Querpass: Einmal um die Welt
Küsschen links, Küsschen rechts
Von Theresa van den Berg
(09.07.20) In unserer Serie „Einmal um die Welt“ sprechen wir mit Spielerinnen aus dem Münsterland, die schonmal im Ausland gespielt haben. Sie erzählen uns von ihren Erfahrungen und vergleichen ihre Eindrücke auch mit dem deutschen Fußball.
Ihre Fußballschuhe hängt Sarah Peitz in der kommenden Saison an den Nagel. Für uns kramt sie aber noch einmal in Erinnerungen. 2015 absolvierte die 29-jährige, die gerade erst den Landesliga-Aufstieg mit der Reserve von Wacker Mecklenbeck feierte, ein Auslandssemester in Frankreich.
Wo hast du im Ausland gespielt und warum warst du dort?
Ich war für sechs Monate in Frankreich, da ich Französisch auf Lehramt studiert habe und habe in Blois als Fremdsprachenassistentin Deutsch unterrichtet.
Warum wolltest du auch im Ausland spielen?
Da ich seit 20 Jahren immer Fußball gespielt habe, war mir klar, dass ich auch dort spielen werde. Ich habe meinen Gastvater schon nach einem Verein gefragt, bevor ich nach Frankreich gezogen bin. Dieser hat mir dann einen empfohlen und ich habe Kontakt zum Trainer aufgenommen.
Wurdest du gut aufgenommen?
Ich wurde super gut aufgenommen. Die Mädels waren alle sehr nett und kontaktfreudig. Wir haben viel gequatscht und ich wurde das ein oder andere mal ausgefragt. Die ganze Zeit habe ich mich komplett als Teil der Mannschaft gefühlt und war immer bei den Geburtstagen und Mannschaftsabenden dabei.
Waren noch andere ausländische Spielerinnen dabei?
Nein, ich war in dem Team die einzige aus einem anderen Land.
Ist der Frauenfußball dort gut vertreten und wie ist die Anerkennung?
Die Anerkennung würde ich so einschätzen wie in Deutschland. Die Liga, in der ich gespielt habe, ist mit der Westfalenliga zu vergleichen. Man ist auch in Frankreich ein ganz normaler Teil des Vereins. Es kommen zwar Zuschauer, aber die Spiele finden nicht im großen Rahmen statt, wie das in anderen Ländern auch mal der Fall ist.
Wie ist das Fußballsystem dort aufgebaut?
Das System ist vergleichbar mit dem deutschen. Ich bin im Oktober angekommen, da lief die Saison bereits und bin im März, kurz bevor es vorbei war, wieder abgereist.
Wie ist die Mentalität und die Spielweise in Frankreich?
Das Training war, ähnlich wie hier, in unterschiedliche Phasen wie Aufwärmen, Torschuss und Abschlussspiel aufgeteilt. Es war immer eine Mischung aus Spaß und Ernst, wobei der Trainer schon ordentlich Zug mit reingebracht hat. Da wurde nicht viel gequatscht, sondern man hat sich auf das Training konzentriert. Was mir definitiv aufgefallen ist, war die Schnelligkeit vieler Spielerinnen. Die meisten waren deutlich kleiner als ich - ich bin 1,70 - und trotzdem waren sie verdammt schnell. Sprinttraining haben wir auf jeden Fall häufig gemacht.
Was sind die größten Unterschiede zu Deutschland?
Fußballerisch ist vieles ähnlich. Was man allerdings auf keinen Fall machen sollte, ist zu spät kommen. In Frankreich begrüßen sich nämlich alle Spielerinnen mit einem Küsschen links und einem Küsschen rechts - und das kann einige Zeit dauern.
Woran könnte man in Deutschland noch arbeiten?
Dass Frauen nicht den gleichen Verdienst oder das gleiche Ansehen haben, war mir immer egal. Es war für mich nur ein Hobby. Ich finde aber, dass man, unabhängig von der Liga und der Leistung, für mehr Gleichberechtigung in den Vereinen sorgen sollte. Wenn es zum Beispiel um die Trainingszeiten geht, könnte man zumindest rollieren, statt dass die Frauen immer hinten anstehen.