster 08 sich erst nach dem letzten Spieltag aus der Liga verabschiedete. Der Plan sah vor, innerhalb der folgenden beiden Jahre wieder hochzugehen. Doch dann kam Corona. (ja, der Satz nervt uns auch schon) Voriges Jahr war nur der TuS Haltern II nach der Quotientenregelung besser. In diesem Jahr war niemand besser, niemand siegte gegen den SuS, doch die Saison wird annulliert. Wieder ein Satz mit X.

Stefan Rahsing, Coach des SuS, steckt den Kopf allerdings nicht in den Sand. Auf das jetzt eingetretene Szenario konnte sich die Truppe ja schon länger einstellen. Psychologen bedarf es also nicht für sein Team. Es schmerzt dennoch, frustrierend sei dieses abermalige Ausbremsen, erzählt der Trainer. Aber: Er ist auch keiner, der den Aufstieg geschenkt bekommen wollen würde. Keineswegs. Alle vorhandenen Regeln seien eingehalten worden, die Pokal-Lösungen findet er sogar vernünftig. Allerdings: "Ich möchte einfach herausfinden, ob es sportlich gereicht hätte. Wir hatten in den beiden Spielzeiten die Chance, aus eigener Kraft aufzusteigen."

Die fehlende Gleichberechtigung fehlt Rahsing

Was ihm vor allem missfällt: "Es wird immer wieder argumentiert in einer Richtung von Gleichberechtigung." Und die sei einfach nicht da gewesen - beim Wertungsszenario der Saison 2019/20 nicht, als teilweise Tabellenfünfte dank des Quotienten hochgegangen seien. Und auch jetzt nicht, wo teilweise Tabellenletzte ohne jeglichen Dreier schon zum zweiten Mal in Folge den Klassenerhalt geschenkt bekommen würden. Und dann ist da seine Truppe, die alles gibt und macht - und wieder in die Röhre schaut. Das nervt ihn. Es gelte zu hinterfragen, wie der Verband mit der Gesamtsituation sportlich umgegangen sei, findet der Coach. Infektiologisch, das stellt er allerdings ebenfalls klar, sei der jetzige Abbruch alternativlos.

Jetzt kann er natürlich mosern und die fehlende Gleichbehandlung anprangern. Das machen viele. Rahsing hat sich allerdings spannende Gedanken gemacht. "Das einzige, worum es mir gegangen wäre, ist eine Gelegenheit zu bekommen, die Saison zu einem sportlichen Ende zu bringen", sagt er. Wie hätte so etwas aussehen können? "Die Spiele und Punkte mitnehmen und das Ganze in der nächsten Spielzeit zu einem sportlichen Ende bringen." Er denkt an eine abermalige Annullierung und damit an eine dritte Spielzeit in Folge, die nicht sportlich beendet werden könnte. Zumindest kein absolut ausgeschlossenes Szenario. "Dann hätte man schonmal einen Puffer erarbeitet - stattdessen startet man wieder bei Null."

Super Punkteschnitt

Eine Sache für die Juristen des Verbandes. Man wird Ideen suchen und finden müssen, um für kommende Corona-Eventualitäten gewappnet zu sein. "Es gab schonmal gerechtere Lösungen als die jetzige", befindet Rahsing.

"Ich erwarte, dass die nächste Saison viel schwerer wird als die aktuell", schaut der Übungsleiter derweil bereits voraus. 2019/20 waren es 2,36 Punkte pro Spiel. In dieser Saison gar ein Schnitt von 2,5 Punkten. "Gegen uns werden alle mit 120 Prozent spielen", prophezeit der Trainer daher. Immerhin gibt's wenig Bewegung. Luca Friedrich und Bruno David Santos Faria kommen aus der eigenen Jugend hoch, das war's. Das Gerüst steht also nach wie vor. Die Blickrichtung auch. "Wir können jetzt hingehen und uns ins Auto setzen, die ganze Zeit in den Rückspiegel gucken und geradeaus vor die Wand fahren", so der Chefcoach. "Oder wir tun das, was wir tun werden: Uns Ferngläser kaufen und in die ferne Zukunft schauen."