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Christian "Lüde" Wielers (m.) ist seit 2017 die Stimme in Berg Fidel. In diesem Jahr ist er als Hallensprecher aber arbeitslos. Foto: Archiv

"Ich vermisse das!"


Von Fabian Renger

(29.12.20) Am 29. Dezember erwischt man Christian "Lüde" Wielers (Fußballabteilungsleiter des 1. FC Gievenbeck, seit 2017 Hallensprecher, länger Teil des Orga-Teams) eigentlich ausschließlich an einem Ort: In der Halle Berg Fidel. In diesem Jahr nicht. Die Hallen-Stadtmeisterschaften, organisiert vom FCG und besser bekannt als "Stadtis", fielen auch der Corona-Pandemie zum Opfer.

Statt vom zweiten Weihnachtstag an bis zum 30. Dezember erst den Senioren und nach Neujahr den A- und B-Junioren einzuheizen, sitzt Wielers also zuhause. Ein Gefühl, das er so gar nicht kennt. Statt mehr als 10.000 Zuschauern Stimmung zu machen, ist der Hallensprecher in diesem Jahr zumindest in dieser Funktion arbeitslos.

"Ich könnte zu jeder Stadtmeisterschaft etwas sagen. Ich habe so viele geile Sachen erlebt", schwärmt er, als wir am Mittag erreichen. Für uns lässt er sogar seinen Tee kalt werden. Denn über die Stadtis redet er gerne. Naja, jeder, der schonmal da gewesen ist, tut das. Aber Wielers ganz besonders. Zeit also, um in Erinnerungen zu schwelgen. Und mal zu fragen, was das mit ihm und dem Verein macht. Und was eigentlich seine schönste Erinnerung an die Stadtis ist.

Lüde! Fällt dir nicht in diesen Tagen die Decke auf den Kopf?
Wielers: Ich habe das Stadtmeisterschafts-Heft vom letzten Jahr hier liegen und tröste mich ein bisschen damit. Und ich habe am 26. eine Radtour nach Gievenbeck und dann nach Berg Fidel gemacht, war an der Halle und habe getrauert. (lacht) Es ist tatsächlich extrem schwierig. Ich bin seit Anfang der 80er-Jahre bei jedem Turnier dabei. Das ist die geilste Veranstaltung, die ich überhaupt kenne. Es kommt aktuell kein Tag vor, an dem mir nicht irgendjemand sagt: Jetzt wäre das, jetzt wäre das...

Einen Ausfall der Stadtis gab's noch nie, sagt Wielers. "Und wird's hoffentlich auch nicht mehr geben." Er erinnert an die besondere Ausgabe vor genau zehn Jahren. Das gesamte Münsterland versank unter dicken Schneemassen. Die HKM in Warendorf fielen aus, auch die Halle Berg Fidel wurde von der Stadt eigentlich gesperrt. In Münster stürzte gar das Dacher der Sporthalle des SC Münster 08 ein. Der FCG holte sich einen eigenen Statiker, am Mittag des ersten Weihnachtstag versammelten sich 20 fleißige Helfer und stiegen aufs Dach. Sie schüppten Schnee, was das Zeug hält. Bis der Statiker irgendwann doch noch seinen Daumen hob. Die Stadtis fanden doch statt. Irre.


Stelle ich mir auch schwer vor für dich. Du bist seit 2017 Hallensprecher. Stellst du dich denn jetzt vor den Spiegel und tust so, als ob?
Wielers (lacht): Nein, so schlimm ist es nicht. Aber es geht ja auch nicht um mich. Dieses Erlebnis ist ja für so viele Menschen ein ganz besonderes Event. Wenn so etwas wegbricht, tut das immer weh. Nicht nur für mich persönlich, auch für die einzelnen Mannschaften, natürlich auch für den Verein 1. FC Gievenbeck. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir am Ende mit dem Turnier auch ein bisschen Geld verdienen. Natürlich ist es auch für uns in einer eh für Vereine schon nicht angenehmen Situation eine große Herausforderung, ein Jahr ohne eine solche Einnahme zu überstehen. Das zwingt uns, an vielen Ecken und Enden zu sparen. In vielfacher Hinsicht für verschiedene Leute auf verschiedenen Ebenen. Es geht nicht darum, dass ich als Sprecher meinen Job vermisse. Man darf halt auch nicht die ganzen Ehrenamtlichen vergessen, die seit vielen Jahren diesen Job machen. Da besteht die Gefahr, dass im nächsten Jahr der eine oder andere sagt: Boah, ich kann auch ohne Stadtmeisterschaften. Ich bin zwar insgesamt sehr zuversichtlich, im nächsten Jahr wieder eine geile Stadtmeisterschaften zu haben. Aber die Konsequenzen sind noch nicht absehbar - für unseren Verein, für unsere gesamte Abteilung, für das Turnier.

Man muss sich aber keine Sorgen machen, dass bei euch im Club bald die Lichter ausgehen?
Wielers: Wir haben das große Glück, in einer insgesamt stabilen Situation zu sein. Gott sei Dank haben wir mit Stefan Grädler seit eineinhalb Jahren einen kaufmännischen Leiter in Vollzeit. Wenn das Ganze vor drei oder fünf Jahren passiert wäre, dann: Holla die Waldfee...

Von Grädler hat Wielers eine mehr als hohe Meinung. "Stefan Grädler ist die wichtigste personelle Verpflichtung und Veränderung, die wir in den letzten Jahren hatten. Er ist ein absoluter Fachmann, der das Ganze mit Ruhe und Bedacht angeht", sagt der Fußball-Abteilungsleiter. Grädler habe einiges bewegt, Wielers verweist aufs letzte Geschäftsjahr. Dies fiel positiv aus. Erstmals seit Wielers bei den 49ers tätig ist. Das war 2007.


Ihr konntet euch ja auch auf die aktuelle Situation vorbereiten.
Wielers: Wir haben natürlich seit Sommer und der Etatbildung schon mit dem Szenario spielen können. Es ist nicht so, dass wir völlig unvorbereitet in dieses Ding reinschlittern. Es gibt viele Bereiche, wo wir sparen können und müssen. In der ersten Mannschaft oder bei unseren Jugendtrainern ist die Bereitschaft, auf etwas zu verzichten, zum Glück groß. Da befinden wir uns aktuell noch in einem ruhigen Fahrwasser....

Das letzte Jahr war teuer für den Verein. Der neue Kunstrasen kostete Geld. Andere Einnahmen blieben weg. Schwierig, schwierig. "Es muss klar sein, dass sich Sachen ändern. Wir werden wohl noch in den kommenden Jahren an Corona zu knacksen haben", schätzt Wielers. Aber er ist positiver Dinge. Gerade die erste Mannschaft lebt ja von ihrem jungen, eigenen Personal. "Da machen wir insgesamt nicht ganz so verrückte Sachen...", sagt Wielers. "Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende mit einem blauen Auge davon kommen. Aber klar ist: Ein blaues Auge kriegen wir." An den sportlichen Zielen und der Grundstruktur werde sich aber nichts ändern. "Weder im Jugend- noch im Seniorenbereich. Wir müssen nur gucken, dass wir in Zukunft unsere Gelder sorgfältiger ausgeben."


Aktuell ist die Planung ja unmöglich. Aber: Wann müsste man damit denn starten, um die neue Stadtis-Ausgabe 2021/22 vorzubereiten?
Wielers: Normalerweise beginnen unsere Planungen im Januar mit einer Nachbesprechung des alten Turniers. Dann fangen die Planungen weit vor den Sommerferien an. In diesem Jahr ist das anders. Die Grundplanungen sind ja schon gelaufen. Die bleiben ja auch so. Wir werden sicherlich Zeit haben bis zu den Sommerferien, vorher müssen wir nichts aktuell tun. 

Zum Zeitpunkt der Sommerferien weiß man hoffentlich auch mehr, wie es mit Corona aussieht....
Wielers: Es wäre jetzt völlig bekloppt, in irgendeiner Form zu spekulieren. Wir haben ja in diesem Jahr alles versucht, vielleicht eine Ausnahmegenehmigung zu kriegen. Wir hatten gute Gespräche mit Norbert Krevert, mit Herrn Heuer (Chef des Ordnungsamts in Münster, d. Red.). Wir haben das überragende Konzept von den Baskets aufgegriffen.

Ihr hattet ja mehrere Optionen. Die Veranstaltungen mit Zuschauern, mit weniger Zuschauern oder gar ohne Zuschauer durchzuspielen.
Wielers: Ich hab einen komplett neuen Spielplan geschrieben, dass nie mehr als sechs Mannschaften gleichzeitig in der Halle sind - also nur mit Dreiergruppen und einem K.O.-System am Ende. Aber es ist einfach völlig berechtigt, dass es nicht stattfinden kann. Da müssen wir nicht eine Sekunde nicht drüber sprechen. Aber wir als Verein haben einfach alles investiert, um es wenigstens zu versuchen. Es hat nicht funktioniert, damit können wir mit leben. Nur für mich persönlich ist die Zeit ohne Stadtmeisterschaften ganz, ganz komisch. So eine Zeit gab's für mich lange nicht.

Aber so eine Radtour am zweiten Weihnachtstag ist doch auch ganz nett.
Wielers: Ne, eine Radtour ist nicht nett. (lacht) Nein, im Ernst: Auch eine Radtour ist nett, aber trotzdem sitzt man am Aasee und geht eine Runde spazieren und denkt an Berg Fidel. Ich vermisse das.

Abschließend: Wenn du schon im Turnierheft blätterst, was war denn deine persönlich schönste Erinnerung?
Wielers: 1990 gab's zum ersten Mal die Stadtmeisterschaften der B-Junioren. Ich war in dem Jahr Trainer von Kinderhaus in der B-Jugend. Wir sind in dem Jahr Stadtmeister geworden und haben im Finale gegen Preußen Münster gewonnen. Und das beim allerersten Mal, dass ich als Trainer in Berg Fidel auflaufen durfte. Völlig überraschend war das. Für die B-Jugend gab's vorher überhaupt keine Stadtmeisterschaften. Ich weiß noch, als ich im Büro saß und den Brief von Gievenbeck mit der Einladung bekam - da hatte ich Tränen in den Augen. Weil das Turnier für mich das Größte war, was es gab, dann durfte ich als Trainer hin und wir werden noch Stadtmeister. Es war sowieso klar, dass nur Preußen Münster gewinnen kann. Und am Ende sind wir durchmarschiert und haben jedes Spiel gewonnen. Das prägt sich ein. Auch wenn's nur vor 300 Zuschauer war. Natürlich gibt's viele weitere Momente. Und auch das erste Mal als Hallensprecher war außergewöhnlich. Aber das hatte sich ja angedeutet. Das 1990 war für mich schon das geilste. Das kannst du nicht mehr toppen.

Wielers ist sich übrigens sicher. "Irgendwann wird's eine neue Stadtmeisterschaft geben. Die wird wahrscheinlich umso schöner." Wollen wir's hoffen.

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