Schwarzer sorgt für Ekstase im Endstadium

Von Fabian Renger

(20.05.22) Mein lieber Herr Kokoschinski! Da dachtest du eigentlich, mit Alex Hollermanns 3:3-Ausgleichstreffer nach 93 Minuten wäre die Sache durch gewesen und der SV Burgsteinfurt hätte so gerade noch seine Haut gerettet im Auswärtsspiel beim SC Münster 08. Doch die Stewwerter hatten ihre Rechnung ohne Justus Schwarzer gemacht. Völlig unnötigerweise produzierten die Gäste nach 96 Minuten (!) noch einen Freistoß auf der linken Seite. Der rutschte an Freund und Feind vorbei. Zu Schwarzer. Der im Weg stand und die Kugel wegmachte - der Treffer zum 4:3-Heimsieg der Nullachter. Was folgte, war ein Jubel, der sich gewaschen hatte. Trikot aus und ab ging's zum Marathon über den halben Platz. Ektase im Endstadium.

"Das hat man am Torjubel gesehen, dass die Jungs das Spiel unbedingt gewinnen wollten", war 08-Coach Julian Wiedenhöft geflasht von diesem 90-minütigen Blockbuster. Das hätte er zwar so nicht gebraucht, aber egal: Solche Siege sind ja eigentlich die geilsten. Und wenn eine Mannschaft so eine Mentalität, solche Eier an den Tag legt... "Deswegen macht es so einen Spaß, diese Mannschaft zu trainieren", so Wiedenhöft.

Die Gäste sind zunächst nicht beteiligt am Spiel

Dass seine Elf nicht zu Unrecht auf Platz drei der Rückrunden-Tabelle steht, demonstrierte sie vor allem im ersten Abschnitt. Julius Caßel scheiterte an SVB-Keeper Alexander Moll, Peter Ciuraj am Burgsteinfurter Posten, Gunnar Weber am Lattenkreuz. Es waren gute Kopfbälle der Münsteraner dabei, mehrere Halbchancen. Ja, die 2:0-Halbzeitführung war äußerst schmeichelhaft für die Gäste. Schon beim Aufwärmen habe er gespürt, dass die Einstellung und der Wille nicht so wirklich waren, berichtete nachher SVB-Coach Christoph Klein-Reesink. "Das war die schlechteste erste Halbzeit, die ich so in der gesamten Saison von uns gesehen habe. Die 45 Minuten waren unterirdisch." Es hätte alles gefehlt: Jegliche Bewegung mit und ohne Ball, das Umschaltspiel war nicht vorhanden. Ciuraj traf nach einem Eins-gegen-Eins zum 1:0 (27.), Marius von Felde erhöhte kurz vor der Pause per Fernschuss auf 2:0 (43.).

Nach der Pause waren die Gäste nicht wieder zu erkennen. Es ist nicht überliefert, ob Klein-Reesink die Taktiktafel oder irgendwelche anderen Gegenstände durch die Kabine geschmissen hat. Burgsteinfurt hatte jedenfalls 'ne Menge Wut im Bauch und kam fix zum Ausgleich. Die Hausherren vertendelten die Kugel, die Gäste hatten leichtes Spiel und Helio Ricardo Faria da Silva verkürzte auf 2:1 (50.). Wenig später folgte der Ausgleich. Jason Petris natzte zwei Nullachter auf der linken Seite und legte den Ball in den Rückraum zu Haziri, der das Leder voll erwischte - 2:2 (60.). Alles wieder offen. Verdientermaßen.

Weber aus 35 Metern

Doch dann kam's zum typischen Gunnar-Weber-Moment. Aus gut und gerne 35 Metern hob das Schlitzohr den Ball über den weit vor seinem Tor postierten Moll hinweg galant in die Maschen - Nullacht war wieder vorne mit 3:2 (61.). Da wird man ja geisteskrank.

"Beide Mannschaften hatten Bock, Fußball zu spielen", fand Wiedenhöft Gefallen am Match. Weniger dürfte ihm die 93. Minute gefallen haben. Ein Freistoß von Haziri landete bei Hollermann, der den späten 3:3-Ausgleich markierte. Das vermeintliche Ende. Denn dann bekamen die Gäste die Kugel nicht weg und fingen sich nochmal einen Freistoß - der lang und länger wurde, bei Schwarzer endete und letztlich im Tor. Der Rest war Jubel, Trubel, Heiterkeit. Was für ein wilder Kick...

SC Münster 08 - SV Burgsteinfurt 4:3 (2:0)
1:0 Ciruaj (27.), 2:0 Von Felde (43.)
2:1 Faria da Silva (50.), 2:2 Haziri (60.)
3:2 Weber (61.), 3:3 Hollermann (90+3.)
4:3 Schwarzer (90+6.)