Blind Date in der Bezirksliga

Von Fritz Rungenhagen

(15.08.19) Carsten Becker hat einen harten Sommer hinter sich. Während seine Studenten die Sommersemster-Ferien genossen, widmete sich der als Honorardozent am Institut für Sportwissenschaft angestellte Preußen-Veteran einer Aufgabe, die ihm womöglich mehr Kopfzerbrechen bereitete als alle Fußballseminare an der WWU zusammen. Becker, seit Mai Sportlicher Leiter beim FC Gievenbeck, sah sich gleich zu Beginn seiner Tätigkeit mit einem echten Notfall konfrontiert. Dieser trug den Namen "Gievenbeck U23".

"Wir standen am 6. Juni für die Mannschaft ohne Spieler da", erinnert sich Becker, der neben der Zweiten auch für die erste Mannschaft und die A-Jugend zuständig ist. Abmelden vom Spielbetrieb wollte man die Jungs jedoch nicht und so begann eine Suche nach jungen Spielern, die bereit waren, sich der neu formierten Truppe anzuschließen, gut genug kicken konnten und vor allem aber eines waren: kurzfristig verpflichtbar und von keiner Sperre bedroht.

Glücksfall Anis Lardi

Solch einen Glücksfall fand Becker beispielsweise in Anis Lardi. Der noch 18-jährige gebürtige Bonner lebte mit seiner Familie zuletzt vier Jahre lang in Ägypten. In Münster hatte er in der Jugend für GW Marathon Fußball gespielt, sein Spielerpass lag also noch bei den Grün-Weißen an der Wienburgstraße. Dort zeigte man sich kulant und ermöglichte die Spielberechtigung für den Youngster. Zur Freude Beckers: "Lieben Gruß an Marathon. Ich hab im Kreis generell viele nette Kollegen kennengelernt, die bereit waren, uns entgegen zu kommen." So formte sich durch Netzwerk und Mundpropaganda nach und nach ein Team bei den Gievenbeckern, so unbekannt, dass sich die meisten Gegner in der Bezirksliga wie bei einem Blinddate vorkommen müssen: kennengelernt wird sich erst vor Ort.

Für das gegenseitige Kennenlernen innerhalb der Mannschaft sorgt Michael Füstmann. Der langjährige Coach des B-Ligisten BW Ottmarsbocholt passte perfekt in Beckers Anforderungsprofil für den herausfordernden Job : "Bei der Suche habe ich darauf geachtet, dass ich nicht zwingend einen jungen Trainertyp suche, so einen Laptoptrainer, der jede Woche zwanzig Maschinen trainiert." Vielmehr soll der Coach mit seiner Erfahrung Potenziale bei jungen Spielern erkennen und diese fördern.

Wer steht im Tor?

Tom Bichler ist einer von ihnen. Der Sportstudent, der von Carsten Becker vom Sportkurs in der Uni zu Gievenbeck gelotst wurde, brachte auch Moritz Bernhardt mit, der seine Sache beim 1:2 zum Saisonauftakt gegen BW Aasee ordentlich machte. Nun ist auch Bichler wieder aus dem Urlaub zurück und könnte am Sonntag ebenso auf dem Platz stehen wie Benjamin Dona. "Das ist allerdings noch mit Fragezeichen versehen", so Coach Füstmann. Noch ungewisser ist, wann Neville Egbe eingreifen kann. Der Torhüter mit der imposanten Statur ist noch nicht spielberechtigt, hat in Deutschland bisher noch nicht Fußball gespielt. Klar ist hingegen, dass Torhüter Lardi, obwohl seine im Spiel gegen BWA erlittene Oberschenkelverletzung wieder verheilt ist, am Sonntag nicht startet. Man wolle auch Alternativen prüfen, so Füstmann. 

Bis alle Spieler im Kader ausnahmslos zur Verfügung stehen, wird noch etwas Zeit vergehen, doch der Trainer ist zuversichtlich, gegen die ibbenbürener Spvgg wieder eine konkurrenzfähige Truppe aufbieten zu können. Viel zu verlieren hat er sowieso nicht, so sieht es auch der Sportliche Leiter: "Wenn wir absteigen, ist es das Normalste auf der Welt. Wenn es so ist, schlucken wir die Kröte." Bis dahin gehen jedoch noch einige Spieltage ins Münsterland. Mit Martin Zemlo bekommt Füstmann zudem noch einen Spielertrainer zur Seite gestellt, der die Mannschaft mit betreuen soll. "Der war zuletzt durch seine Hochzeit verhindert, aber jetzt kann er sich wieder um Wichtigeres kümmern", stellt Becker augenzwinkernd klar. Zum Beispiel Chefcoach Füstmann entlasten, damit dieser den 2. Spieltag tippen kann.

Borussia Münster - VfL Wolbeck (Samstag, 17 Uhr)
Unterschiedlicher als diese beiden Teams hätte man nicht in die Saison starten können. Der Aufsteiger Borussia zahlte beim Spitzenteam aus Burgsteinfurt Lehrgeld und unterlag 0:3. Wolbeck erledigte die weitaus dankbarere Aufgabe souverän: 2:0 stand es nach 90 Minuten daheim gegen Neuling SC Hörstel. Aufsteiger können sie offenbar beim VfL. Es bleibt die Frage offen, ob sie sie auch auswärts können.
Füstmann: 2:1
Heimspiel-Tipp: 2:1

1. FC Gievenbeck II - Ibbenbürener Spvg. 08 (Sonntag, 13 Uhr)
Nicht wenige, die die Geschehnisse um Gievenbeck II im Sommer beobachtet haben, vermuten die Zweitvertretung der 49ers in der Abschlusstabelle dieses Jahr unter dem Strich. Noch sind allerdings 29 Spieltage zu spielen. Mit der Spielvereinigung aus Ibbenbüren kommt eine schwere Aufgabe auf die Gievenbecker zu. 3:1 fegte die ISV am ersten Spieltag die Cheruskia aus Laggenbeck vom heimischen Platz. Nun drückt Ibbenbürens Trainer Heiko Becker vermutlich gerade die Daumen, dass kein Spieler der Erstvertretung aus der Westfalenliga den Kader des Gastgebers verstärken wird.
Füstmann: 2:1
Heimspiel-Tipp: 2:4

SC Greven 09 - BW Aasee (Sonntag, 15 Uhr)
Die Trikotnummer zwei trug am vergangenen Spieltag kein Spieler von BWA auf dem Rücken. Für das Match in Greven sollten die blau-weißen die Nummer vielleicht wieder aus dem Trikotkoffer kramen. Denn die Aaseestädter haben den Grevener vor dem Match vor allem hinsichtlich dieser Ziffer einiges voraus. Durch das 2:1 gegen Gievenbeck schossen Andre Kuhlmanns Jungs zwei Tore mehr als die Grevener und haben nun zwei Punkte mehr auf dem Konto als der SC, der gegen Recke "nur" 0:0 spielte. Was das über diese Partie aussagt? Vermutlich wenig. Es ist schließlich erst der zweite Spieltag...
Füstmann: 2:0
Heimspiel-Tipp: 3:2

Cheruskia Langgenbeck - SV Germania Hauenhorst (Sonntag, 15 Uhr)
Die Auftaktniederlage im Nachbarschaftsduell mit Ibbenbüren hat in Laggenbeck sicher niemanden erfreut, völlig überrascht hat sie jedoch wenige. Gegen Aufsteiger Hauenhorst sind schon eher Punkte eingeplant, um das Ziel Klassenerhalt zu schaffen. Einfach wird dies jedoch sicher nicht. Die Germania hatte in ihrem Auftaktmatch gegen Albachten gefühlt den Dreier schon eingefahren, ehe Sinan Nübel traf und für eine Punkteteilung sorgte.
Füstmann: 0:1
Heimspiel-Tipp: 2:2

SG Telgte - SV Burgsteinfurt (Sonntag, 15 Uhr)
Klare Kiste, könnte man meinen. Auf der einen Seite der SG Telgte, vergangene Saison dem Abstieg mit nur einem Punkt und dank der Hilfe des freiwilligen Absteigers aus Horstmar entronnen, auf der anderen Seite Burgsteinfurt, letztendlich nur durch die schlechtere Tordifferenz nicht aufgestiegen. Doch Telgte hielt beim Start gegen Wilmsberg lange Zeit gut mit, ging mit einem 1:1 in die Pause und steckte trotz des SVW-Doppelschlages auch in Halbzeit zwei nie auf. Burgsteinfurt, das die Pflichtaufgabe bei Borussia Münster souverän mit 3:0 gewann, dürfte also dennoch gewarnt sein.
Füstmann: 1:3
Heimspiel-Tipp: 1:4

Concordia Albachten - SV Wilmsberg (Sonntag, 15 Uhr)
Aufsteiger gegen Spitzenteam. Die Favoritenrolle scheint klar verteilt beim Bezirksliga Heimdebüt der Concordia gegen Wilmsberg. Ein munteres Spiel könnte es trotzdem werden. Denn nicht nur Wilmsberg geht nach dem 3:1 gegen Telgte mit Rückenwind in die Partie, auch Albachten durfte sich nach dem sehr späten Ausgleich bei Mitaufsteiger Hauenhorst als Sieger fühlen.
Füstmann: 1:1
Heimspiel-Tipp: 2:5

SC Hörstel - SpVg Emsdetten (Sonntag, 15 Uhr)
Eine wichtige Gelegenheit für beide Teams die Auftaktniederlagen vergessen zu machen. Emsdetten, in der Vorsaison Neunter, will nach der 1:4 zuhause gegen Wettringen nun eben auswärts die ersten Punkte einfahren. Dass das bei Aufsteigern, die ihr erstes Heimspiel austragen, oft keine ganz so leichte Sache ist, ist bekannt. Auch nicht, wenn diese  Hörstel heißen und ihre Premiere mit 0:2 in den Sand setzten.
Füstmann: 2:2
Heimspiel-Tipp: 0:1

Vorwärts Wettringen : TuS Recke (Sonntag, 15 Uhr)
Für Wettringen war der Name am ersten Spieltag Programm. Mit dem Kantersieg gegen Emsdetten setzte sich der Vorjahresdritte an die Tabellenspitze. Nun trifft das Team, das die meisten Tore am ersten Spieltag erzielte, auf eine Mannschaft aus Recke, deren Offensive derzeit noch stockt. Immerhin wurde gegen Greven die Null gehalten beim TuS. Wenn gegen die torhungrigen Wettringer mit Doppelpacker Kappellhoff-Rickert Selbiges gelänge, wäre Recke-Coach Marc Wiethölter sicherlich nicht unglücklich.
Füstmann: 1:2
Heimspiel-Tipp: 2:0