SVG: Erst grandios, dann grauenvoll
von Fabian Renger
(18.10.15) Auf den Jacken von Germania Hauenhorst prangert in großen Lettern die Werbung für eine Homepage namens „torjubel-trainieren.de“. Und in der ersten Hälfte gegen den SV Bökendorf hätten die Spielerinnen von Anja Siegers genügend Gründe gehabt, ihre eingeübten Torjubel den trotz widriger äußerer Bedingungen erschienenen Zuschauer zu präsentieren. Denn die Waldpark-Kickerinnen erspielten sich massig Hochkaräter und trafen auch bis zur Pause zweimal. Doch ein Spiel dauert – sorry – bekanntlich 90 Minuten und im zweiten Durchgang ließ die Germania dem Gast aus dem Kreis Höxter viel zu sehr ins Spiel kommen. Das Ende vom Lied: Am Ende trennten sich beide Teams im Spitzenspiel der Westfalenliga 2:2.
„Zum zweiten Mal war ich richtig zufrieden in dieser Saison“, hatte Siegers besonders über die ersten 45 Minuten eine eindeutige Meinung. Und schon nach zwei Minuten ballte sie die Faust zum ersten Mal. Melanie Reinhold fasste sich aus gut 18 Metern ein Herz und versenkte die Kugel ins rechte untere Eck zum frühen 1:0. Der Gast, immerhin auf dem zweiten Rang platziert vor dem Anpfiff, war sichtlich geschockt und die Siegers-Frauen spielten munter nach vorne.
Erster Durchgang stimmt Siegers richtig zufrieden
Die bärenstarke Hintermannschaft, besonders in Person von Denise Wacker und Marie Gosewinkel, räumte alles ab und Bökendorf kam zu kaum einer nennenswerten Tor-Möglichkeit. Mal abgesehen von einem eher halbgaren Schuss von Svenja Lessmann und einer Aktion von Christina Drewitz aus dem Getümmel heraus im Anschluss an eine Ecke blieb die eigentlich gefährliche Offensive blass.
Auf Hauenhorster Seite gab's viel zu notieren. Nach 14 Minuten trennte der SVB Nicole Schampera in letzter Sekunde vom Ball, vorher hatten die auffällige Kim Wolters und die Kapitänin Reinhold sie schön freigespielt. Kurz darauf segelte eine Stella Ewering-Flanke durch den gesamten Gäste-Strafraum genau vor die Füße von Reinhold am linken Ecke, eine Bökendorferin nahm die Hand zur Hilfe. Ein klarer Handelfmeter, den Nicole Schampera zum 2:0 verwandelte (29.).
Hauenhorst reichte das noch lange nicht und betrieb weiter einen Wahnsinnsaufwand. Eigentlich hätten die Gastgeberinnen noch einen weiteren Strafstoß bekommen müssen, als Lena Gosewinkel gefällt wurde. Die Pfeife des Unparteiischen blieb nach 29 Minuten allerdings stumm. Trotzdem: Das Offensiv-Spektakel nahm absurde Ausmaße an. Mehrmals probierten es die Germaninnen aus der zweiten Reihe, einmal scheiterte Lena Gosewinkel nach feiner Kombination am rechten Lattenkreuz, kurz vor dem Halbzeitpfiff schickte Reinhold dann Schampera. Erst konnte Gäste-Schnapperin Chantal Wozinitza die Kirsche noch erfolgreich abwehren, Lena Gosewinkel rutsche beim Nachschuss aber unglücklich weg. „Das war eine grandiose erste Halbzeit“, resümierte Siegers dennoch.
Komplett anderes Spiel nach Wiederanpfiff
Was sich dann nach Wiederanpfiff abspielte schmeckte ihr aber nicht mehr. Sie hatte ihre Akteurinnen noch gewarnt, dass Bökendorf 90 Minuten Powerfußball spielen kann. Gebracht hat's nichts, denn der Gäste-Express nahm im zweiten Abschnitt an Fahrt auf. Siegers sah mit an, wie Bökendorf sich ein klares Mittelfeld-Übergewicht erspielte und das Zepter mehr und mehr übernahm. Nach 67 Minuten vertendelte Heim-Keeperin Kira Fröbrich die Kugel, als Carla Oelmann 11 Meter alleine vor ihr erschien. Oelmann brachte aber das Kunststück fertig und semmelte das Spielgerät über den leeren Kasten. „Nicht diskutieren, Fußball spielen“, rief Siegers folglich aufs Spielfeld. Doch Germania spielte einfach nicht mehr.
Oelmann erwischte Fröbrich in der 72. Minute aus abseitsverdächtiger Position eiskalt – der 2:1-Anschluss war geschafft. Drei Minuten drauf legte sie quer auf Yvonne Hansmeier, aber Marie Gosewinkel rettete im letzten Moment zur Ecke. In der 77. Minute krönten sich die aufopferungsvoll kämpfenden Gäste-Spielerinnen doch noch. Nach Vorarbeit von Rike Tolckmitt tunnelte Oelmann Fröbrich – 2:2. Auch wenn Gäste-Coach Sven Schmidt dann forderte, das Ding sich noch richtig zu holen, blieb es dabei. Schlussendlich eine verdiente Punkteteilung. "Vielleicht auch ganz gut, mal zwei Punkte zu verschenken. Dann sieht meine Elf, dass wir noch weiter arbeiten müssen“, war Siegers letztlich nicht komplett unglücklich über den Spielverlauf.
Germania Hauenhorst - SV Bökendorf 2:2 (2:0)
1:0 Reinhold (2.), 2:0 Schampera (22.)
2:1 Oelmann (72.), 2:2 Oelmann (77.)