Westfalenliga 1
Wiethölter war Borussias Nummer eins
Von Fabian Renger
(28.10.24) Eines stellt Roland Westers direkt klar. Dass er im Sommer eine Pause einlegt, sei nicht so ganz richtig. Er präzisiert: "Ich kann Borussia Emsdetten nicht mehr. Ich höre auf, weil mir dieser Verein 'zu viel' bedeutet. Es ist im Grunde eine zweite Familie geworden. Insgesamt ist es einfach so: Alles, was drumherum passiert, belastet mich deutlich mehr als das bei anderen Vereinen der Fall wäre. Das kann ich nicht mehr so gut wegstecken." Nach der laufenden Saison macht der 47-Jährige damit einen Haken hinter seine dritte Amtszeit als Cheftrainer von Borussia I. Seine Nachfolge ist bereits geregelt: Marc Wiethölter, derzeit Coach des SC Altenrheine, übernimmt.
Westers: "Das belastet mich dann doch zu viel"
Das mit der Pause sagte Borussias sportlicher Leiter Hans-Dieter Jürgens. In der Tat benötigt Westers eine Pause - zumindest von Borussia Emsdettens erster Mannschaft. Gefühlt schwirrt seine gesamte Familie am Teekotten irgendwo herum. Als Trainer, als Vorständler, als Thekenkräfte, als Jugendspieler. Erfolge - davon feiern die Borussen einige in dieser Saison - lassen dich so noch dicker grinsen. Misserfolge - davon hatten die Borussen vor allem in der Vorsaison einige - nehmen dich allerdings auch deutlich mehr mit. "Das belastet mich dann doch zu viel. Dieser Umbruch vor der Saison, diese Ungewissheit in der letzten Saison, wo es hingeht. Irgendwann ist es genug", sagt Westers. "Man soll niemals nie sagen, aber ich kann garantieren, dass ich nie wieder langfristiger Coach von Borussia Emsdetten werde. In der jetzigen Situation würde ich das ausschließen. Wenn sie irgendwann irgendwie Not haben, können sie mich auch vom Sterbebett holen und ich mach' das."
Sportlich hätte es gar keinen Grund gegeben, Westers vor die Tür zu setzen. Im Sommer 2023 startete er zum dritten Mal bei Borussias erster Mannschaft als Übungsleiter durch. Die erste Spielzeit lief lausig, Borussia strampelte lange um den Klassenerhalt. Im Sommer wurde der gesamte Kader umgekrempelt. Eine zweistellige Zahl an Spielern ging, darunter langjährige Leistungsträger wie Kevin Torka, Nick Wedi oder Tom Holöchter. Eine zweistellige Zahl an Spielern kam. Ein massiver Umbau.
Jürgens: "Für uns ist Kontinuität wichtig"
Derzeit stehen die Borussen auf Platz vier mit 20 Zählern. Umbruch gelungen, darf man vorsichtig festhalten. Rund 33 Punkte brauche es für den Klassenerhalt, rechnet der sportliche Leiter Hans-Dieter Jürgens vor. "Das sollten wir schaffen", ist er hoffnungsfroh. Wir auch. Stand jetzt zeichnet sich eine wohl etwas ruhigere Saison ab. Neulinge wie Silas Burke oder Julius Hölscher zeigten schon ihr Können, auch ein Noah Afiemo findet sich beispielsweise immer besser zurecht in der höheren Spielklasse.
Westers verkündete seinen Entschluss natürlich nicht erst vorgestern. Borussias Entscheider waren schon etwas länger im Bilde. Dass sich Marc Wiethölter kürzlich dazu entschloss, in Altenrheine die Segel zu streichen, traf sich das gut. Schließlich hatten Jürgens und sein Berater "Cello" Langenstroer eine Liste mit vier potenziellen neuen Trainern, wie Jürgens verrät. "Wir hatten ein Ranking von eins bis vier. Marc war unsere Nummer eins. Wir wissen, dass er ein Trainer ist, der langfristig arbeitet und langfristige Projekte ansteuert. Für uns ist Kontinuität wichtig. Von daher haben wir ihn favorisiert." In der Tat: In Altenrheine wird Wiethölter im Sommer fünf Jahre beschäftigt gewesen sein, in Recke war er zuvor sechs Jahre tätig. Da kommt jemand, um zu bleiben.
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Wiethölter: "Altenrheine hat absolute Priorität"
Wiethölter ist eines wichtig, zu betonen: "Meine Ankündigung, in Altenrheine aufzuhören, habe ich ohne doppelten Boden getroffen!" Vor rund eineinhalb Wochen ließ er beim SCA die Katze überhaupt erst aus dem Sack. Dabei machte er deutlich, dass er noch nichts Neues in der Hinterhand hatte. Die Anfrage aus Emsdetten sei schließlich auch für ihn brutal überraschend gekommen. "Das hat sich alles in den letzten Tagen erst entwickelt", so der Noch-Altenrheine-Trainer. "Solange man mich lässt, werde ich aber alles dafür tun, dass in Altenrheine noch eine erfolgreiche Saison dabei rauskommt. Das kann ich wunderbar trennen. Altenrheine hat bis zum letzten Spieltag noch absolute Priorität!" Dort gibt's auch genug zu tun. Ein Punkt beträgt der Vorsprung auf die Abstiegszone.
Dass Westers kein kleines Erbe hinterlässt, dessen sei er sich bewusst. Das sei in Altenrheiner seinerzeit aber auch mit Daniel Apke so gewesen, scheut sich Wiethölter davor keineswegs. Im Gegenteil: Er freut sich tierisch auf das neue Projekt, auf die Zusammenarbeit mit Jürgens und Langenstroer und auf die neue Liga. "Ich möchte die gute Arbeit, die Roland seit Jahren macht, weiterführen."
Westers ist sich sicher: "Er ist der in meinen Augen perfekte Nachfolger und wird es überragend machen. Mit der Mannschaft ist sicherlich vieles möglich im nächsten Jahr und auch im Jahr danach. Da steckt aber auch noch ganz viel Arbeit drin." Und wo steckt er die Arbeit künftig rein? Nirgendwo mehr als Trainer? "Wenn ich überhaupt irgendwas machen würde, müsste das was sein, wo ich mir denke: Puuuh, ob du das Angebot jemals wieder kriegst...?" Nur, das schiebt er hinterher, welcher Verein soll das bitteschön sein?