Wilde Nabil Charif-Show auf dem Berg

Von Christian Lehmann

(20.09.20) 25 Minuten waren auf dem Kahlen Berg in Tecklenburg gespielt, da schauten sich Spieler, Trainer und Verantwortliche des TuS Graf Kobbo fassungslos an. Mit einer Vier-Tore-Show hatte bis hierhin SuS Neuenkirchens Nabil Charif den amtierenden Spitzenreiter gedemütigt. Weil sich die Kobbos anschließend offenbar nicht den FC Schalke 04 zum Vorbild nahmen und den Charaktertest bestanden, sahen 280 Zuschauer eine unfassbar unterhaltsame Partie. Die Entscheidung zum 3:5 (1:4)-Endstand fiel in der siebten (!!!) Minute der Nachspielzeit.

"Nach dem Schlusspfiff sind mit einige Steine vom Herzen gefallen. Wir haben uns vielleicht ein wenig zu früh gefreut und am Ende mit Mann und Maus verteidigt", meinte Neuenkirchens erleichterter Coach Kevin Dumpe nach dem Spiel. "In der ersten Halbzeit haben wir super gestanden, immer wieder gute Ballgewinne gehabt und herausragend nach vorn gespielt."

Beim jüngsten Liga-Auftritt der Kobbos in Hauenhorst hatten einige Neuenkirchener den Gegner unter die Lupe genommen und festgestellt, dass mit Zuspielen in die Tiefe hinter die Kette etwas geht. Erschwerend kam für die Hausherren hinzu, dass Linksverteidiger Luca Mentrup aus privaten Gründen passen musste und gleich mehrere Spieler nach dem Pokalfight in Laggenbeck unter der Woche angeschlagen ins Spiel gehen mussten. Nach nahezu identischem Muster und Angiffen über die rechte Seite schloss Charif unerbittlich und zielgenau ab - es war vermutlich der schnellste Viererpack in der Bezirksliga 12-Geschichte. "Die Dinger macht er gut weg, aber es war nicht so, dass wir im Vorfeld nicht vor seiner Abschluss-Stärke gewarnt hätten", meinte Kobbo-Spielertrainer Julian Lüttmann nach dem Spiel.

Nachdem Mergim Selimi verkürzt und Lüttmann gemeinsam mit seinem Coaching-Kollegen Klaus Bienemann in der Kabine die Charakterfrage gestellt hatte, zeigten die Kobbos, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Aytac Kara traf per Strafstoß nach Foul von Pascal Karperien zum 2:4 (50.), wenig später stand er erneut am Punkt. Das Foulspiel von Timo Deiters war unstrittig, die Neuenkirchener hatten jedoch zuvor ein Foulspiel von Lüttmann an Marius Heckmann reklamiert. Sei's drum: Kara verschoss, den Rebound schnappte sich Tugay Gündogan, der zu Yuri Schwarz querlegte (3:4/62.) - und plötzlich war die Nummer wieder komplett offen. "Wir hatten das Momentum auf unserer Seite", so Lüttmann, dessen Team jedoch nicht mehr zum Ausgleich kam. Stattdessen veredelte Andre Hölscher eine Flanke von Timo Hölscher zum 3:5-Endstand (90.+7). Zuvor hatte TGK-Keeper Lukas Schell noch einen Elfmeter entschärft (90.+2) - gegen Nabil Charif. Alles klappte eben nicht beim Mann des Tages. 

"Das 0:4 war für uns das Todesurteil", resümierte Lüttmann nach der ersten Niederlage in einem Ligaspiel seit knapp einem Jahr. "Wir hatten unnötige Ballverluste und eine sehr schlechte Aufteilung in der Abwehr. Danach kann man sich seinem Schicksal ergeben oder eben nicht. Ich ziehe den Hut davor, welche Moral die Mannschaft gezeigt hat, auch wenn wir uns dafür nichts kaufen können."

TGK Tecklenburg - SuS Neuenkirchen II     3:5 (1:4)
0:1 Charif (1.), 0:2 Charif (7.),
0:3 Charif (21.), 0:4 Charif (25.),
1:4 Selimi (30.), 2:4 Kara (50./FE),
3:4 Schwartz (62.), 3:5 Hölscher (90.+7)
Bes. Vork.: Fiedler (SuS) parierte FE gegen Kara (62.)
Bes. Vork.: Schell (TGK) pariert FE gegen Charif (90.+2)