Trainer-Überraschung bei Arminia

von Christian Lehmann

(08.01.21) Es gab einige Namen von potenziellen Nachfolgern, die in den vergangenen Wochen durch den Schierloh geisterten, nachdem Hubi Ahmann verkündet hatte, dass er sein Traineramt bei Arminia Ibbenbüren am Saisonende abgeben werde. Dass der neue Mann auf der Trainerbank des Bezirksligisten Carlos Andrade (45) sein wird, dürfte den einen oder anderen aber schon aus den Socken hauen. Der aktuelle Co-Trainer des Westfalenligisten SuS Neuenkirchen stellte sich am Mittwochabend in einer Video-Konferenz bei seiner neuen Mannschaft vor - und brennt auf seine neue Aufgabe.

"Wir hatten einige Gespräche mit möglichen Kandidaten", verrät uns Arminias Fußball-Abteilungsleiter Dennis Lammers. "Es war eine knappe Entscheidung, letztlich hat vor allem die Erfahrung von Carlos den Ausschlag gegeben. Wir haben uns bewusst viele Trainer angehört, um zu schauen, welcher am besten zur Philosophie von Arminia passt. Wir sind ein familiärer Verein, da muss es menschlich einfach passen." Mit Andrade passte es offenbar. Und nicht nur menschlich bringt der Portugiese, der inzwischen seit über 15 Jahren in Deutschland lebt, die nötigen Kompetenzen mit. 

Profi in Portugal

Der in Lissabon geborene Rechtsfuß, der auch einen Kapverdischen Pass hat, hat in Portugal bei diversen Klubs hochklassig gespielt (Estrela de Amadora, Oriental, Casa Pia, Sporting Pombal, Salguieros, Felguieras) und dort den Sprung in den Profifußball geschafft. Sein Bruder Jorge war sogar Portugiesischer Nationalspieler und spielte unter anderem für den FC Porto, Deportivo La Coruna und Juventus Turin. 

2005 zog es Carlos Andrade nach Deutschland, beim FC Eintracht Rheine, SuS Neuenkirchen und Borussia Emsdetten verdingte er sich im höherklassigen Amateurfußball, ehe er seine aktive Karriere beim 1. FC Nordwalde ausklingen ließ, um eben dort in den Trainerjob zu wechseln. Nach weiteren Stationen bei Preußen Borghorst und Emsdetten 05 (U19) übernahm der Inhaber der UEFA A-Lizenz 2019 gemeinsam mit seinem Landsmann Nelson da Costa den SuS Neuenkirchen, wo das Duo vor einigen Wochen frühzeitig seinen Abschied zum Saisonende ankündigte. 

"Ein super sympatischer Kerl"

"Carlos ist sehr professionell, das hat man in den Gesprächen, die wir geführt haben, gemerkt", sagt Lammers. "Außerdem ist er ein super sympathischer Kerl. Für uns war schnell klar, dass wir das gerne nur mit ihm machen wollen." Wichtig war jedoch dem Klub und der Mannschaft, dass auch Co-Trainer Georg Rohlmann dabei bleibt. Nachdem sich dieser und Andrade bei einem gemeinsamen Gespräch beschnuppert hatten, stand schnell fest, dass die Chemie stimmt. Rohlmann bleibt, Andrade kommt.

Dass er künftig zwei Klassen tiefer unterwegs ist als beim SuS, stört den Übungsleiter nicht - im Gegenteil. "Für mich ist die Liga nicht entscheidend", sagt er. "Wenn die Mannschaft in der Bezirksliga bleibt, dann freue ich mich auf eine interessante Liga mit vielen Derbys." Selbst im Abstiegsfall würde er seine Zusage aber nicht zurückziehen. Mit einem Auge hat er die Spiele der zweiten Mannschaft beim SuS verfolgt, die Liga kennt er trotzdem noch nicht allzu gut - seine Mannschaft bis vor zwei Tagen noch gar nicht.

Erinnerungen an den 1. FC Nordwalde

Spannend fand Andrade aber vor allem, dass zuletzt immer mehr junge Spieler aus der eigenen Jugend in die "Erste" hochgezogen wurden - und dass der Verein die Verjüngung weiter forciert. "Das erinnert mich ein bisschen an den 1. FC Nordwalde. Ich war sechs Jahre da. Auch hier herrscht eine familiäre Stimmung, es ist nicht alles so kompliziert", sagt Andrade. In diesen Stunden telefoniert sich der künftige Coach die Ohren wund und führt Einzelgespräche mit den Spielern des aktuellen Kaders. Mit seinem Vorgänger Hubi Ahmann hat er sich auch schon ausgetauscht. "Ich gehe mit einem positiven Gefühl an die Aufgabe heran", sagt er.

Sobald der Spielbetrieb der aktuellen Saison wieder startet, will Andrade allerdings erstmal mit seiner aktuellen Mannschaft den guten Westfalenliga-Start (12 Punkte, nur eine Niederlage in sieben Spielen) vergolden. "Es waren einige von der Entwicklung überrascht. Nelly und ich haben den Spielern aber immer gesagt, wenn sie uns vertrauen, wird das schon klappen." Im Sommer endet dann eine nicht nur erfolgreiche, sondern auch vertrauensvolle, freundschaftliche Trainer-Zusammenarbeit. "Wir verstehen uns wunderbar. Ich habe mich in Neuenkirchen nie als Co-Trainer gefühlt, wir haben die Aufgaben immer aufgeteilt. Ich wollte jetzt aber für mich einen neuen Weg finden. Vielleicht werden wir irgendwann wieder zusammen eine Mannschaft betreuen..."

Da Costa wünscht seinem Kumpel für die Zukunft alles Gute. "Das ist eine gute Nachricht. Ich freue mich für ihn und hoffe, dass er Erfolg haben wird. Da bin ich aber guter Dinge, dass er das hinbekommt. Das hat er ja auch schon in Nordwalde gezeigt."