"Irgendwo ist eine Grenze erreicht"
Von Christian Lehmann
(08.12.24) Auf dem kleinen Kunstrasenplatz an der Grevingstraße stehen die Zuschauer bekanntlich ganz nah dran am Geschehen. Was normalerweise zu einer guten Atmosphäre beiträgt, schwenkte beim Landesliga-Spiel von Gastgeber Borussia Münster gegen den SC Altenrheine in der 78. Minute ins Gegenteil um. Weil sich der bereits verwarnte Ansumana Nyassi vehement bei Schiedsrichter Fabian Kiehl darüber beschwerte, von Zuschauern der Gäste beleidigt und mit Bier bespritzt worden zu sein, sah er die Gelb-Rote Karte. Der Regel nach darf sich bekanntlich nur der Kapitän beschweren. In Unterzahl kamen die Hausherren beim 0:2 (0:0) dann nicht mehr für eine Aufholjagd infrage.
"Ansu muss da einen kühlen Kopf bewahren und sich aufs Wesentliche konzentrieren - aber man kann seine Reaktion auch halbwegs verstehen", befand Borussias Coach Julian Wiedenhöft. "Im Fußball sind blöde Sprüche vom Rand inzwischen üblich, da muss man drüber stehen. Irgendwo ist aber auch eine Grenze erreicht..." Altenrheines Co-Trainer Guido Göcke entschuldigte sich bei Nyassi im Nachgang für das Verhalten der Fans. "Dass es in so einem Spiel mal hitzig werden kann, wenn die Zuschauer so nah dran stehen, gehört dazu. Beleidigungen müssen aber nicht sein." Zuvor war die Situation in einem eigentlich fairen Spiel offenbar dadurch angeheizt worden, dass Borussen-Spieler Jacob Theuringer einen Ball in die Zuschauer gedroschen hatte.
"Ein echter Abnutzungskampf"
Nyassi war in der ersten Halbzeit noch Borussias auffälligster Offensivakteur gewesen. Zunächst scheiterte er im Eins-gegen-Eins-Duell mit SCA-Schnapper Jannik Sriskandarajah, wenig später wurde sein Schuss nach Ablage von Maxi Wüst vor der Linie von einem Altenrheiner Abwehrbein geklärt. Auf der Gegenseite verpasste Fabian Hüer mit einem Abschluss aus 16 Metern die mögliche Führung, zudem patschte der Ball nach einer scharfen Hereingabe von Arne Üffing an den Pfosten. "Es war ein sehr zerfahrenes Spiel - ein echter Abnutzungskampf", befand Wiedenhöft.
Die Altenrheiner hatten schon im Verlauf der ersten Halbzeit vom 3-4-3 auf ein 3-1-4-2-System umgestellt und bekamen so vor allem im zweiten Durchgang deutlich besseren Zugriff. Eine starke Umschaltaktion sorgte schließlich für die Führung. Fabian Hüer pflückte den Ball nach einem langen Abschlag Sriskandarajahs technisch höchst anspruchsvoll runter und schickte Levin Damer auf die Reise. Der brach durch die Borussen-Kette und fand im Rückraum den am zweiten Pfosten lauernden Marvin Strotmann - 0:1 (55.). "Das war bilderbuchmäßig rausgespielt", lobte Göcke. Sein Team verpasste es im Anschluss, den Sack früher zuzumachen, ehe dies ungewollt Borussias Mathis Schrick erledigte. Nach einem langen Einwurf von Arne Üffing prallte der Ball vom Schienbein des verdutzten Innenverteidigers über die Linie (0:2/67.). Nach der Ampelkarte gegen Nyassi fanden die Gastgeber dann keine Mittel mehr gegen souverän verteidigende Kanalkicker.
Göcke: "Wir sind cool geblieben"
"Wir haben versucht, Fußball zu spielen, sind aber nicht mehr in die entscheidenden Räume gekommen", meinte Wiedenhöft. "Wir haben uns in der Schlussphase von der Stimmung anstecken lassen. Wenn Du dann mit 0:2 hinten liegst, ist es gegen eine körperlich so starke Mannschaft wie Altenrheine schwierig." Göcke lobte seine Truppe: "Das war ein sehr erwachsener, reifer Auftritt von uns. Wir sind nach der Pause cool geblieben, haben fleißig gegen den Ball gearbeitet und nicht mehr viel zugelassen. Jetzt können wir glücklich und entspannt in die Winterpause gehen."
Borussia Münster- SC Altenrheine 0:2 (0:0)
Tore: 0:1 Strotmann (55.), 0:2 Ma. Schrick (67./ET)
Gelb-Rote Karte: Borussias Nyassi (78./Reklamieren)