Borussia verzweifelt am Fußballgott
Von Jakob Schulze Pals
(07.11.21) Wenn der Trainer der besiegten Mannschaft nach dem Spiel davon spricht, dass die vorangegangenen 90 Minuten richtig Spaß gemacht hätten, dann muss etwas passiert sein, das eigentlich nicht so richtig zu erklären ist. Doch die Aussage von Yannick Bauer, Übungsleiter von Borussia Münster, überraschte nach der 1:2 (1:1)-Heimniederlage im Kellerduell gegen Viktoria Heiden keineswegs. Denn der Spielverlauf und das Resultat hatten nicht wirklich viel miteinander zu tun.
Die Vorzeichen dieser Partie waren klar, sowohl die Borussia als auch Heiden stecken im rauen unteren Tabellendrittel der Liga. Ein Sieg war auf beiden Seiten also erwünscht. Klar war vorher auch, wie beide Teams diese Aufgabe angehen würden. Heiden präsentierte sich in Münster gewohnt bieder und destruktiv, verlegte sich auf fußballerische Drecksarbeit und interpretierte Fußball als reinen Ergebnissport. Die Gastgeber dagegen – stets daran interessiert, dem Kampf um das runde Leder eine gewisse Ästhetik zu verleihen – übernahmen von Beginn an die Initiative.
Borussia spielt Fußball, Heiden schießt Tore
So bot sich den rund 100 Zuschauern über die nahezu komplette Spielzeit ein ähnliches Bild. Borussia agierte, Heiden reagierte. Zwar fehlten zu Beginn des Spiels die echten Torchancen, trotzdem waren die Hausherren dominant und bestimmten das Geschehen auf dem Rasen. Blöd nur, dass Heiden gar keine Chancen braucht, um Tore zu erzielen. Nach einem leichten Ballverlust war Borussia hinten unsortiert, Timo Gremme wurde freigespielt und traf zur Führung für die Viktoria. Kurios: Gremme traf den Ball gar nicht richtig, erst dadurch wurde der Abschluss für Borussia-Keeper Phillip Oluts unhaltbar.
An den Kräfteverhältnissen dieser Partie änderte das Tor ohnehin wenig, Borussia blieb der Herr im Haus und wusste die Gäste in ihrer Kacktorigkeit sogar zu übertreffen. Einen eigentlich harmlosen Freistoß von Steffen Menke konnte Heidens Schlussmann Tobias Terlau nicht fangen und legte sich das Leder zum folgerichtigen Ausgleich selbst ins Netz – 1:1. Mit dem Unentschieden ging’s auch in die Kabine, aus der die Borussen dann etwas verschlafen zurückkehrten. Und das sollte sich rächen. Erneut tauchte Timo Gremme vor dem Kasten auf und stellte wieder auf 1:2 (54.). Zu diesem Zeitpunkt gar nicht mal so unverdient.
"Wollen uns treu bleiben"
Was dann allerdings folgte, war eine 35-minütige Demonstration. Fußballerischer Anschauungsunterricht für die Gäste. Denn die Borussia spielte sich in einen regelrechten Rausch. Eine Angriffswelle nach der nächsten rollte auf das Heidener Tor zu. Viermal (!) küsste das Leder den viktorianischen Querbalken. Dazu vergaben die Gastgeber mehrere Einschussmöglichkeiten aus wenigen Metern Torentfernung – entweder flog der Ball über das Tor oder ein Heidener klärte noch auf der Linie. Es war grotesk. In allen relevanten Statistiken war die Borussia überlegen. Allein, die Anzahl der Tore fiel zu Gunsten der Heidener aus.
Trainer Bauer, ordnete die Partie nach Spielschluss ganz nüchtern ein: "Wir hätten heute noch eine halbe Stunde spielen können und kein Tor mehr erzielt. Das Glück kann man nicht erzwingen. Die Jungs haben sich einfach nicht belohnt." Ohnehin überwog der Stolz. "Das war ein fußballerisch sehr guter und sehr selbstbewusster Auftritt. Damit bin ich sehr zufrieden. Es wird immer unser Ziel bleiben, einen guten Fußball zu spielen. Entweder sind wir damit erfolgreich oder eben nicht. Wir wissen, dass das eine verdammt harte Saison und es nur um den Klassenerhalt gehen wird. Uns ist aber wichtig, dass wir dabei unserer Philosophie treu bleiben," stellte Bauer klar.
Borussia Münster – Viktoria Heiden 1:2 (1:1)
0:1 Gremme (22.), 1:1 Menke (37.),
1:2 Gremme (54.)(62.).