BW Aasee - Die Heimatlosen
von Christian Lehmann
(11.11.20) Zuhause ist's doch immer noch am schönsten. In Zeiten, in denen das Wetter schmuddeliger und die Möglichkeiten, sich draußen zu betätigen, geringer werden, ist das umso mehr der Fall. Bei Blau-Weiß Aasee war das mit dem Zuhause in dieser Spielzeit allerdings so eine Sache. Fünfmal musste die Mannschaft auswärts ran, ihre drei Heimspiele trug sie aufgrund der Baumaßnahmen am eigenen Kunstrasenplatz auf der Anlage von Grün-Weiß Marathon aus. Das ist einer der Gründe, warum der Tabellen-16. einen eher bescheidenen Saisonstart hingelegt hat und nur vier Zähler aus den ersten acht Partien holte (Torverhältnis 10:23).
"Wir haben völlig unter unseren Möglichkeiten gepunktet", findet Co-Trainer Tobias Steens. Er ist schon eine halbe Ewigkeit dabei und kann die Kader-Situation des Teams, das seit dem Bezirksliga-Aufstieg 2016 in der Tabelle jedes Jahr ein Stückchen tiefer gerutscht ist (5./11./12./15.16.), durchaus einordnen: "Wir haben einen Kader, wie wir ihn noch nie hatten. Da sind richtig gute Kicker dabei. Bei den Abschluss-Spielen im Training gucke ich mit Vergnügen zu. Ich glaube, dass Platz acht oder neun das Leistungsvermögen der Mannschaft durchaus wiederspiegeln würde."
Viele Torchancen, aber zu wenig Tore
Doch warum in Dreiteufelsnamen rufen es die Blau-Weißen nicht ab? Trainer Andre Kuhlmann sucht nach Ansätzen: "Wir haben bis auf ganz wenige Ausnahmen viele gute Spiele gezeigt. Wir schießen aber einfach zu wenig Tore. Was wir verballern, geht auf keine Kuhhaut." Insgesamt zehnmal hat BWA in dieser Saison gebutzt, selbst Schlusslicht SV Bösensell traf zweimal mehr.
Zwar hat das Team in dieser Spielzeit deutlich weniger Probleme mit Ausfällen und Verletzungen als noch in der vergangenen, dafür fehlten jedoch meist die Schlüsselspieler. Kapitän Tim Knabbe oder Sargon Chabo sind ebenso wie Peter Ciuraj schwer zu ersetzen, außerdem gab es nach der Roten Karte gegen Leon Berkemeyer am 1. Spieltag Probleme auf der Torhüter-Position. Weil Vertreter Eike Remmert verletzt fehlte, musste zuletzt Hendrik Moß, Schnapper der Zweiten, zwischen die Pfosten. "Auch wenn Hendrik es richtig gut gemacht hat, uns hat einfach ein konstanter Rückhalt gefehlt", so Kuhlmann.
Die Identität fehlt
"Es war ein super schweres halbes Jahr", sagt der Coach zudem mit Blick auf die komplizierte Platz-Situation. Inzwischen ist das nigelnagelneue Kunstgrün an der Bonhoefferstraße verlegt, der häufig als "Tennisplatz" verspottete Untergrund Geschichte. In den vergangenen Monaten konnte die Truppe wegen des Umbaus allerdings nur zweimal wöchentlich auf der Anlage von GW Marathon im Wienburgpark trainieren, in den Wochen vor dem Sport-Lockdown ging's sogar auf Asche an der Sentruper Höhe... "Dafür, dass Marathon uns den Platz zur Verfügung gestellt hat, können wir uns nur bedanken. Der war immer gut gepflegt", betont der Übungsleiter. "Trotzdem ist es schwierig. Du hast kein wirkliches Zuhause, da fehlt schon ein wenig die Identität." Abteilungsleiter Jan Baumbach stimmt dem zu: "Ja, das war vom Timing her sicherlich nicht ganz glücklich. Wir sind immer hin- und hergefahren und haben dort keine richtige Heimat gefunden. Ich will den Faktor nicht zu hoch hängen, aber es spielt schon damit rein, wenn wir unsere bisherige Saison betrachten."
Diese Baustelle ist nun im wahrsten Sinne des Wortes geschlossen. Bleibt die Frage, ob BWA in diesem Winter noch Verstärkungen holen muss, um die Klasse zu halten. Kuhlmann weiß, dass es eigentlich mal wieder nur über zugelaufene Studenten geht, und die sind in Zeiten von Online-Vorlesungen und leeren Hörsälen aktuell nicht zu erwarten. "Für alle Vereine, die wie wir kein Geld in die Hand nehmen, ist es in dieser Liga schwer. Hätten wir diese Möglichkeiten, würden wir es wahrscheinlich nicht anders machen. Dass wir nur auf Platz 16 stehen, hat aber damit gar nichts zu tun."
Ein Knipser wäre nicht schlecht
Im vergangenen Winter hatte das Team noch so ziemlich jeden Spieler beim Training reinschnuppern lassen. Diesmal nicht, denn der Kader ist stark genug. Mit einer Ausnahme: "Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann würde ich einen Mittelstürmer nehmen, der zehn bis fünfzehn Tore pro Saison garantiert", verrät uns Kuhlmann. Sein bester "Torjäger" bisher ist Johannes Buchbinder mit zwei Treffern.
Doch selbst, wenn der heilsbringende Knipser nicht unterm Weihnachtsbaum liegen sollte, ist man in Münsters Südwesten nicht bange: "Wir haben eine super geile Mannschaft, die das Zeug hat, in der Bezirksliga mitzukicken", findet Jan Baumbach. "Wir müssen einfach mehr Konstanz reinbringen. Es ist eine ganz schwierige Situation, aber es gibt gar nicht so viele Punkte, die verbessert werden müssen", betont Steens. Kuhlmann sieht's ähnlich. "Wir haben gegen viele Teams von oben bereits gespielt. Wenn nach der Hinrunde abgerechnet werden sollte, müssen wir uns dessen bewusst sein, dass uns neun Spieltage Abstiegskampf pur mit vielen Sechs-Punkte-Duellen erwarten..."