Bezirksliga 12
Oft nah dran - und doch unten drin
von Christian Lehmann
(08.12.20) Der Blick auf die nackten Zahlen ist frustrierend: Nur einen Sieg und ein Remis hat Grün-Weiß Gelmer nach acht Bezirksliga-Spieltagen auf dem Konto. Acht Treffer erzielte die Mannschaft dabei bisher insgesamt - einzig der SV Mesum II hat ein Tor weniger geschossen als der Aufsteiger, der in der Vorsaison noch 55 Mal in 19 A-Liga-Spielen genetzt hat. Von Pessimismus oder gar Resignation ist in der Hakenesheide allerdings nichts zu spüren.
"Wir haben sicherlich ein wenig Lehrgeld bezahlt und in vielen Spielen knapp und unglücklich verloren. Wir haben aber viele sehr gute Fußballer im Kader. Ich gehe davon aus, dass die Mannschaft stark genug ist, um die Klasse zu halten", sagt Gelmers Vorsitzender Frank Hemesath. Weil dessen Sohn Steffen selbst in der ersten Mannschaft spielt und "es immer blöd ist, wenn der Alte was sagt", haben wir auch den Filius gefragt, wie er die bisherige Spielzeit erlebt hat. "Heme" zählt neben Keeper Marcel Schmidt, Steffen Koch oder Thorsten Schürmann zu den Führungsspielern im Team, außerdem hat er mit zwei Treffern die meisten Tore aller Spieler auf dem Konto - hierzu aber später mehr...
Erfahrung und Qualität sind vorhanden
"Eigentlich passt nur die Punkte-Ausbeute nicht. Genug Erfahrung und Qualität haben wir", findet der Mittelfeldspieler und denkt dabei etwa an früher höherklassig aktive Kicker wie Niklaas Houghton, Timo Twachtmann, Mark Behling oder Isse Sander. Dass sie über die nötige Bezirksliga-Reife verfügen, haben die Gelmeraner vor allem in den Spielen gegen Topteams wie den SV Burgsteinfurt (0:2), Greven 09 (2:2) und die Ibbenbürener SpVgg (2:1) eindrucksvoll gezeigt. Es gab aber eben auch Pleiten gegen Cheruskia Laggenbeck (0:1), Concordia Albachten (0:1) oder den SC Hörstel (1:2) - allesamt Teams, mit denen man sich zumindest auf Augenhöhe wähnt. "Gegen die Teams von oben ist es leicht, da erwartet kaum einer was", meint Steffen Hemesath. "Wenn wir das Spiel machen mussten, ist uns das schon schwerer gefallen." Das muss sich ändern: "Die Top Fünf sind spielerisch besser als wir, da müssen wir nicht drum herumreden. Gegen alle anderen können wir aber bestehen."
Sein Trainer Simo Sroub ist da nicht anderer Meinung. Er sagt: "Wir hätten mindestens fünf Punkte mehr holen müssen." Nur bei der 1:4-Auswärtspleite gegen den Borghorster FC habe er sein Team klar und verdient unterlegen gesehen, in allen anderen Partien nicht. Das Hauptproblem aus seiner Sicht: "Der Fitness-Zustand der Mannschaft war zu Saisonbeginn nicht gut." Weil die Vorbereitung nicht rund lief, schickte Sroub in den ersten Saisonspielen entgegen seines Trainer-Naturells eine sehr defensiv ausgerichtete Elf im 5-3-2-System aufs Feld - und die schlug sich durchaus achtbar. "Ich würde lieber offensiv aufstellen, aber das war da noch nicht möglich. Die Mannschaft hat sich dann schnell gefangen, wir waren im Rhytmus", erinnert sich der Übungsleiter. "Da haben wir gesehen, dass wir nicht nur mithalten, sondern auch Spiele gestalten können."
Niklaas Houghton trifft plötzlich nicht mehr
Bis in den gegnerischen Sechzehner sieht das Gelmeraner Spiel meist gar nicht so schlecht aus - der eiskalte Vollstrecker fehlt derzeit jedoch. Und das, obwohl Niklaas Houghton in fast jedem Spiel an Bord war. Der erfahrene Stürmer schoss in der vergangenen Spielzeit die meisten Tore in der Kreisliga A1 Münster - 23 waren es in 19 Partien. Bisher hat er erst einen Treffer auf dem Konto - "Toptorjäger" ist somit der meist mit Defensiv-Aufgaben betraute Hemesath (zwei Hütten). "Er spielt momentan weit unter seiner Form", sagt auch Gelmers Sportlicher Leiter Paul Kuhsträter, der den früheren Kapitän und Aufstiegshelden des SC Greven 09 im Jahr 2018 von BG Gimbte nach Gelmer holte. "Wenn er nur halbwegs die Form der vergangenen zwei Jahre hätte, dann hätten wir jetzt sechs Punkte mehr auf dem Konto."
Nur an der Tor-Krise des "Neuners" will Kuhsträter die maue Punkausbeute aber nicht ausmachen. Nach dem Abgang von Oliver Ritz im letzten Sommer fehlen dem Stürmer auch dessen Zuspiele. "Olli fehlt immer, er ist so ein genialer Fußballer...", meint der Sportliche Leiter. Ein ähnlich kreativer Freigeist ist Timo Twachtmann, doch auch der kam verletzungsbedingt noch nicht wie gewünscht zur Geltung. Den klassischen Zehner gibt es bei GWG in dieser Saison allerdings ohnehin nicht mehr wirklich. Während Twachtmann eher hängende Spitze ist, teilen sich Steffen Koch, Thorsten Schürmann und Hemesath im Mittelfeldzentrum den kreativen Part.
Zwei Youngster überragen
Zu Gelmers stärksten Spielern in der bisherigen Saison zählt ganz sicher Rechtsverteidiger Paul Renfert-Deitermann. Der Youngster, der vor rund einem Jahr vom SC Greven 09 kam, hat sich ebenso gute Noten verdient wie Yannick Lause, der wie Hemesath und Keeper Schmidt die volle Einsatzzeit mitnahm. Für ihn hat Kuhsträter nur lobende Worte übrig: "Ich habe von Yannick noch kein schlechtes oder mittelmäßiges Spiel gesehen..."
Für die kommenden Aufgaben - gut möglich, dass es nur noch neun sind - fordert Kuhsträter vor allem in den Duellen gegen die direkte Konkurrenz absolute Hingabe: "Wir müssen jedes Spiel angehen, als wenn es das letzte wäre." Weil er und auch Sroub wissen, dass der Kader auf Kante genäht ist, könnte in diesem Winter personell noch etwas gehen. "Ich habe zwei Namen auf dem Zettel, aber die muss ich noch geheim halten", sagt der Trainer. Sroub hatte bekanntlich ursprünglich nur für ein halbes Jahr seine Zusage gegeben, sich aber auf Bitten des Vereins doch dazu bereit erklärt, nach dem unerwarteten Ausstieg von Hendrik Arenskötter im Sommer die Saison komplett durchzuziehen. Ob er noch einmal ein Jährchen dranhängt und die Mannschaft auch in der Saison 2021/22 betreut, soll sich im Laufe des nächsten Monats entscheiden, hofft Kuhsträter.