Oberliga Westfalen
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Das Bilderbuch-Comeback des Niklas Niehuis
von Fabian Renger
(04.02.25) Jeder kennt diese Situation. Das Spiel ist bereit weit fortgeschritten. Du stehst am Seitenrand. Dein Trainer plant, dich sofort einzuwechseln. Dann kommen da ein paar Sprüche zu dir von außerhalb des Stanketts. 'Du machst jetzt einen' oder Ähnliches. So erging es nun auch Niklas Niehuis von der SpVgg Vreden am Sonntag im Spiel gegen Ligaprimus VfL Bochum II.
Kurz vor Schluss, es lief bereits die 89. Minute, warf ihn sein Trainer Andree Dörr ins Spiel. Die Vredener hatten gerade eine Ecke zugesprochen bekommen. Das Resultat lautete 1:1. "Hinter mir standen einige Zuschauer", erinnert sich Niehuis. "Und ein paar treue Fans und rüstige Rentner haben scherzeshalber zu mir gesagt: Jetzt gehste nach vorne und du haust das Ding rein..." Schöne Gedanken, die man mit auf den Platz nimmt. Meistens bleibt es bei diesen Gedanken. Diesmal nicht. Lars Bleker, sowieso ein überragender Ecken-Scharfschütze, brachte die Murmel rein. "Als er anlief und der Ball kam, konnte ich schon merken, dass er vielleicht ganz gut zu mir hinkommt", sagt Niehuis. Und tatsächlich: Er köpfte den Ball wuchtig in die Maschen. 2:1, der Siegtreffer. Gibt's ja nicht.
Konkurrenz für Kopfballungeheuer Kevin Meise
Was daran besonders bemerkenswert war: Es war das Comeback des 31-Jährigen. Zu Saisonbeginn endete sein Engagement als Spielertrainer beim FC Epe. Im Oktober schloss er sich seinem Heimatverein an und trainierte dort seitdem mit. Das Heimspiel gegen Bochum war sein Pflichtspiel-Debüt. Da dann auf diese Art und Weise zuzulangen, ist ein Traum-Comeback. Niehuis spricht von einer Geschichte, die nur der Fußball schreibt. Eine ausnahmsweise zutreffende Floskel. Auch der Begriff des Bilderbuchs geht dem langen Mann über die Lippen.
Dabei verlief die Wintervorbereitung ganz und gar nicht nach seinem Geschmack. Er litt an Rückenproblemen, das letzte Testspiel verpasste er ebenfalls. Also ließ ihn Dörr erstmal draußen. Verständlich. Sein Teamkamerad Kevin Meise könnte jetzt allerdings ein Problem haben. Vor Weihnachten erarbeitete sich der eher klein gewachsene Meise den Ruf des Kopfballungeheurs. Mehrfach traf er nach einem Bleker-Standard per Kopf. Läuft ihm Niehuis jetzt den Rang ab? Der Rückkehrer lacht und sagt: "Ich musste ihn beim Tor tatsächlich zur Seite schieben, weil er im Weg stand..."
Niehuis: "Die Jungs machen es einem leicht"
Für Niehuis ist es insgesamt ein bisschen so, wie nach Hause zu kommen. Die SpVgg ist sein Heimatverein, bis Sommer 2023 spielte er für die Blau-Gelben, war dort zum Ende sogar Kapitän. Dann folgte er dem Lockruf als Spielertrainer des FC Epe. Nach etwas mehr als einem Jahr und einem in den Sand gesetzten Landesliga-Start war Ende September Schluss. Plötzlich hatte Niehuis die Vredener Verantwortlichen am Rohr. Lange musste er freilich nicht überlegen, zuzusagen. Die Integration verlief unproblematisch. "Die Jungs machen es einem leicht", lobt der Routinier seine Kollegen. Die haben sich mit nun jahresübergreifend vier Ligasiegen in Folge auf Platz zehn hochgekämpft. 25 Punkte sind schonmal ein gutes Polster.
Doch es wird ein kurzes Intermezzo bleiben. Im Sommer zieht Niehuis schon wieder von dannen. Kurz nach seiner Rückehr auf den Trainingsplatz im Hamalandstadion klingelte der SuS Stadtlohn durch. Er wollte Niehuis als Spielertrainer. "Ich habe den Vredenern bei meiner Zusage gesagt: Wenn für mich eine Anfrage in Sachen Spielertrainer kommt mit gewissen Ambitionen und wo die Gespräche gut laufen, dann werde ich drüber nachdenken", spielte das Kopfballmonster ohnehin direkt mit offenen Karten. Stadtlohn überzeugte ihn. Er sagte zu.
Parallel steht noch die B-Lizenz an
"Sommer ist erst Sommer", streicht Niehuis hervor. Er hat eine Mehrfach-Belastung zu bewältigen: Mit Vreden auf dem Platz die Klasse halten und eine Oberliga-Rückserie bestreiten und zeitgleich die neue Saison in Stadtlohn planen. Beim Bezirksligisten laufen die Kaderplanungen auf Hochtouren, verrät der Bald-Trainer. Ein Update zum Stand der Dinge gebe es relativ kurzfristig. Und weil Niehuis offensichtlich zu viel Zeit hat, arbeitet er derzeit noch an seiner B-Lizenz. Die dürfte er, wenn alles glatt läuft, im April in den Händen halten.
"Ab dem Sommer kann ich mich dann voll auf den SuS konzentrieren", schaut Niehuis voraus. In Stadtlohn wird er auch als Spielertrainer gefragt sein. Es wird dann spannend, ob der SuS-Spielertrainer Niklas Niehuis den Spieler Niklas Niehuis ebenfalls kurz vor Schluss einwechselt und der Spieler Niehuis es dem Trainer Niehuis dann auch mit einem Lucky Punch dankt...