Janis Schneider schießt SCA in den Himmel

Von Christian Lehmann

(26.05.19) Wenn selbst gestandene Männer auf dem Fußballplatz Tränen vergießen, dann hat sich etwas Besonderes ereignet. Rund 500 Zuschauer auf der Anlage von Blau-Weiß Aasee an der Bonhoefferstraße wurden am Sonntag um 17:01 Uhr Zeugen eines erhebenden Moments. Als Schiedsrichter Bernward Pinke die Partie von BWA gegen den SC Altenrheine beim Stand von 1:0 (1:0) beendete, flippten Spieler, Trainer, Betreuer und Fanschar der Gäste völlig aus.

Landesliga, das erste Mal überhaupt! Der SCA hat's geschafft! Sollte es irgendjemanden auf diesem Planeten geben, der dieses Teams in den vergangenen zwölf Monaten begleitet hat und ihm diesen Triumph nicht gönnt, so hat dieser den Fußball nie geliebt. 

Fantastische Serie

Ja, wir müssen an dieser Stelle diese eine, schon so häufig erzählte Geschichte wieder hervorholen. Noch nicht mal ein Jahr ist es her, da platzte für den SCA der Traum von der Landesliga auf brutalste und bitterböseste Art und Weise, im Elfmeterschießen gegen die Hammer SpVgg II - nach drei gewonnen K.O.-Spielen in der Aufstiegsrelegation. Es folgten eine kurze Vorbereitung, ein versaubeutelter Saisonstart, eine mäßige Hinrunde, die auf Platz sechs abgeschlossen wurde - sieben Punkte hinter Tabellenführer SV Burgsteinfurt.

Und dann? Legte der SCA eine phänomenale Serie hin. 13 Siege und nur drei Remis in 16 Rückrunden-Partien - seit Anfang Dezember (2:4 bei Arminia Ibbenbüren) hat das Team nicht mehr verloren. Auch nicht an der Bonhoefferstraße, beim finalen Schritt auf einem steinigen Weg in die Landesliga. 

Zittern bis in die Nachspielzeit

Janis Schneider, Altenrheines genialer Zehner und mit nun 17 Saisontoren auch der zahlenmäßig beste Sohler des Teams, darf seinen Enkeln in ein paar Jahrzehnten erzählen, dass er es war, der den SCA in die Landesliga geschossen hat. In einem intensiven, aber für die Gäste ganz zähen Spiel war er der einzige, der eine winzige Lücke im wie verbarrikadiert wirkenden Kasten der Blau-Weißen fand. Ob der bis dato glänzend aufgelegte Pascal Hortmann dieses Ding in der 34. Minute halten kann? Er tat es jedenfalls nicht, mithilfe des Innenpfostens trudelte die Kugel in die Maschen. Fast schon ungläubig jubelten Schneider und Co., auch in den übrigen 90 Minuten war ihnen anzumerken, dass ihnen das Ganze noch immer nicht recht geheuer war. Weil die Gäste zahlreiche dicke Torchancen vergab und Aasee sich mit Haut und Haar wehrte, musste bis in die Nachspielzeit gezittert werden. Als der letzte Freistoß abgewehrt und der letzte Angriff überstanden war, startete die Party.

Der Kern dieser Truppe, die auch schon vor einem Jahr ganz nah dran war am größten Erfolg der Vereinsgeschichte, hat das Team zu diesem Triumph getragen. Die Arbeitstiere Chris Naberbäumer und Sven Sandmann, Dampfmacher wie Kevin Vollrath, Yannick Thale oder Dustin Wolter, sowie die feinen Techniker wie Luca Bültel und Schneider sind da zu nennen.

Dennis da Silva wie Kai aus der Kiste

Den entscheidenden Punch zum Titel brachten aber ein paar Stellschrauben, an denen Trainer Daniel Apke in der Winterpause drehte. Dass dem Team mit Nick Petlach aus Baden-Württemberg eine Mega-Granate zulief, die sich auch noch perfekt in dieses homogene Team integrierte - pures Glück! Dass Apke jedoch Yannik Langner nach langer Verletzung das Vertrauen gab und dieser als Links- und Innenverteidiger so lieferte, war schon stark. Der vielleicht wichtigste Mosaikstein war aber wohl das Comeback von Denis da Silva. Der spielende Co hatte eigentlich nur noch am Rand stehen wollen. Weil es nach 30 Gegentreffern in der Hinserie jedoch hakte im Defensiv-Verbund, schnürte er aber noch einmal die Treter. Etwas besseres hätte dem Team, das in der Folge nur noch acht (!!!) Gegentreffer kassierte, nicht passieren können. "Denis hat sich jetzt in Legendenstatus erarbeitet", meinte sein Coach.

Das dürfte für Apke allerdings auch gelten. Vor sechs Jahren kickte Altenrheine noch in der Kreisliga. Als der Trainer vor drei Jahren von Eintracht Rodde kam, war man bei den Blau-Weißen froh, in der Bezirksliga die Klasse zu halten. Stück für Stück baute er ein Team auf und entwickelte es weiter, akribisch, leidenschaftlich - ja, manchmal vielleicht sogar fast schon ein bisschen besessen. Apke hat es selbst mit einem riesigen Kader, in dem es immer wieder Härtefall-Entscheidungen zu moderieren galt, hinbekommen. Rückschläge haben ihn und sein Team noch mehr darin bestärkt, weiter zu arbeiten. Am 26. Mai ist nun Zahltag. Alle Rückschläge, sei es das verlorenen Kreispokalfinale gegen den SV Burgsteinfurt 2017 oder das tragische Scheitern vor einem Jahr, sind nun vergessen. 

BW Aasee - SC Altenrheine     0:1 (0:1)
0:1 Schneider (34.)
BWA: Hortmann - Andro, Stiens, Weusthoff, Märten - Gerigk, Ates (85. Püttmann) - Ciuraj, Stemmerich, Eustermann (64. Linden) - Hülsmeier (76. Struß)
SCA: Wiesch - da Silva, Naberbäumer, Langner, Bieker - Petlch, Sandmann - Wolters (87. Vollrath), Schneider, Theismann (88. Loerakker) - Bültel (89. Pakularz)