Landesliga 4
Viktoria Heiden: Das L steht für langfristig
von Fabian Renger
(14.04.20) Michael Hellekamp war als Spieler im Zentrum des Mittelfelds beheimatet. "Wenn die Bälle über mich hergeflogen sind, dann mochte ich das nicht", ist er seitdem Fan von eigenem Ballbesitz. 45 Jahre jung ist er inzwischen, bis zum Ablauf der aktuell unterbrochenen Spielzeit noch Coach des SV Lippramsdorf (Bezirksliga 11), wo er seit 2016 tätig ist. Danach schlägt er seine Zelte bei Viktoria Heiden auf. Dort freut man sich schon auf ihn und verbindet eine große Hoffnung aufgrund seiner Vita - allerdings muss er auch auf ein prominenten Stürmer verzichten.
Die beiden vergangenen Trainerehen in Heiden sind jeweils aufgrund privater Verpflichtungen der Coaches schnell in die Brüche gegangen. Asmir Sekic kam im vorigen Sommer als Trainer vom A-Ligisten VfL Ramsdorf - und hört nun schon wieder auf. Vor ihm war Thomas Benning Cheftrainer. Auch der war nur rund eineinhalb Jahre da. Ein Schleudersitz? Mitnichten! Eigentlich ist das gar nicht der Plan der Viktoria. Mittel- oder langfristige Bindungen sind vorgesehen. Längere Verweildauern haben eigentlich fast schon Tradition: Bennings Vorgänger Harald Katermann war fünf Jahre an Bord, sein direkter Vorgänger war Uwe Heller. Der coachte den Verein immerhin sieben Jahre: Von 2005 bis 2012. Das ist auch weiterhin das Vereinscredo.
Heller forciert den Umbruch
"In Heiden haut man ja nicht so schnell ab", sagt Heller. Er weiß, wovon er spricht. Mittlerweile ist er zurück. Nach dem Abstieg aus der Westfalenliga 2017 war Arbeit satt vorhanden beim Club aus Borken. "Ich wollte eigentlich gar nichts mehr machen - aber das klappt dann meistens ja nicht", sagt Heller über seine Rückkehr und lacht. Erst trainierte er die A-Jugend, seit 2018 die Reserve, obendrein übernahm er im Laufe der Zeit die sportliche Leitung. "Um einen gewissen Umbruch im Verein mitzubegleiten", erklärt er, der selbst sehr fleißig war: Die A-Jugend wurde unter ihm aufgeforstet, eine Spielgemeinschaft verhindert. Vor zwei Jahren übernahm er dann den Unterbau. "Nach der Zeit in der Westfalenliga musste man doch etwas tun", sagt er. Vieles unter der Ersten lag brach.
Nun ist es an ihm, sukzessive wieder etwas aufzubauen. Mit Hellekamp soll es nun klappen. Der ist nämlich passenderweise ein Mann für was Festes. Vor den vier Jahren in Lippramsdorf war er sieben Jahre lang Übungsleiter von RW Deuten. Dorthin kam er als Spieler. Im zweiten Jahr wollten die Rot-Weißen den damaligen Coach nicht mehr, Hellekamp wurde gefragt. Er sagte zu. "Eigentlich wollte ich nie Trainer werden - und schon gar kein Spielertrainer", schaut er zurück. "Ich habe immer schon den Anspruch: Bevor ich den anderen Jungs was sage, packe ich mir sebst an die eigene Nase. Das ist mir schwer gefallen." Also sattelte er flugs um und machte irgendwann nur noch den Boss am Rand.
Vorzuweisen hat er ordentlich was. Geflemmt hat er beim TuB Bocholt und 1. FC Bocholt, dabei sogar mal Regionalliga-Luft (damals drittklassig) geschnuppert. Sein Ansinnen seither: Vernünftiger Fußball, lieber mal den Ball halten und nicht lang schlagen. Man könnte jetzt sagen: Gepflegtes Kurzpassspiel und das Kreieren von Chancen. Doch von solchen Floskeln hält er selbst nichts.
Mit dem Kader Heidens ist er rundherum zufrieden. "Wir sind eigentlich gut aufgestellt und haben eine gute Mischung gefunden.", findet er. "Vom Charakter her haben wir eine gute Gemeinschaft." Erfahrene, gestandene Spieler stehen jungen, hungrigen gegenüber. Heller kommt auf insgesamt 25 Mann. 22 Feldspieler plus drei Schnapper. "Es sollte eigentlich klappen, dass wir sowohl von der Qualität als auch von der Quantität klarkommen", sagt der Sportchef. Abgänge gibt es so gut wie keine zu verzeichnen.
Fünf Neue - nur Markus Seyer hört auf
Der Kader bleibt weitestgehend zusammen. Und die nicht immer so üppige Personaldecke wurde aufgestockt: Lukas Nolte und Nico Mueller kommen aus Deuten. Nolte ist offensiv unversival einsetzbar, ob als Zehner oder auf den Außen. Mueller ist laufstarker Außenverteidiger mit Pferdelunge. Vom SC Reken kehrt der Ur-Heidener Bastian Ebber heim, aus Westfalia Gemens A-Jugend kommen Schnapper Jamil Hamid (auch als Feldspieler aktiv) und Adrian Junker. Nur den Namen Seyer muss man künftig vergeblich suchen.
Früher waren es drei. Zu Hellers Zeiten. "Die nächste Saison ist die erste seit ganz langer Zeit ohne Seyer. Das sind alles charakterlich einwandfreie Leute, die jederzeit für Viktoria Heiden zur Verfügung stehen", sagt er. Roman Seyer war lange Jahre Spielführer, dann gibt es dessen Bruder Daniel "Shorty" - übrigens auch zwischenzeitlich Kapitän - und letzter verbliebener seyerscher Aktiver ist Sturmbomber Markus. Heller trainierte alle. Mit 32 Jahren hört nun aber nun auch die Erscheinung (Props an den Kollegen Markus Ilgen von der Borkener Zeitung!) Markus Seyer auf. "Er hat das Alter, hatte mehrere Knie-OP's, er baut jetzt...irgendwann ist einfach Schluss", weiß Heller. Gespielt hat Angreifer Seyer übrigens noch nie anderswo. Aus Heiden, das wissen wir ja, haut man halt nicht einfach so ab.