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Querpass

Bock aufn Bock


Von Luca Adolph

(25.10.22) Oben auf dem Bock zu stehen und dabei in kurzer Zeit eine Entscheidung zu fällen, ist oft nicht die dankbarste Angelegenheit. In der Oberliga 2 hatte Humann Essens dritte Kraft den Satzball vom VfL Telstar Bochum auf der Kralle und schoss den VfL nach einer klaren Fehlentscheidung mit 3:0 aus der heimischen Halle. Da Schiedsrichter Marco Vahldiek der Antennenkontakt im zweiten Durchgang durch die Lappen ging, spielten sich die Humänner noch zum Satzgewinn. Wenn man wie Telstar danach mit 0:3 verliert, stellt man sich natürlich die berechtigte Frage, wie konnte das nun passieren?

Ob die Bochumer gegen den Tabellenführer danach für einen Punkt in Frage gekommen wären, kann leider nicht mehr beantwortet werden. Klar ist jedoch, Volleyball ist ein Fehlersport – sowohl auf dem Feld als auch auf dem Bock. Im Schnitt werden deutlich über hundert Punkte ausgespielt. Oft geht es schnell und das Schiedsgericht muss augenblicklich reagieren. Für alle an der Pfeife bricht Blau-Weiß Aasees Schiedsrichterwart und Drittliga-Referee Christian Deutsch daher eine Lanze und erzählt, warum das Pfeifen eigentlich ganz geil ist.

Christian Deutsch bricht eine Lanze für Schiedsgerichte. Foto: Unknown

Christian, Du bist schon was länger als Schiedsrichter dabei. Wie bist Du dazu gekommen?

Ich habe nie wirklich höher als in der Landesliga gespielt, sodass an Spieltagen häufig das zweite Spiel von uns gepfiffen werden musste. Wie es in jeder Mannschaft so ist, hast Du meist eins, zwei Spieler, die bereit sind, sich oben auf den Bock zu stellen. Ich war meistens einer davon und habe nach der CA- auch meine C-Lizenz gemacht. Als ich 2015 bei Blau-Weiß Aasee Schiedsrichterwart wurde und für unsere oberklassigen Mannschaften Pflichtschiedsrichter suchen musste, konnte ich schlecht dafür werben, ohne zu wissen, wovon ich spreche. Kurzerhand habe ich mich dann für die B-Kandidatur angemeldet, beim zweiten Anlauf bestanden und immer mehr Spaß am Pfeifen gefunden. Pflichtschiedsrichter suchen wir allerdings Öffnet externen Link in neuem Fensterimmer noch.

Du sprichst den Mangel an Schiedsrichtern bereits an. Was meinst Du, woran es liegen mag?

In meinen Augen besteht der darin, dass zu wenig Werbung gemacht und das Pfeifen häufig wie das Übel der schmutzigen Trikottasche betrachtet wird. Alleine das Wort "Pflichtschiedsrichter" löst bei vielen schon Ablehnung aus, weil sie denken, dass sie dann pfeifen müssten, wenn sie selber ein Spiel haben. Das stimmt so aber nicht, denn als Pflichtschiedsrichter bestimmt man selber, welche Termine man freigibt.

Wäre es bei dem Mangel an Schiedsgerichten nicht denkbar, erfahrenen Spieler:innen aus den oberen Ligen einfach Lizenzen auszuhändigen, ohne dafür aufwendige Lehrgänge besuchen zu müssen?

Nein, das reicht nicht und ich bin auch kein Freund davon, Lizenzen einfach auszuhändigen. Um Schiedsrichter zu werden, muss man das Regelwerk gut kennen. Es gibt immer Spielsituationen, die nicht so oft vorkommen und auf die man gut vorbereitet sein muss. Wer er sich aber zutraut, muss nicht die vorgeschlagenen Jahre zwischen den Lizenzstufen abwarten und kann innerhalb eines Jahres mehrere Schiedsrichter-Lehrgänge besuchen. Ab der Oberliga wird man dann auch durch erfahrene SR-Kollegen begleitet. Ich hab mich immer über eine Beobachtung gefreut. Das hat mich deutlich weitergebracht, sodass ich seit 2019 auch in der Dritten Liga Spiele leiten darf.

Trotzdem ist sicher nicht jeder dafür gemacht, dem Druck auf dem Bock standzuhalten. Was würdest Du Dir denn von der Spielerseite wünschen?

Es würde sicher ein paar Diskussionen ersparen, wenn der eine oder andere das Regelwerk noch ein bisschen besser drauf hätte. Sicher würde das die angesprochene D-Lizenz erleichtern. Allein schon, weil die Sicht eine ganz andere ist. Du stehst da hinter der Antenne und hast einen Unterschied von 90 Grad, was den Blickwinkel zwischen Spieler und Schiedsrichter betrifft.

Wie in vielen Hallen war auch die Aufregung nach der Fehlentscheidung in Bochum groß. Wie bewertest Du die Situation?

Es ist schwierig, das innerhalb von Sekundenbruchteilen richtig zu bewerten, ob der Ball an der Netzkante oder an der Antenne war, weil beides wackelt. Auch da würde ich jedem nur raten, es einmal selber zu probieren. Dann wird schnell klar, dass es gar nicht so einfach ist. In dieser Situation hat der Kollege sicher mit bestem Wissen und Gewissen bewertet und entschieden, aber das Video lässt die beiden natürlich etwas unglücklich aussehen.

Wie gehst Du persönlich mit strittigen Entscheidungen um?

Immer neutral und freundlich bleiben. Du kannst nur bewerten und entscheiden, was Du selber gesehen hast oder Dein 2. Schiedsrichter Dir an Unterstützung mitgibt.

Hilft es Dir, deine Erfahrungen als Spieler einzubringen? Du bist ja selber noch bei Münster 08 aktiv.

Ja, das hat sogar einen doppelten Nutzeffekt. Zum einen kannst Du Erfahrungen für Dich als Spieler in bestimmten Situationen einsetzen und zum anderen auch mal den Schiedsrichter, der Dein Spiel leitet, auf die korrekte Auslegung der Spielregeln hinweisen.

Was macht das Pfeifen für Dich eigentlich aus?

Für mich ist das die Chance, bei höherklassigem Volleyball dabei zu sein, wenn es so richtig knallt. Dazu hatte ich als Spieler nie die Möglichkeit. Aber auch der Stress ist eine Art Nervenkitzel. Wenn Du innerlich weißt, dass Du die richtige Entscheidung getroffen hast, ist das schon ein gutes Gefühl. Da kann eine Mannschaft auch mal toben. Versüßt wird es von einem Einsatzgeld. Davon wirst Du nicht reich, aber davon kannst Du schön mit deinem Partner essen gehen, was dann für Deine Abwesenheit entschädigt.

Was würdest Du Deinen werdenden Kollegen mit auf den Weg geben?

Schaut vor allem, dass es Euch Spaß macht. Bereitet Euch aber auch gut vor, das machen die Mannschaften nämlich auch. Da kann man sicher gerne mal etwas öfter ins Regelwerk gucken.

 

Unsere zehn "Ass oder Arschloch"-Fragen:

Mal einen Doppelfehler anzeigen oder knallhart bei der Entscheidung bleiben?
Entscheide so gut es geht. Zur Not hör auf Dein Bauchgefühl und schaue auch mal in die Gesichter der Spieler. Oft kann man daraus lesen.

Lockere oder strenge Zuspiel-Linie?
Locker. Es ist viel einfacher, mal eine deutliche Doppelberührung rauszunehmen als die ganze Zeit bei einer strengen Linie zu bleiben.

Selber pfeifen oder zocken?
Volleyball ist Mannschaftssport und die Kontakte brauche ich, also spiele ich lieber. Aber Schiedsrichter sein, ist schon ein großes Hobby geworden.

Münster 08 oder BWA?
Ich habe bei beiden gespielt und bin auch bei beiden noch Mitglied. Jeder Verein hat was für sich.

"Anwichsen" oder hart vorbei schlagen?
Achwichsen.

Welche deiner zwei Zuspiel-Granaten stellst Du auf? Marcel Middendorf oder Sven Müller?
Beide sind schwer in Ordnung. Sogar sehr schwer ;-)

Nach dem Spiel in Udos Vereinsheim einkehren oder ab in die Dille?
Bei Udo hat es mehr Teamcharakter. Wird aber Zeit für eine Renovierung.

Mannschaftsfahrt nach Malle oder Prag?
Malle, aber bitte nicht mehr in den Sommerferien.

Mia Julia oder Bon Jovi?
Mia Julia (lacht)

Fass- oder Dosenpils?
Ganz klar vom Fass. Ein Freund von mir hat mal ein Weinfass restauriert und darin ein Kühlsystem mit Zapfanlage installiert. Super Idee! Müssen es nun aber reparieren, weil zu viel Bier geflossen ist.

 

In unserer Rubrik "Ass oder Arschloch" stellen wir ausgewählten Persönlichkeiten aus der Volleyballszene zehn knallharte Entscheidungsfragen, die sie möglichst spontan und im Idealfall auch noch mit einer flotten Begründung beantworten sollen.

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