Oberliga Westfalen
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"Sie haben gut mitgezogen"
von Fabian Renger
(23.07.24) Der FC Eintracht Rheine gönnt sich aktuell ein paar freie Tage. In dieser Woche ruht der Ball am Delsen. "Wir sind sehr früh angefangen, die Intensität war hoch und wir haben vier Wochen Gas gegeben", schaut FCE-Coach Christian Hebbeler zurück. In der Tat: Bereits Ende Juni ging es wieder los. Die Eintracht spulte ein schmuckes Pensum von fünf Testspielen ab. Zwei gingen verloren, zwei wurden gewonnen, eines Remis gespielt. Da kann man auch mal kurzzeitig nochmal runterfahren.
Darüber haben wir mit dem Coach gesprochen. Und darüber, wie sich die Neuzugänge eingefügt haben. Zehn (!) waren es an der Zahl. Eine Kader-Umwälzung, die nötig war - in der Spitze wie Breite. Mit Luca de Angelis hat's aber einen vielversprechenden Neuling verletzungstechnisch schon wieder erwischt. Kreuzbandriss. Oh weh. Dafür trainierte zuletzt probeweise Georges Baya Baya (zuletzt Lotte, davor bereits beim FCE) mit. Was hat es damit auf sich? Fragen, die wir nicht beantworten können und wollen. Hebbeler aber schon. Er nahm sich trotz Urlaub auf Mallorca am Dienstagmittag Zeit für uns.
Ihr macht jetzt mitten in der Vorbereitung eine Woche Pause. Klingt ungewöhnlich.
Christian Hebbeler: Die Jungs haben eine Woche Pause, dafür aber einen Laufplan für diese Woche bekommen, was sie noch machen sollen. Ansonsten sollen sie sich regenerieren, damit wir ab Montag im Bereich Geschwindigkeit und Spritzigkeit noch ein bisschen was tun können. Bis zum Ligaauftakt haben wir dann noch zwei Wochen und die beiden Pokalspiele zu absolvieren. Von daher sind wir ganz gut im Soll.
Ganz gut im Soll heißt: Die Spieler haben sich die Verschnaufspause auch verdient?
Hebbeler: Absolut! Sie haben gut mitgezogen. Ich glaube, körperlich haben wir ordentliche Fortschritte gemacht. Das ist wichtig, um den Fußball spielen zu können, den wir wollen.
Die ersten Testspiele sahen in Hebbelers Augen schon ganz gut aus. Phasenweise zumindest, wie er sagt. "Jetzt müssen wir gucken, dass wir alles ein bisschen verfeinern, Automatismen reinbekommen und im ersten Drittel der Saison recht erfolgreich sind, sodass wir nicht wieder unten drin stehen."
Testspiel-Ergebnisse sind ja streng genommen völlig geschenkt. Die Resultaten lesen sich trotzdem völlig solide, würde ich mal behaupten. War's auch inhaltlich solide?
Hebbeler: Inhaltlich war es aus meiner Sicht besser als es die Ergebnisse zeigen. Das Testspiel gegen Rödinghausen kannst du nicht wirklich werten, wir sind damals erst einen Tag vorher ins Training eingestiegen. Die erste Halbzeit war sehr gut, dann haben die Kräfte nachgelassen und wir haben viel gewechselt.[1:5-Pleite, d. Red.] Gegen Peckeloh haben wir zwar 4:1 gewonnen, aber eine unglaubliche Anzahl an Torchancen ausgelassen. Wir hätten deutlich höher gewinnen müssen.
Gegen Lotte kam dann ein Achtungserfolg.
Hebbeler: Das war ein sehr, sehr gutes Spiel und wir haben mit Sicherheit nicht unverdient 1:0 gewonnen. Bei den Torchancen, die sowohl Lotte als auch wir noch hatten, kann das Spiel auch 3:1 oder 4:2 für uns ausgehen. Da hat man gesehen, was wir abrufen können, wenn wir über 90 Minuten konzentriert sind.
Dann ging es gegen den SV Meppen II aus der Oberliga.
Hebbeler: Da passte das Ergebnis nicht. Wir haben die erste Halbzeit extrem dominiert, gehen mit 1:0 in Führung und machen da zu wenig raus. In einem Ligaspiel hättest du zur Halbzeit 2:0, 3:0 führen müssen. Dann haben wir kurz vor Schluss nach einem Fehler im Spielaufbau das 1:1 kassiert. Das zog sich gegen Spelle [Spelle-Venhaus, Oberliga Niedersachsen, d. Red.] auch so weiter. Da waren wir gerade in der ersten Halbzeit hochüberlegen und trotzdem gehst du nur mit einem 0:0 in die Halbzeit. Am Ende verlierst du 0:1 bei einer durchaus ambitionierten Mannschaft, aber es wäre mehr möglich gewesen.
Woran müsst ihr dann also konkret arbeiten?
Hebbeler: Was wir uns momentan ankreiden lassen müssen, ist unsere Chancenverwertung. Es liegt nicht daran, dass wir uns keine Chancen erspielen, sondern daran, dass wir sie einfach nicht machen. Ich finde, dass man sieht, dass wir mit Ausnahme des Rödinghausen-Spiels auch deutlich weniger Tore kassieren und auch deutlich weniger zulassen. Das ist auch ein Ziel für die neue Saison, dass wir es schaffen, irgendwo in den Bereich eines positiven Torverhältnisses zu kommen. Rheine hat in den letzten Jahren viel zu viele Tore kassiert. Dann wird's auf Dauer natürlich schwer mit einer ordentlichen Platzierung und Punkteausbeute.
Im letzten Jahr waren es 77 Gegentore, im Jahr davor 60.
Hebbeler: Immer zwischen 60 und 80 Gegentore. Das ist definitiv zu viel für eine Oberliga-Truppe.
44 eigene Tore waren auch zu wenig. Einer, der fürs Toreschießen vorgesehen ist, ist natürlich Luca de Angelis. Der Neuzugang (u.a. Ex-Hiltruper) riss sich jedoch zeitig nach dem Start in die Vorbereitung das Kreuzband und wurde am heutigen Dienstag operiert, wie er der MV erzählte. "Der Junge ist sicherlich im Konterspiel nicht zu unterschätzen und wird uns monatelang fehlen. Extrem schade, dass er nicht dabei ist. Ich glaube schon, dass er das ein oder andere Tor hätte machen können", so Hebbeler. Weitere schwere Verletzungen gab es übrigens nicht, abgesehen von den üblichen muskulären Wehwehchen.
Wie haben sich die Neuzugänge im Allgemeinen eingefügt? Gibt's da jemanden, bei dem du gedacht hast: 'Boah, der ist ja noch besser als erwartet'?
Hebbeler: Ich finde, vor allem Noah Kosthorst aus der eigenen A-Jugend hat sich extrem entwickelt. Gerade die beiden Youngster auf den Flügeln mit Fitim [Fejza, d. Red.] und Noah haben in fast allen Spielen eine ordentliche Leistung gezeigt und ein ordentliches Statement gesetzt. Ich glaube nicht, dass das jeder den Jungs zugetraut hat.
Lennard Maßmann geht auch schon vorweg?
Hebbeler: Lennard hat sich als extremer Stabilisator im Zentrum gezeigt. Mich persönlich hat es nicht überrascht, ich kenne ihn ja schon lange und er war in Hiltrup bereits mein Kapitän. Es ist trotzdem schön, dass die Sachen aufgehen, die man sich auf dem Blatt Papier gewünscht hat. Bei Bennet [van den Berg, d. Red.] siehst du unbestritten die Qualitäten, Fabian Kerellaj lässt seine Qualitäten auch immer wieder aufblitzen. Jetzt geht es aber vor allem um Automatismen. Wir haben zehn Neuzugänge, da braucht es erstmal drei, vier, fünf Spiele mit den Nebenleuten, damit gewisse Dinge langsam greifen.
Was läuft da mit Georges Baya Baya? Er hat bei euch wieder mittrainiert.
Hebbeler: Man merkt ihm an, dass er einen Trainingsrückstand hat. Wir sind so verblieben, dass er sich eventuell in der nächsten Woche bei uns fithalten kann. Er ist aktuell vereinslos und dann muss man gucken, was die nächsten Wochen so bringen. Er hat lange nicht gespielt und die fußballspezifische Fitness fehlt noch. Vom Profil her ist er jemand, der übers Tempo kommt und Luca ähnelt. Da muss man jetzt schauen, ob das Sinn oder keinen Sinn macht. Wir können es uns nicht erlauben, einen Spieler über drei Monate aufzubauen...
Hebbeler setzt im Punkt "De Angelis-Ersatz" eher auf Soforthilfen - oder Hilfen, die in absehbarer Zeit zünden. Akuter Handlungsbedarf besteht vorne eh nicht. Hebbeler hat quasi die Qual der Wahl. "Wir haben ja ein paar Offensivkräfte, die in der Lage sind, ein Tor zu schießen...", meint der Coach und zählt mal auf. Bennet van den Berg, Montasar Hammami, Sören Wald, Fabian Kerellaj, Luca Meyer, Luca Ehler, Colin van den Berg, Jonas Burke oder Tom Bauer. "Es ist nicht so, dass wir komplett verloren sind auf den vorderen Positionen."
Den SV Burgsteinfurt im Westfalenpokal, den SC Altenrheine im Kreispokal - nette Gegner habt ihr dann noch vorm Ligastart.
Hebbeler: Meine Spieler wissen, dass sie direkt da sein müssen, um zu gewinnen. Wir nehmen es ohnehin so, wie es kommt. Wir wollen gerne jeweils eine Runde weiter kommen, im Westfalenpokal würde in der zweiten Runde eventuell ein schönes Spiel gegen Lotte winken.
Und RW Ahlen in der Liga ist sicherlich auch nicht unattraktiv als Auftaktgegner.
Hebbeler: Ich habe drei, vier Teams auf dem Zettel, die oben dabei sein werden - und da gehört Ahlen für mich definitiv auch dazu.