"...da wird dir ganz anders bei"
von Fabian Renger
(07.05.20) Die Sterne standen günstig für den TuS Hiltrup. Die SpVgg Vreden (6 Zähler in beiden Spielen), Victoria Clarholz (2) sowie den SV Rödinghausen (1) hatten die Hiltruper schon zweimal bespielt. Einzig Roland Beckum und Borussia Emsdetten hätten aus dem Spitzen-Quintett noch fürs Rückspiel gefehlt. Trotz des Mammutprogramms war das Team von Christian Hebbeler noch mittendrin im Aufstiegskampf. Bis Corona sich breit machte und der Saison ja inzwischen auch wohl endgültig den Stecker gezogen haben dürfte.
Hebbeler hatte sich bis zuletzt vehement für eine Fortsetzung der Saison stark gemacht. An der Empfehlung des Verbandsfußballausschusses, die Saison letztendlich mithilfe von Quotientenregelungen zu werten, findet er auch mit etwas Abstand wenig Gefallen. "Es ist schwer zu verstehen und fühlt sich ungerecht an, weil ein Dreivierteljahr, in dem wir was getan und gut zueinander gefunden haben, nicht belohnt wird und du am Ende des Tages vielleicht wegen eines einzigen Punktes oder Tores scheiterst", sagt er.
Ein Punkt und vier Tore fehlen
Nachvollziehbarer Frust. Seit dem 3. November hatte Hiltrup kein Match verloren, in diesem Kalenderjahr sowohl Rödinghausen als auch Clarholz jeweils wenigstens einen Punkt abgetrotzt. Am Ende fehlten der Mannschaft genau genommen ein Zähler und vier Treffer. Dann wäre der TuS dank der mehr geschossenen Hütten gegenüber Clarholz hochgegangen. Insgesamt Marginalien. Aber auch viel Konjunktiv. Und deshalb kein Grund zur Beschreitung des Rechtsweges und zu einer Klage, wie TuS-Abteilungschef Rolf Neuhaus auf Anfrage umissverständlich klarstellt:"Nein, das tun wir nicht. Was soll man da klagen? Die einen trifft es härter, die anderen weniger hart. Da gibt es zu viel Wenn und Aber. Natürlich sind wir nicht glücklich. Aber ich glaube, der Verband hat sich viel Mühe gegeben und eine weitestgehend faire Lösung gefunden."
Nach dem monströsen Umbruch im Sommer und einigen wackligen Phasen mit einem frühen Aus im Kreispokal schien die Arbeit von Hebbeler zu fruchten. Nach der Hinrunde waren es noch vier Zähler Rückstand, jetzt so eine enge Klamotte. "Die Entscheidung nach Quote kann aus meiner Sicht nicht die richtige sein. Du hast teilweise noch so minimale Unterschiede, du hast noch bis zu zehn Spieltage zu absolvieren", hält er nicht viel davon, dass Aufsteiger anhand eines Rechenexempels gekürt werden. Und: Auch ein Missverhältnis wurmt ihn. "Man muss sich schon fragen: Warum gibt es nur eine Aufstiegs- und keine Abstiegsregelung nach Quotient? Benachteiligt ist man nicht nur, wenn man absteigen würde, sondern auch, wenn man nicht aufsteigen darf", sagt der Coach.
"Dann wollen wir nächste Saison wieder angreifen"
Besonders seine Jungs tun ihm Leid. Die haben sich abgerackert, aber kampfeslustig reagiert. "Die haben dann einfach gesagt: Okay, dann wollen wir nächste Saison wieder angreifen", sagt Hebbeler, der auch nicht das trotzige Kind geben und lieber nach vorne gucken will. "Ich kann's ja auch nicht ändern und mich jetzt nicht hinstellen und großen Frust schieben, das hilft nix. Aber solange du drüber nachdenkst, wie wenig dir fehlt, da wird dir schon anders bei." Roland Westers, Coach von Borussia Emsdetten, wird wissen, was er meint.
"Wenn wir das sportlich am Ende nicht geschafft hätten, dann hätten wir uns selbst ärgern können und sagen können, mein Gott hätten wir das zu dem Zeitpunkt mal anders machen können, aber so ist das schon schade", meint Hebbeler. Überlegungen á la Clarholz, die Oberliga nicht einfach Oberliga zu lassen, versteht er voll und ganz. "Du hast in der Westfalenliga 28 Spiele, du hast in der Oberliga nächstes Jahr 38 Spiele - das ist auch für einen Amateur, der einer geregelten Tätigkeit nachgeht, kaum machbar." Immerhin: Der Kader des TuS steht und hat durchaus Niveau. Witali Ganske, Nils Kisker, Omar Guetat, Alan Bezhaev, Oliver Janning, dazu Keeper Philipp Dohmen - das sind die Neuen. Henning Reichelt (Beruflich) und Manuel Beyer (1. FC Gievenbeck) verlassen das Osttor, hinter wenigen weiteren stehen kleine Fragezeichen. Damit lässt sich neu angreifen. Aber auch die Konkurrenz schläft nicht. Mit Preußen Espelkamp kommt beispielsweise wahrscheinlich eine finanziell formidabel ausgestattete Truppe in die Liga, mit der nicht gut Kirschen essen sein dürfte.
Mit Zielvorstellungen hält sich Hebbeler daher aktuell noch zurück. Zu ungewiss ist die Zukunft noch. Nach oben schielen, das ist jedoch klar, das werden sie. Und ein Positives hatte die ganze FLVW-Entscheidung ja übrigens auch noch für den TuS: Die Reserve - kommende Saison gibt's mindestens drei Truppen am Ostor, eventuell wieder eine Vierte - ist bald wohl wieder A-Ligist. Ein kleiner Trost.