Nichts für schwache Nerven

Von Fabian Renger

(20.06.22) Sowas haben wir selten erlebt. Die Halbfinals der Aufstiegs-Relegation der Frauen-Bezirksliga-Vizemeister sind Geschichte. BW Aasee und Turo Darfeld stehen sich am kommenden Donnerstag (23. Jun) auf dem Gelände von BWA im Finale zum Landesliga-Aufstieg gegenüber. Doch wie beide Teams ihr Semifinale am Sonntag gewannen - also da fehlen uns tatsächlich etwas die Worte. Darfeld siegte in der tiefsten Nachspielzeit - und das, obwohl die Mannschaft gerade frisch von der Mannschaftsfahrt aus Düsseldorf zurückgekehrt war. Und BWA? Ja, wie gesagt: Das war mehr als blanker Wahnsinn. 24 (!!!!!!!!) Elfmeter gab's im Elfmeterschießen zu sehen. Und massenweise Matchbälle. Wenn da nicht irgendjemand jetzt einen Herzkatheter braucht...

BW Aasee - Spvg Steinhagen 8:7 n.E. (0:0/1:1/1:1)
An die reguläre Spielzeit schloss sich hier eine Verlängerung an. Und danach erst die Entscheidung vom Elfmeterpunkt. "Das ist schon eine harte Belastung", räumte BWA-Trainer Kolja Steinrötter ein. "Der Kräfteverschleiß ist schon krass." Nach dieser langen Saison zu diesem Zeitpunkt noch über die volle Distanz gehen zu müssen - anstrengend. Doch dieses Elfmeterschießen setzte dem Ganzen die Krone auf. Denn das war enorm krass.

BWA legte stets vor. Tabea Thoma hätte mit dem fünften Versuch das Spiel zugunsten der Münsteranerinnen entscheiden können, dübelte den Versuch aber über den Zaun. Es ging hernach auch im Elfmeterschießen in die Verlängerung. Da verschoss BWA erstmal drei Versuche nacheinander, Steinhagen hatte also drei Matchbälle auf dem Fuß - und versemmelte sie allesamt. Ja, wollte denn keiner gewinnen? Aberwitzig. Nach elf Schützinnen jedes Teams ging's dann wieder von vorne los. Theresa Löderbusch erzielte das 8:7, der anschließende Elfer von Steinhagen ging an den Innenpfosten. "Das waren fünf Millimeter", prustete Steinrötter durch und zeigte Mitgefühl: "So auszuscheiden, das ist besonders bitter." Alleine Aasees Keeperin Catharina Dos Santos Carlos hielt übrigens vier Elfmeter.

Während der 90 Minuten war es indes eine - abgesehen vom Resultat - eher nicht so enge Angelegenheit. BWA hatte die Hosen an und kontrollierte das Geschehen, ließ aber unzählig viele Chancen aus. Das hätte sich beinahe gerächt, als die Gäste in Führung gingen durch Clara Köpke (47.). "Davor und danach hatte ich nie so richtig die Sorge, dass die ein Tor schießen", so Steinrötter. Doch seine Elf kam einzig durch Samira Mittring zum Ausgleich (67.). Mittring traf zudem nochmal den Pfosten, Aasees Theresa Kohl ebenfalls. Später war der Pfosten aber ja Aasees Freund...
Tore: 0:1 Köpke (47.), 1:1 Mittring (67.)
Im Elfmeterschießen trafen für BWA: Löderbusch (2x), Stötefalke, Dos Santos Carlos, Holm, Kohl und Leibold.
Im Elfmeterschießen trafen für Steinhagen: Lausch, Steinecker, Strunk, Özkan, Rabe sowie Jungmann

Turo Darfeld - SF Sümmern 3:2 (1:1)
"Das war nichts für schwache Nerven." Turos Trainer Sascha Kölking wirkte etwas mitgenommen. Das hatte Gründe. Zum einen, weil Wiebke Honrath das Spiel  erst in der 93. Minute für Darfeld entschieden hatte. Einen auf halblinks in die Tiefe gespielten Pass erlief Honrath mit der letzte Kraft und vollstreckte. Danach brach der Jubel los. Logisch: Last-Minute-Siege sind immer schön. Vor allem in einem Spiel dieser Bedeutung. Aber man muss dazu wissen: Darfeld weilte am Wochenende noch auf Mannschaftsfahrt in Düsseldorf. Kölking war erstaunt, dass seine Truppe bis zur 93. Minuten durchgehalten hatte. "Respekt", entfuhr es ihm ob des ständigen Anrennens seiner Elf. Der Aufwand war schon enorm.

In der ersten Halbzeit sah Kölking noch ein relativ ausgeglichenes Match. Auf Honraths ersten Streich (1:0/16.) antwortete Felina Hein mit dem 1:1 (21.). Turos Torhüterin Pia Schemmer wollte einen Rückpass raus schlagen und schoss die Torschützin an. Marke Kacktor. Kurz darauf musste Janina Heuer nach einer Handverletzung raus. Und als direkt nach dem Wiederanpfiff Sabrina Maihöfer die Gäste mit 2:1 in Führung gebracht hatte(46.), schien sich endgültig alles gegen Darfeld verschworen zu haben,

"Aber so wie ich meine Mädels aus der Saison kenne, haben sie nicht aufgegegeben," freute sich Kölking. Carolin Gorsler verwandelte einen Freistoß direkt zum 2:2 (62.). Jetzt hatte Darfeld endgültig das Heft des Handelns in der Hand, traf noch zweimal die Latte. "Die Mädels haben nicht aufgehört, Fußball zu spielen", so Kölking lobend. Und als die Verlängerung näher rückte, brachte Honrath Darfeld zum Explodieren...
Tore: 1:0 Honrath (16.), 1:1 Hein (21.)
1:2 Maihöfer (46.), 2:2 Gorsler (62.)
3:2 Honrath (90+3.)