Entfesselte Achterbahnfahrt in Gievenbeck
Von Pjer Biederstädt
(08.11.15) Fußball kann so grausam sein. Nichts wollten die Grün-Weißen aus Nottuln lieber, als mit einem Erfolg im Gepäck aus Gievenbeck zum heimischen Martinimarkt zu fahren. Schließlich wurde das Westfalenliga-Spiel extra für die traditionelle Kirmes auf Samstagnachmittag verlegt, die es schon seit 1622 gibt. Überlieferungen zufolge fiel zu dieser Zeit auch das letzte Auswärtstor für Nottuln. Gut, eigentlich währte die Leidenszeit nur 451 Minuten, aber angefühlt hat es sich ähnlich. Doch dann die Erlösung: Gleich drei Tore knotenplatzte der Gast ins Gievenbecker Gehäuse. Dumm nur, dass die Gastgeber auf der entfesselten Achterbahnfahrt zum 5:3 (2:2)-Spektakel die noch besseren Scheibenschützen waren.
Wie der Biss in eine Schokobanane muss Benjamin Heeke der siebte Saisonsieg und der Sprung auf Tabellenplatz zwei geschmeckt haben. Irgendwie gut, aber nicht ohne Skepsis gegenüber dem, was hinter der Schokoladenfassade steckt. „Offensiv waren wir stark, defensiv schwach“, fasste Heeke die Kirmes-Boxer-Mentalität seines Teams zusammen. Attacke pur, Trommelfeuer deluxe, aber das Kinn stets auf dem Präsentierteller. Dass dem FCG mit Nils Heubrock und GWN mit Ex-Nullachter Timo Twachtmann die Ordnung schaffenden Ringrichter fehlten, manifestierte sich im folgenden Schlagabtausch.
Nottuln im Spiegelkabinett
Nottuln war in der Anfangsphase desorientiert wie im Spiegelkabinett: Gievenbeck erarbeitete sich drei Hochkaräter, einen Lattentreffer von Tristan Niemann nach Kombination von Alan Bezhaev und dem starken Christian Keil (7.) sowie dessen Treffer zum 1:0 nach Vorarbeit von Speedy von der Ley Gonzales (11.). Ein Auftakt nach Maß. „Und dann kam der komplette Spannungsabfall“, sagte FCG-Coach Benjamin Heeke verständnislos kopfschüttelnd. Seine 4-4-2-Formation wollte das 2:0 so sehr, wie kleine Kinder das große Stofftier an der Losbude. Und dann war es weg, das Taschengeld. Der ehemalige FCG-Junior David Veauthier nutzte den durch weites Aufrücken gebotenen Raum und bediente Sascha Markmann – 1:1 (14.). Auf den Geschmack gekommen, legte Veauthier diesmal auf den früheren Preußen-Kicker Lucas Morzonek ab, der vorerst am „bombastisch starken“ (Heeke) Keeper Nico Eschhaus scheiterte (16.).
Donner haut den Lukas
Doch die Neuauflage dieses Duells entschied Morzonek sieben Minuten später für sich. Bezhaevs Ballverlust nutzte Ex-Nullachter Niklas Wathling zur nächsten Runde Kettenkarrussell. Er steckte durch zu Morzonek, der Eschhaus diesmal keine Chance ließ. Gievenbeck drohte die Kontrolle zu verlieren, die Stabilisierungsbemühungen fruchteten nur bedingt, also war der Angriff die beste Verteidigung. Tristan Niemann verwertete noch vor der Pause die Vorarbeit vom starken Außenverteidiger Tom Gerbig zum 2:2-Ausgleich. Nach dem Seitenwechsel drehte Clemens Donner aus spitzem Winkel in bester Hau-den-Lukas-Manier mit dem Treffer zum 3:2 erneut die Partie (60.), ehe er wie ein Autoscooter den Weg für Niemanns zweiten Treffer des Tages und sechsten der Saison freiwühlte (65.). Oliver Leifkens Anschlusstreffer zum 4:3 (73.) war nur der Trostpreis, denn Morzonek, der wegen einer versuchten Tätlichkeit glatt Rot sah (87.), brachte seine Mannen in Unterzahl, was Fabian Gerick in der Nachspielzeit mit dem Tor zum 5:3-Endstand bestrafte. „Klar ärgere ich mich über die drei Gegentore, freue mich aber über die drei Punkte. Für die Psyche des Teams war es wichtig zu sehen, dass sie auch ohne Heubrock gewinnen kann“, so Heekes Text für das Lebkuchenherz an seine Mannschaft.
1. FC Gievenbeck - GW Nottuln 5:3 (2:2)
1:0 Keil (11.), 1:1 Markmann (14.),
1:2 Morzonek (23.), 2:2 Niemann (33.),
3:2 Donner (60.), 4:2 Niemann (65.),
4:3 Leifken (73.), 5:3 Gerick (90.+3)
FCG: Eschhaus – Nattrup, Hohenhövel, Göttsch, Gerbig – Keil, Bezhaev, Brinker, von der Ley (74. Gerick) – Niemann (89. Schliesing), Donner (85. Fedorov)
Rote Karte: Lukas Morzonek (87./Tätlichkeit)