Vorwärts fährt die Krallen aus

(11.11.17) Schon nach 20 Minuten raunzte Amisia Rheines Linksverteidiger Hendrik Winnemöller völlig verzweifelt seine Mitspieler an. "Jetzt wixt doch mal dazwischen, Jungs!" Sein Flehen blieb unerhört. Weil Vorwärts Wettringen im vorgezogenen Bezirksligaspiel am Samstagnachmittag seine beste Saisonleistung zeigte und die Gäste in den Punkten Zweikampfverhalten, Leidenschaft und Körpersprache ihre Bezirksligatauglichkeit schuldig blieben, feierten die Gastgeber einen auch in der Höhe verdienten 6:0 (4:0)-Heimerfolg. Die Wettringer Musiknacht dürfte lang werden. Gut möglich, dass Trainer Patrick Wensing seinen Jungs für diesen Gala-Auftritt einen austut.

Mit dem Saisonverlauf und Platz acht waren sie bis dato gar nicht zufrieden gewesen im Hiärtken. Diese Truppe ist zu Höheren berufen, das zeigte sie vor allem in der bärenstarken ersten Hälfte, in der sie Amisia mit einem Wahnsinns-Offensivpressing die Luft zum Atmen nahm. "Ich glaube, dass die Mannschaft von ihrer Qualität her oben was zu suchen hat", sah sich Wensing nach dem Spiel bestätigt. "Wir wollten heute von Anfang an Druck ausüben, weil wir wussten, dass Amisia personell nicht gut aufgestellt und hinten anfällig ist. Das war in der ersten Halbzeit nahezu perfekt."

Kongeniales Duo

Die Gastgeber trommelten los wie die Feuerwehr und gingen schon nach sieben Minuten in Führung. Blitzschnell brachte Benedikt Brünen den Ball auf der linken Seite nach vorn zu Lyon Meyering, der den Turbo zündete und in der Mitte den völlig freistehenden Florian Kappelhoff-Rickert bediente - 1:0! Meyering war erstmals in dieser Saison in die Startelf berufen worden und zahlte das Vertrauen gleich zurück. Vor allem mit Kappelhoff-Rickert harmonierte er prima. Das kongeniale Duo wirbelte die Viererkette der Amisen in der Anfangsphase völlig durcheinander.

Meyering war auch am zweiten Treffer der Gastgeber beteiligt. Erneut initiierte der starke Brünen, nach seinem Rückpass landete Meyering im Zweikampf mit Fabio Hülsing zwar auf dem Hosenboden, doch das Leder trudelte zu Marcel Pöhlker, der aus 20 Metern drauf pfefferte. Hannes Schäperklaus war noch mit den Flossen dran, doch das Geschoss schlug trotzdem im Tor ein (2:0/19.). 

Jeder darf mal

Spätestens jetzt waren die Gäste völlig von der Rolle. Meyering bediente Kappelhoff-Rickert, der im Eins-gegen Eins an Schäperklaus scheiterte (27.), kurz darauf ließ Meyering nach Vorarbeit von "Kappi" und Ablage Christopher Brünings die nächste Großchance liegen (30.). Das 3:0, dass Meyering nach Stichpass von Alex Witthake markierte (35.), war überfällig. Als Sekunden vor der Pause Abwehrspieler Jannik Ruhkamp nach einer Ecke von Henning Hils am zweiten Pfosten völlig allein stand und auf 4:0 erhöhte (44.), hatten viele das Gefühl, heute darf jeder mal. Dass die Amisen mit Niko Winter, Elidon Bilali oder Thomas Bertels auf wichtige Spieler verzichten mussten, entschuldigte diesen blutleeren Auftritt mitnichten.

Weil Gäste-Trainer Jochen Jahnke seine Männer in der Kabine ordentlich rund gemacht hatte, kamen diese immerhin mit etwas mehr Elan aus der Pause. Kevin Drees setzte nach Flanke von Sascha Wilde einen Kopfball etwas zu hoch an (53.), Simon Moß forderte nach einem Zweikampf mit Vorwärts-Schnapper Tom Knöpper einen Elfmeter (63.). Das war's dann aber auch schon wieder, denn Wettringen wollte noch mehr: Meyering, der zuvor schon zweimal im Eins-gegen-Eins gescheitert war (51./60.), legte wieder quer zu - na klar - Kappelhoff-Rickert - 5:0 (64.)! Nun hatte sich das Sturmduo den Feierabend verdient. Es kamen Gerold Laschke und Lars Ehling.

Da Costa Pereira abgemeldet

Die Rheinenser zuckten noch einmal kurz. Winnemöller traf auf der Gegenseite nur die Latte, den Nachschuss setzte Florian Maier knapp neben das Tor (71.). Der ebenfalls eingewechselte Nabil Charif besorgte nach einem Pöhlker-Freistoß schließlich per Kopf das 6:0 (74.). In der Schlussphase trat dann doch tatsächlich Fabio da Costa Pereira noch einmal in Erscheinung. Jahaa, der Toptorjäger der Liga spielte auch mit. Allerdings war er bei Wettringens Innenverteidigung um Jannik Holtmann über 90 Minuten in den besten Händen. Seine Torgefahr blitzte nur in der 85. Minute kurz auf: Nachdem er den Ball von halbrechts neben das Tor geschossen hatte, fluchte er wie ein Rohrspatz.

Ähnlich wie sein Stürmer hatte auch Amisen-Coach Jahnke nach Spielende die Faxen gehörig dicke: "Das ist sehr enttäuschend. Ich bin ein bisschen ratlos. Die Jungs, die wir reingebracht haben, haben die Erwartungen nicht erfüllt. Da war kein Zweikampfverhalten, keine Körpersprache. Wenn von zehn Feldspielern acht nicht in die Zweikämpfe kommen, hast Du keine Chance! Da muss sich jeder hinterfragen, ob er wirklich alles gegeben hat. So kann man einfach nicht auftreten!"

Vorwärts Wettringen - Amisia Rheine     6:0 (4:0)
1:0 Kappelhoff-Rickert (7.), 2:0 Pöhlker (19.),
3:0 Meyering (40.), 4:0 Ruhkamp (44.),
5:0 Kappelhoff-Rickert (64.), 6:0 Charif (74.)
Wettringen: Knöpper - Lohaus, Ruhkamp, Holtmann, Brünen - Pöhlker, Witthake, Brüning, Hils (71. Charif) - Meyering (66. Laschke), Kappelhoff-Rickert (66. Ehling)
Amisia: Schäperklaus - Wilde, Rosenberger (75. Schepers), Leusmann, Winnemöller - Maier, Unewisse (63. Gradert) - Hülsing (81. Camara), Drees, Moß - da Costa Pereira