Hochspannende Gedankenspiele

Von Christian Lehmann

(19.05.20) Die Saison 2019/20 ist noch nicht mal zu den Akten gelegt, doch schon jetzt mehren sich die  Fragen, wie es denn nun in der neuen Saison weitergeht. Laut Rahmenterminkalender sollte eigentlich schon im August wieder um Punkte gespielt werden, dieser Termin dürfte allerdings schwer zu halten sein.

Ebenso spannend ist die Frage nach der Neueinteilung der Staffeln. Auf Nachfrage bestätigt Bezirksliga 12-Staffelleiter Gerhard Rühlow das, was wir uns bereits gedacht haben: Derzeit stehen beim Verband zunächst anderen Themen an erster Stelle, über mögliche Staffeleinteilungen werde erst entschieden, wenn der Abbruch der Saison und deren Wertung beim Verbandstag Anfang Juni abgenickt wurden. 

20 Teams in einer Staffel?

Wahrscheinlich ist: Die Bezirksliga 12 in ihrer aktuellen Form dürfte es in der kommenden Spielzeit nicht mehr geben. Neben 13 "Drinbleibern" (aktuelle Staffel abzüglich der Aufsteiger Wettringen und Borussia Münster sowie Absteiger FC Gievenbeck II) gibt es mit dem SC Münster 08, dem SV Bösensell, GW Gelmer (Kreis Münster), Arminia Ibbenbüren, TGK Tecklenburg (Kreis Tecklenburg) sowie den Reserventeams von SuS Neuenkirchen und des SV Mesum (Kreis Steinfurt) sieben potenzielle Neuankömmlinge. Zudem sind mit dem TuS Freckenhorst (Bezirksliga 7) und dem FC Nordkirchen (Bezirksliga 11) noch zwei Teams des Fußballkreises Münster in anderen Staffeln unterwegs. Macht insgesamt je sechs Steinfurter und Tecklenburger sowie zehn Klubs aus dem Großkreis Münster.

Traditionell war es in den vergangenen Jahren so, dass in der Staffel 12 (früher 10) die Kreise Steinfurt, Tecklenburg und Münster zusammen kamen. Dass nun aus 20 oder gar 22 Teams eine Liga gebildet wird, scheint ausgeschlossen. Der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen hat bereits beschlossen, aufgrund der außergewöhnlichen Situation die Anzahl der Bezirksliga-Staffeln von 12 auf 14 zu erhöhen. Daraus ergeben sich gleich mehrere Varianten und Denkmodelle, wie die Münsterland-Bezirksliga künftig aussehen könnte. Obacht: Von diesem Punkt an befinden wir uns im Reich purer Spekulation!

Variante eins: Schon in der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass jene Teams aus der östlichen Peripherie des Kreises Münster der Staffel 7 mit den Kreisen Unna-Hamm, Beckum und Soest zugeordnet wurden. Der VfL Wolbeck und die SG Telgte haben das schon erlebt, auch den SC Münster 08 und GW Gelmer könnte es diesmal treffen. Ohne dieses Quartett wäre die Sollstärke von 16 erreicht - wenn denn Freckenhorst und Nordkirchen in den jeweils anderen Staffeln bleiben.

Variante zwei: Hier könnte im Süden und Westen des Kreises Münster ein Teil der Landkarte "abgeknappst" werden. Für Aufsteiger SV Bösensell und Concordia Albachten wäre etwa eine Auswärtsfahrt zum VfL Billerbeck oder zur TSG Dülmen ein Katzensprung - beide Teams spielen ebenso wie der FC Nordkirchen aktuell in Staffel 11. Auch BW Aasee mit geografischer Nähe etwa nach Nordkirchen oder Lüdinghausen wäre noch ein Kandidat, der aus der Münsterland-Staffel herausrutschen könnte. 

Variante drei: Ein bisschen von Variante eins, ein bisschen von Variante zwei. Schneidet man die Zöpfe von Bösensell und Albachten im Westen sowie Telgte und Wolbeck im Osten ab, käme man ebenfalls auf die magische Zahl 16, die allerdings keinesfalls in Stein gemeißelt ist.

Variante vier: Das ist wohl die verrückteste Idee. In den vergangenen Jahren waren sowohl Vorwärts Epe als auch der FC Epe durchaus daran interessiert, in die Staffel zwölf eingruppiert zu werden. Nimmt man die Teams aus dem Fußballkreis Steinfurt und Tecklenburg zusammen, wäre auch ein komplett neuer Zusammenschluss im Norden Westfalens ohne die Münster-Teams zumindest theoretisch vorstellbar. Nah dran am Fußballkreis Steinfurt wären auch A-Liga-Aufsteiger SV Heek, der TuS Wüllen oder der VfB Alstätte. Die Teams aus Münster könnten sich dann mit denen aus dem Süden, Westen oder Osten zusammenschließen.

Das sagen die Verantwortlichen:

Die Meinungen bei den betroffenen Teams sind sehr unterschiedlich. Beim SC Münster 08 ist man sich sehr wohl bewusst darüber, dass man zu den Grenzfällen zählt. "Wir würden es befürworten, wenn die Staffel bei 16 Teams bleibt. Unserer Ansicht nach ist es derzeit aber noch wichtiger, einen Zeitplan zu haben als die genaue Einteilung", sagt Trainer Julian Wiedenhöft. Eine klare Meinung zu einer möglichen neuen Staffel hat der Coach dennoch: "Wenn wir in die Staffel 7 geschoben werden, wäre das ein Voll-Desaster für uns. Ich persönlich habe keine große Lust, nach Hamm zu fahren. Für uns als zentrumsnaher Münsteraner Verein wäre es natürlich geil, gegen Teams wie Aasee, Gelmer, Wolbeck oder Albachten zu spielen."

Ähnlich sieht man das auch beim VfL Wolbeck. "Wir lassen uns überraschen, was der Staffeltag im Juni so bringt", sagt Trainer Florian Quabeck. Erst kürzlich hat er mit Timo Achenbach, dem künftigen Trainer des TuS Freckenhorst, telefoniert und über die Möglichkeit, in einer gemeinsamen Liga zu spielen, diskutiert. Historisch gesehen ist es durchaus vorstellbar, dass Wolbeck in die östlich gelegene Staffel gesteckt wird, denn schon in früheren Zeiten war der VfL schon Bestandteil der Staffel sieben. "Eine Staffel mit den Münsteraner und Warendorfer Vereinen wäre schon ganz cool, da hätten wir einige Derbys dabei", so Quabeck. Auch wenn er es beispielsweise in Recke immer sehr nett fand, hätte er nichts dagegen, in der kommenden Saison nicht unbedingt die weiten Fahrten in den Fußballkreis Tecklenburg auf sich nehmen zu müssen.

Als wir Jan Lauhoff, den Sportlichen Leiter der SG Telgte anrufen, weiß der schon, was wir wollen. "Ach komm', hör mir mit dem Thema auf. Dazu habe ich vor ner Stunde noch eine Nachricht von unserem Kapitän bekommen." Gerne würde die Mannschaft auch weiterhin in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, sagt Lauhoff. So blauäugig, davon auszugehen, dass ihr dieser Wunsch auf jeden Fall erfüllt wird, sei man aber nicht. "Was soll ich mich jetzt schon damit beschäftigen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Thema auch beim Verband noch nicht auf der Agenda steht. In der Aufstiegsfrage sind gute Lösungen gefunden worden, es wird aber auch hier so sein, dass nicht alle zufrieden sind."

Kuhlmann: "Nicht in der Position, Wünsche zu äußern"

Mit viel Demut gehen BW Aasee und Trainer Andre Kuhlmann mit dem Thema um. "Wir sind nicht in der Position, Wünsche zu äußern. Der FLVW hat in den letzten Wochen, ganz anders als andere Verbände, sehr starke Entscheidungen getroffen. Sich hinzustellen und zu meckern, halte ich für falsch." An der Bonhoefferstraße würde man sich also wohl nicht groß beschweren, wenn man etwa nach Merfeld, Reken oder Gescher fahren müsste. Sportlich wäre das für den Tabellenletzten der abgebrochenen Saison vielleicht sogar von Vorteil: "Ich halte die jetzige Staffel 12 für sehr stark. Vielleicht wäre eine andere für uns ja sogar einfacher..." Nichtsdestotrotz findet auch Kuhlmann: "Es wäre schon sehr schade, wenn die Derbys gegen Wolbeck oder Nullacht für uns wegfallen würden."

Jürgen Bergs, Vorsitzender von Concordia Albachten, würde sich freuen, wenn sich am derzeitigen Status Quo möglichst wenig ändert. "Wir hoffen natürlich, dass wir weiterhin die Derbys haben. Es wäre schön, wenn wir nicht ganz so weit fahren müssten." Gerne würde er aber auch gegen den designierten Aufsteiger aus Bösensell spielen, mit dem sich das Team in den vergangenen Jahren immer wieder spannende enge Duelle geliefert hat. "Wir haben aber letztlich wenig Einfluss darauf und nehmen es, wie es kommt."   

Ziemlich entspannt und ohne großen Bammel gehen sie beim SV Bösensell in ihre womöglich erste Bezirksliga-Saison. "Ich persönlich würde mich wohl eher in Richtung Westen orientieren, weil ich ja früher selber in Dülmen oder Buldern gespielt habe", meint der Sportliche Leiter Mathias Krüskemper. "Meines Wissens darf man einen Antrag stellen und seine Meinung darüber äußern, wo man hin möchte. In Billerbeck, Merfeld oder Dülmen war immer viel los am Platz, andererseits sind die Spiele gegen Albachten, Wolbeck und Aasee auch reizvoll. Letztlich ist es fast schon egal, weil sowohl die Staffel 11 als auch die 12 total attraktiv sind." Die Fahrtwege dürften sich nach Krüskempers Einschätzung die Waage halten. Und er hat Recht: Nach Epe (63km) oder Stadtlohn (54km) ist es in etwa ebenso weit wie nach Recke (69km) oder Tecklenburg (50km).