 |
SC Greven 09 - Ballbesitz ist die beste Verteidigung
von Christian Lehmann
(05.11.20) Mit einer Favoritenrolle ist das ja so eine Sache. Die einen kommen gut damit klar, die anderen eher weniger. Der SC Greven 09 hat die ihm von allen Seiten zugedachte Rolle angenommen und die Erwartungen bisher nicht enttäuscht. Nach sechs Siegen und zwei Remis aus acht Spielen führt die Mannschaft von Trainer Mirsad Celebic die Bezirksliga-Tabelle mit 20 Punkten an und stellt bei einer Tordifferenz von 19:5 auch die beste Abwehr der Liga.
Die Gründe für den tollen Start sind vielfältig. Ganz sicher geholfen hat dem Team aber vor allem eine Initialzündung nach der Corona-Pause im Sommer: Die Saison hatte noch nicht einmal richtig begonnen, da erlebte sie nämlich aus Nullneun-Sicht schon ihr ganz großes Highlight. Der 4:2-Endspielsieg im Kreispokal gegen den Westfalenligisten Westfalia Kinderhaus war eine Sternstunde für den gesamten Verein. "Ich glaube, dieses Spiel wird kaum jemand in Greven jemals vergessen. Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke", sagt der Coach. Er ist sich sicher: Dieser Triumph hat dem Team einen riesigen Schub für die Meisterschaft gegeben.
Holpriger Ligastart
Im Saison-Auftaktspiel gegen Emsdetten 05 brauchte die Celebic-Elf allerdings auch ziemlich viel Dusel, um trotz mäßiger Leistung drei Punkte in der Schöneflieth zu behalten. "Da hat bei uns gar nichts gepasst, aber Gott war auf unserer Seite", meint der Übungsleiter. Auch beim SV Bösensell (2:0) und gegen Arminia Ibbenbüren (3:1) brillierte Nullneun nicht, aber die Mannschaft holte die Punkte - während andere patzten. Mit jedem Spiel stieg das Vertrauen in die eigene Leistung - und die Spielidee Celebics. Während unter dessen Vorgänger Andreas Sommer aggressives Offensivpressing und schnelles Umschalten angesagt waren, liebt der neue Coach den Ballbesitz, lässt in Ruhe aufbauen und in die Breite spielen. Mit großem Erfolg: Greven spielt dominant und steht hinten sicher, insgesamt fünfmal behielt Torhüter Luca Dömer eine weiße Weste. Stark!
Spieler Emre Kücükosman ist inzwischen schon seit vielen Jahren dabei, im Vergleich zu den vergangenen Spielzeiten hat der Mittelfeld-Edeltechniker einen entscheidenden Unterschied ausgemacht: "Wir sind in der Breite inzwischen deutlich besser besetzt. Früher hatten wir 13, 14 Mann auf einem richtig guten Bezirksliga-Niveau. Wenn da mal einer ausgefallen ist oder eine schlechte Tagesform hatte, mussten wir damit leben. Jetzt können wir reagieren, wenn es nicht läuft." Recht hat er. Das muss ganz schön frustrierend sein, wenn Du gegen Nullneun ein richtig gutes Spiel lieferst und der Gegner dann in der 70. Minute zum Beispiel Patrick Fechtel und Bernd Lakenbrink einwechselt...
Viel Offensiv-Qualität
Keine Frage: Der Kader ist schon jetzt absolut Landesliga-tauglich. Im Sommer war das ohnehin hochkarätig besetzte Team noch einmal massiv verstärkt worden, mit Mike Liszka und Daniel Golparvari kamen zwei Spieler aus Albachten, die den Unterschied machen können. Liszka, Peter und Bernd Lakenbrink, Patrick Fechtel und Nic Kriwet (fehlt derzeit verletzt) vorne drin, Golparvari, Mo Seye und Kücükosman im Mittelfeld-Zentrum? Das klingt extrem offensiv. Dem Trainer ist es aber gelungen, seinen Hochbegabten auch in der Rückwärtsbewegung Beine zu machen. "Ich brauche auf dem Platz elf Leute, die gegen den Ball arbeiten. Das versuche ich auch, Mike Liszka und Patrick Fechtel beizubringen", sagt der Nullneun-Coach mit einem Schmunzeln. "Unsere Viererkette stand eigentlich immer gut, ist aber auch auf die Unterstützung der anderen angewiesen."
Dirigiert wird die Abwehr von Kapitän Felix Krasebrink (Celebic: "Ein absoluter Glücksgriff"), an der Seite des Ex-Gievenbeckers blüht der vor eineinhalb Jahren von Blau-Weiß Greven gekommene Jonas Averbeck, im Team nur "Bauer" genannt, extrem auf. "Die beiden bilden ein super Paar, Bauer lernt von Tag zu Tag mehr dazu", lobt der Coach. Rechts in der Kette ist in der Regel Philipp Kraus gesetzt, links hat sich zuletzt Denis Qoraj, Neuzugang vom VfL Ladbergen, in die erste Elf gespielt. Auch Simon Richter, der ebenso aus der B-Liga kam und bisher noch auf den Durchbruch wartet, ist nah dran. "Dass Mike Liszka sofort eine riesen Verstärkung sein würde, war uns von vornherein klar. Aber auch die anderen haben sich super entwickelt", findet der Sportliche Leiter Harald Peppenhorst.
 |
"Faustpfand" aus der Jugend
Dass nicht nur die großen Namen den SC Greven 09 derzeit so stark machen, zeigten auch die letzten beiden Spiele vor der Spielpause, in denen sich die U19-Spieler Linus Wolberg und Jeremy Bohmert in den Fokus spielten. Nullneun hat in den vergangenen Jahren exzellente Arbeit im Jugendbereich geleistet, der Jahrgang des genannten Duos hat den Verein in der C- und B-Jugend in die Landesliga hochgeschossen, die A-Jugend ist nach dem Bezirksliga-Aufstieg im Sommer wieder ganz oben mit dabei. Das gab es noch nie in der Schöneflieth. "Das sind Spieler, die einen besonderen Bezug zum Verein haben", sagt Abteilungsleiter Frank Blom über FSJler Bohmert und Jugendtrainer Wolberg. "Es ist sehr schön, diese Entwicklung zu sehen." Peppenhorst ergänzt: "Ich bin für die Zukunft nicht bange. In unserer Jugend steckt reichlich Potenzial. Das ist unser Faustpfand."
Dass Celebic auch in der kommenden Saison Trainer bleibt und die Entwicklung weiter mit anschiebt, gilt als wahrscheinlich. Vermutlich im Dezember werden sich Trainer und Verein zusammensetzen, Peppenhorst ist jedenfalls optimistisch, dass man sich schnell einig wird. "Wir haben immer gesagt, dass wir nicht in jedem Jahr den Trainer wechseln wollen. Die Tendenz spricht dafür, dass wir den Weg gemeinsam weiter gehen. Wir müssen aber natürlich gucken, wie Mirsad darüber denkt."
Wollen ja, müssen nein
Dass der Weg langfristig in die Landesliga führen soll, daraus macht Peppenhorst keinen Hehl. "Wir wissen, dass die Mannschaft eine hohe Qualität hat. Wir müssen nicht unbedingt in die Landesliga, aber wir würden gerne." Abteilungsleiter Frank Blom sieht das genauso: "Die Entwicklung zeigt ja, dass die Mannschaft schon in der vergangenen Saison auf dem richtigen Weg war. Wenn man da schon fast ganz oben stand und keine großen Abgänge verzeichnet, muss man sich das gefallen lassen, dass alle einen als Favoriten sehen. Die ersten Spiele haben aber auch gezeigt, dass wir nicht über allem thronen. Es gab auch enge Spiele, die Spitze ist dicht beieinander. Es gibt viele, die um den Titel mitspielen wollen."
Der Weg dorthin führt aber wohl nur über den Tabellenführer, meint auch Emre Kücükosman: "Wir haben in den vergangenen Jahren immer mal Punkte liegen lassen, weil sich einer auf den anderen verlassen hat. Jetzt ist jeder bereit, ein bisschen mehr zu laufen als notwendig und Verantwortung zu übernehmen. Wenn wir unsere Topleistung in jedem Spiel abrufen, glaube ich nicht, dass uns jemand Steine in den Weg legen kann."
