Das Wunder aus dem Hassenbrock
Von Fabian Renger
(19.02.19) Laut war's in den Katakomben des Mesumer Hassenbrock-Stadions am vergangenen Wochenende. "Die Stimmung in der Kabine war so gut wie lange nicht mehr", berichtet Michael Egbers. Auf seinen Schultern lastet momentan noch mehr Verantwortung als sowieso schon: Der 25-Jährige führt den SV Mesum derzeit als Kapitän aufs Feld, der etatmäßige Kapitano Guido Göcke ist verletzungsbedingt noch ein bisschen außer Gefecht gesetzt. Aber auch Göcke wird sich am Wochenende wohl in Zivil gefreut haben wie ein Schnitzel: So hat Egbers mit seinen bis dato seit Oktober sieglosen Mesumern am Wochenende etwas Famoses geschafft und ausgerechnet den Spitzenreiter geschlagen.
"Jeder hat doch im Vorfeld sich gefragt: Wie hoch wird's denn?", war auch Egbers sicher kein Träumer im Vorfeld der Begegnung gegen die Zwote des SC Preußen Münster. Die hatte noch im Hinspiel die Hassenbrock-Gang mit 6:1 abgefertigt. Am Sonntag gewannen die vielgescholtetenen Mesumer mit 2:1 - trotz eines 0:1-Halbzeitrückstands. Wie konnte das bloß passieren - erst recht, wenn man sich Mesums hundsmiserable Vorbereitung vergegenwärtigt, bei der SVM teilweise nur mit zwölf Spielern anreiste zu ihren Testspielen.
Als Mannschaft funktionieren
Mesums Coach Marcel "Cello" Langenstroer hatte einen Erklärungsansatz, der simpel wie einfach klingt: Seine Mannschaft wollte es einfach an diesem Nachmittag. "Als Trainerteam gibst du einen Plan aus, bist aber immer drauf angewiesen, wie die Jungs es umsetzen", sagt Langenstroer. Die Marschroute für Sonntag war indes klar gesteckt: Die Mentalität Mesums muss die Qualität der Jung-Adler zur Strecke bringen. Und die Umsetzung? Sie funktionierte, wie auch Preußens Trainer Sören Weinfurtner einräumte.
Dieser hätte durchaus die Schiedsrichter-Keule schwingen können. Kurz vor Spielende wurde eine Bude von Julian Conze aufgrund einer Abseitsstellung abgepfiffen. Auch einen Elfmeter hätte es kurz vor der Halbzeitpause geben können. Doch Weinfurtner suchte die Schuld zuerst bei seiner eigenen Truppe. "Daran [am Referee, d. Red.] lag es nicht. Wir waren zu langsam in unseren Aktionen, technisch unsauber", stellte er seiner Mannschaft ein schlechtes Zeugnis aus. Und Mesum imponierte auch ihm. "In der zweiten Halbzeit hat Mesum es ordentlich gemacht. Sie haben ihre Chancen genutzt, sind sehr leidenschaftlich aufgetreten, später mit der Führung im Rücken wurde die Brust dann immer breiter", fand Weinfurtner.
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Es ist auch der Beleg dafür, dass Langenstroer in der Woche vor dem Match nicht alles verkehrt gemacht hat. Er setzte auf den alten Leitspruch: Elf Freunde müsst ihr sein. "Die Basis, gerade in einem solchen Spiel, muss halt wirklich sein, dass du als Truppe auftrittst", bläute Mesums Übungsleiter seinen Leuten immer wieder ein, dass sie aggressiv auftreten und die junge Preußen-Gang so ins Grübeln bringen muss, um eine Chance zu haben. Das klappte: Selbst als die durch Julius Woitaschek nach zwölf Minuten in Führung ging, brach Mesum nicht im Stile eines abzuschreibenden Schlusslichts ein, sondern blieb weiter dabei wie ein Stier, der sich mit allen Mitteln gegen seine Betäubung wehren möchte.
"Total gut verteidigt"
"Wir haben total gut verteidigt", befand Aushilfs-Kapitän Egbers."Wir haben nochmal versucht, alles rauszuhauen und die Köpfe oben zu behalten." Sie blieben oben, Egbers und Kollege Nils Wiethölter drehten den Spieß um. "Weil wir 90 Minuten durchgefightet haben, anders geht's nicht", meint Langenstroer. Vor allem nicht bei den Voraussetzungen: Mit Niko Winter und David "Champ" Rieke saßen am Sonntag zwei Männer ersatzweise auf der Bank, die eigentlich in der Kreisliga B-Reserve kicken und das auch am Sonntagmittag noch taten. Winter schoss sogar zwei Buden, Rieke kam als einziger des Duos ins Spiel der Ersten und vergab eine XXL-Gelegenheit. Sowieso ein tierischer Tausendsassa sondergleichen. "Der kann vorm Spiel auch noch 'nen Marathon laufen und macht und tut noch", grinst Langenstroer.
Mit von der Partie waren derweil noch Chris Strotmann, der nach langer Verletzung allmählich wieder Fuß fasst und zumindest wieder so gut es geht mit der Mannschaft trainiert. Mehr geht derzeit nicht, auch ein Einsatz am Sonntag wäre noch zu früh gewesen, er drückte von der Bank aus die Daumen. "In Zweikämpfen hält er sich im Training auch noch zurück", so Langenstroer.
Kamphues erst einmal mit dabei
Zu seinem dreiminütigen Kurzzeit-Debüt kam der vorseniorierte Mittelstürmer Felix Kamphues, Baujahr 2000 und eigentlich A-Junior. Ab sofort gehört er zum erweiterten Kreis von Langenstroers Mannschaft. Ihm bescheinigt der Coach ebenso "viel Potenzial" wie Kevin Rockwell-Ashton. Auch der Amerikaner ist Stürmer und auch in der zweiten Jahreshälfte weiter spielberechtigt, ihn erwartet Langenstroer in Kürze zurück. Gegen die Preußen fehlte genauso Philip Grewe, der noch bis zum Wochenende seinen Urlaub genießt, generell aber momentan studienbedingt sowieso etwas kürzer treten muss.
Zustände, die einen Sieg in vermeintlich weite Ferne rücken ließen im Vorfeld. Schließlich ist der Koreaner Taeyoung Lee nach acht Einsätzen kein Thema mehr in Mesum, schließlich fehlt Guido Göcke noch einige Zeit aufgrund seines Syndesmosebandrisses, schließlich leidet auch Nico Brüggemann weiter an einer Entzündung im Fuß.
Viele Spieler hatte Langenstroer also tatsächlich nicht mehr, die, die da waren machten ihre Sache aber mehr als prächtig. Da darf man schonmal die Kabine abreißen - zumindest für den einen Tag. Langenstroer mahnt allerdings:"Du darfst jetzt nicht tagelang weiter feiern und dich nicht drauf ausruhen. Wir müssen gegen Herford das gleiche nochmal abrufen." Vielleicht lässt es sich in deren Kabine am Samstag aber ja ähnlich gut feiern...
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