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Querpass

Jan Lohmann (M.) ist Lehrwart des Fußballkreises Steinfurt und erklärt gemeinsam mit seinem Kollegen Max Mendrina Regelfragen und komplexe Sachverhalte.

Heimspiel-Regelkunde: Doppelbestrafung 


von Jan Lohmann und Max Mendrina

(08.04.20) In der Partie Öffnet externen Link in neuem FensterEintracht Frankfurt gegen den FC Bayern München läuft die 8. Spielminute, als Jerome Boateng Frankfurts Angreifer Goncalo Paciencia an der Strafraumgrenze per Notbremse stoppt. Der Schiedsrichter entscheidet zunächst auf Strafstoß und Gelb, korrigiert seine Entscheidung nach einem Hinweis des Video-Assistenten jedoch auf direkten Freistoß und Rot. Was auf den ersten Blick bizarr wirkt, ist regeltechnisch völlig richtig entschieden und – man glaubt es kaum – sogar im Sinne des Fußballs.

Die sogenannte Doppelbestrafung bei Notbremsen im Strafraum erhitzte jahrelang die Gemüter vieler Fußballer. Dass ein normales – wohlgemerkt kein brutales – Foul einen Strafstoß und zusätzlich eine Rote Karte nach sich zog, wurde als zu hart empfunden. Die vereitelte Torchance werde schließlich durch den Strafstoß wiederhergestellt. Der Feldverweis on top sei der Bestrafung deshalb zu viel, so die Argumentation. Und tatsächlich ist ein Strafstoß ja nichts anderes als ein freier, ungestörter Torabschluss aus elf Metern, bei dem kein Verteidiger mehr eingreifen kann – mit anderen Worten: eine klare Torchance. Entsprechend sinnvoll war es, die Doppelbestrafung von Notbremsen im Strafraum zu überdenken. Dass diese allerdings nur teilweise und nicht vollständig abgeschafft worden ist, hat seine berechtigten Gründe.

Prinzipiell folgt die aktuelle Regelauslegung der Argumentation, dass auf Notbremsen-Rot verzichtet werden kann, wenn die vereitelte Torchance durch einen Strafstoß wiederhergestellt wird. Der Tatort Strafraum allein genügt allerdings nicht für eine mildere Strafe. Zusätzlich muss nämlich noch ein zweites Kriterium erfüllt sein: Der Verteidiger begeht die Notbremse beim offensichtlichen Versuch, den Ball zu spielen. Er muss also die Intention haben, die Torchance mit fairen Mitteln zu vereiteln. Agiert der Verteidiger dagegen nicht ballorientiert, bleibt die Doppelbestrafung aus Strafstoß und Feldverweis weiterhin bestehen. Denn Vergehen wie Halten, Stoßen oder Handspiel dienen ausschließlich dazu, eine klare Torchance mit unfairen Mitteln zu vereiteln. Bewusst unfaires Spiel soll im Fußball jedoch nicht belohnt werden. Deshalb ist die ballorientierte Spielweise als zweites Kriterium für eine mildere Bestrafung ganz im Sinne des Fußballs, schützt sie doch einen seiner wesentlichen Grundsätze: das Fairplay.

Vor diesem Hintergrund erklären sich die drei Szenarien bei Notbremsen:

 (i) Eine Notbremse außerhalb des Strafraums ist grundsätzlich Rot. 

 (ii) Eine Notbremse innerhalb des Strafraums ist Rot, wenn sie nicht ballorientiert ist oder die klare Torchance nicht durch einen Elfmeter wiederhergestellt wird.

 (iii) Eine Notbremse innerhalb des Strafraums ist Gelb, wenn sie ballorientiert ist und die klare Torchance durch einen Elfmeter wiederhergestellt wird. Das Foul an sich darf hierbei natürlich nicht brutal sein.

Jerome Boateng "durfte" in Frankfurt die Szenarien 1 und 3 innerhalb kürzester Zeit kennenlernen. Für ihn mag die Situation etwas skurril gewesen sein, im Sinne des Fußballs war sie allemal. 

 

Fußball ist ein einfaches Spiel - die Regeln sind allerdings nicht für jeden immer einleuchtend und verständlich. Häufig gibt es auch "Experten", die trotz völliger Ahnungslosigkeit meinen, es besser zu wissen. Um uns alle ein wenig schlauer zu machen, haben wir uns an die Lehrwarte im Heimspiel-Land gewandt, um knifflige Regelfragen näher zu beleuchten und mit Mythen aufzuräumen. Wenn auch ihr eine Regelfrage an unsere Schiedsrichter-Ausbilder habt, dann schickt uns eine E-Mail an Öffnet externen Link in neuem Fensterinfo@heimspiel-online.de!



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