Querpass: Einmal um die Welt
Die unordentliche Deutsche
Von Theresa van den Berg
(22.06.20) In unserer Serie „Einmal um die Welt“ sprechen wir mit Spielerinnen aus dem Münsterland, die schonmal im Ausland gespielt haben. Sie erzählen uns von ihren Erfahrungen und vergleichen ihre Eindrücke auch mit dem deutschen Fußball.
Als nächstes geht es für uns und euch nach Nordamerika – genauer gesagt nach Kanada. Beatrix Bröker, die für die Frauen von Münster 08 in der Kreisliga auf Torejagd geht, lebte dort für ein Jahr und kehrt auch heute noch gerne in dieses Land zurück. Viele ihrer damaligen Mitspielerinnen sind gute Freundinnen geworden.
Wo hast du im Ausland gespielt und warum warst du dort?
Ich war 2016 nach meinem Abitur für ein Jahr in Victoria als Au-Pair.
Warum wolltest du auch im Ausland spielen?
Mir war klar, dass ich nach dem Jahr in Kanada auch zu Hause wieder spielen werde und wollte keine Pause. Nachdem ich von dem ersten Verein, direkt vor meiner Tür, ein Nein bekommen hatte - die Anmeldung einer ausländischen Spielerin war den Verantwortlichen zu aufwendig - klappte es beim zweiten Anlauf direkt. Bei einem Spiel habe ich einen Zuschauer angesprochen, der zufällig der Vater einer Spielerin war und so stand ich in der Halbzeit schon bei der Mannschaft.
Wurdest du gut aufgenommen?
Ich wurde total gut aufgenommen und bin mit vielen auch heute noch befreundet. Der Betreuer hat mich beispielsweise immer abgeholt und wieder weggebracht, beim ersten Training haben die Spielerinnen alle deutschen Wörter aufgezählt, die sie kennen und ich hatte sofort einen Spitznamen. Dazu gibt es eine witzige Geschichte. In Kanada hat alles seine Ordnung. Die Flaschen sind mit Namen beschriftet, werden alle in eine Halterung gestellt und jeder hat sein Fach. Ich habe aus Gewohnheit meine Flasche beim ersten Training einfach auf den Boden geworfen und wurde nur verdutzt angeguckt. Seitdem habe ich den Spitznamen die unordentliche Deutsche.
Waren noch andere ausländische Spielerinnen dabei?
Ich war die Einzige. Nicht jeder kam aus Victoria, aber aus Kanada waren sonst alle.
Ist der Frauenfußball dort gut vertreten und wie ist die Anerkennung?
Die Anerkennung ist total gut. Wenn man in Kanada Fußball guckt, dann Frauenfußball. Viele Fans kommen zu den Spielen und unterstützen die Mannschaften. Das liegt allerdings auch daran, dass die Männer dort nicht so gut sind.
Wie ist das Fußballsystem dort aufgebaut?
Das System in Kanada ist dem deutschen sehr ähnlich. Eine Saison geht von September bis April, wobei die Winterpause nur sehr kurz ist. Bezüglich der Ligen gab es zum Beispiel die Division Eins, Zwei und Drei, was wahrscheinlich mit der Kreisliga hier vergleichbar ist. Meine Mannschaft hat in der Division 3 gespielt.
Wie ist die Mentalität und die Spielweise dort?
Die Stimmung war immer relativ locker. Trotzdem haben wir zielgerichtet trainiert. Es ging nicht nur um den Spaß, sondern alle waren auch ambitioniert, zu gewinnen. Was die Spielweise angeht, war unser Trainer viel mehr darauf aus, ein schnelles Kurzpassspiel zu spielen. Anders als in Deutschland, wollte er das Spiel immer eng statt breit machen und auch Abschlüsse aus der Distanz gab es nur selten.
Was sind die größten Unterschiede?
Definitiv die Unterstützung. Es gab so viele Leute, die uns dort bei den Spielen angefeuert haben und es gefeiert haben, dass wir spielen. Ein weiterer Unterschied ist die Qualität der Plätze. Überall gab es richtig gute Kunstrasen- und gepflegte Rasenplätze. Da hat man nicht zwischen zwei Dörfern auf einem Acker gespielt.
Woran könnte man in Deutschland noch arbeiten?
Man könnte noch an den Rechten und der Anerkennung von Frauen im Fußball arbeiten. Wenn es zum Beispiel darum geht, welche Mannschaft auf dem Kunstrasen und welche auf dem Ascheplatz trainiert und in vielen Vereinen klar ist, dass den Frauen nur Asche bleibt, kann man das noch gerechter gestalten. Ich finde, wir haben einfach mehr Respekt verdient.