Querpass

Florian Exner entschied sich 2008 glücklicherweise gegen das Austragen von Zeitungen und für den Dienst an den Pfeife. Heute ist er sogar in der 1. Bundesliga als 4. Offizieller im Einsatz, pfeift bis hoch zur 2. Liga, aber auch in der Oberliga - oder wie hier beim Ausber-Cup 2022. Foto: Greshake

"Ich würd's immer wieder machen"


Von Fabian Renger

(14.04.23) Wir schreiben das Jahr 2008. Florian Exner ist 17 Jahre jung und tritt für BW Beelen gegen den Ball. Irgendwie kommt er zu der Zeit mit der Schiedsrichterei in Berührung und findet das Thema ganz prickelnd. Etwas Taschengeld schadet ja bekanntlich nie. Er erinnert sich: "Ich dachte mir: Ich kann jetzt Zeitungen austragen oder mache eben sowas." Er entschied sich gegen den Job des Zeitungsboten und für den Dienst an der Pfeife. Heute ist er 32, pfeift in der 2. Bundesliga und ist als 4. Offizieller sogar in der 1. Bundesliga unterwegs. 

Warum wir euch das heute erzählen? Ganz einfach. Der Fußballkreis Münster sucht derzeit wieder nach neuen Referees. Ende Mai steht der nächste Anwärterlehrgang (Daten s. unten) an. Und wir haben uns bei der Gelegenheit gefragt: Warum sollte man eigentlich Schiedsrichter werden? Philipp Hagemann muss das eigentlich am besten wissen. Seine Anwärterprüfung legte er im Jahr 2000 ab, übrigens damals im Nachbarkreis Ahaus-Coesfeld. Über den Trainerschein kam er an die Pfeife. Heute ist er Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses.

Exner: "Das hat mir so viel gebracht für die weitere Zukunft"

"Das ist eine absolute Persönlichkeitsschulung", holt der oberste Schiedsrichter Münsters aus. "Junge Berufseinsteiger sagen mir immer wieder, dass sie darauf angesprochen werden. Man lernt unglaublich viel für den beruflichen Alltag und an sozialer Kompetenz auf dem Fußballplatz." Da geht Exner mit. Er arbeitet wie Hagemann als Anwalt. "Das hat mir so viel gebracht für die weitere Zukunft, die Spiele mit teilweise deutlich älteren Personen. Wenn man's auf dem Feld mit 22 Spielern schafft, kriegt man viele andere Sachen auch hin", findet Münsters Bundesliga-Export.

Einer, der es ganz frisch mit 22 Spielern aufnimmt, ist Mika Timmermann. Der Schüler absolvierte seine Anwärterprüfung erst im vorigen Jahr. Rund zwölf Monate später ist er bereits im Seniorenbereich aktiv. Am 12. März leitete er sein erstes Herrenspiel. BW Aasee III gegen GS Hohenholte II, Kreisliga C, gleich ein knackiges 6:2. Dazu gehört schon viel Mumm - Timmermann ist nämlich erst 17. "Das ist natürlich was anderes, als wenn ein Jugendlicher auf dich zu kommt. Die meinen das dann auch ernst, den Respekt muss man sich gerade als junger Schiedsrichter erstmal ergattern", sagt Timmermann. 

Alleine gelassen wird kein Schiedsrichter-Anfänger, in den ersten Spielen werden sie von einem erfahrenen Schiedsrichter begleitet: Hier bekommt Mika Timmermann vom erfahrenen Philip Roedig ein Feedback nach seinem Debüt im Herrenbereich. Foto: FLVW-Kreis Münster

Er pfeift für den VfL Senden, trat dort auch selbst gegen die Murmel. Bereits vor etlichen Jahren war Timmermann mal bei einem E-Jugend-Freundschaftsspiel als Unparteiischer gefragt. "Da war ich selbst erst zehn oder elf. Das hat mir Spaß gemacht, da habe ich mir dann gedacht: Ich kann's ja mal ausprobieren", so der Youngster. "Ich wollte immer schon über Dinge entscheiden, aber nicht der Mann sein, der im Mittelpunkt steht - und das ist ja eigentlich das Beste für einen Schiedsrichter."

Also meldete er sich 2022 für die Anwärterprüfung an. Die ist kein Hexenwerk und besteht aus einem theoretischen Teil mit 30 Regelfragen und einer Laufprüfung über 50 Meter, 100 Meter und einer etwas längeren Distanz. Alles machbar. Gerade die Praxis. "Da wird keiner, der in den letzten zehn Jahren mal irgendwann Sport getrieben hat, dran scheitern", räumt Timmermann Zweifel süffisant aus dem Weg.

Wenn man die geschafft hat, geht's dann irgendwann los. Als Schiedsrichter-Neuling startet man sachte mit Jugendspielen. Bei Timmermann war's ein B-Jugend-Testkick. Die Münsteraner setzen dabei auf ein Patenprogramm. In den ersten Partien begleitet ein erfahrener Schiedsrichter die Neuzugänge bei ihren Auftritten. Im Anschluss erfolgt ein Feedback mit Lob und Verbesserungsvorschlägen. Exner betont: "Da muss sich keiner alleine gelassen fühlen. Gerade Philipp ist da sehr empathisch. Wir haben sowieso eine geile Schiedsrichter-Community in Münster." Timmermann durfte übrigens sogar schon in der Landes- und Bezirksliga als Linienrichter assistieren. Ein steiler Werdegang.

Hagemann: "Ein extrem flexibles Hobby"

Wenn ihr aber euch jetzt sagt: Ihr möchtet doch noch weiter spielen, geht das überhaupt konform? Kein Problem. Kein Hindernis. "Das ist ein extrem flexibles Hobby. Jeder kann selbst entscheiden, wie viel und wann er pfeift. Nur Jugendspiele oder nur jede zweite Woche", berichtet Hagemann. Einzige Voraussetzung: 15 Spiele müssen es im Jahr minimum werden. Locker möglich. Timmermann verweist auf einen weiteren Vorteil: "Das Verletzungsrisiko ist viel, viel niedriger." Also wenn's häufiger im Knie zwickt, warum nicht einfach mal die Perspektive wechseln.

Viele weitere Benefits kommen oben drauf. Das Taschengeld, freilich. Gerade erst wurden die Spesen erhöht. Schon im Kreisliga-Bereich gibt's 27€ pro Partie zuzüglich Fahrtkosten. (Öffnet externen Link in neuem Fensterhier entlang zur Spesen-Übersicht) Hinzu kommt der freie Eintritt zu Bundesliga-Spielen. Ist jetzt auch nicht das verkehrteste. Aber es geht natürlich noch um viel mehr als Geld. Hagemann schwärmt abschließend: "Es ist einfach ein superschönes Hobby, bei dem man immer wieder mit Menschen zu tun hat. Man lernt viele neue Sportplätze und Orte kennen. Es enstehen unglaubliche viele Freundschaften und Verbindungen." Auch Exner könnte nicht mehr ohne: "Ich würd's immer wieder machen. Wenn ich mal ein Wochenende ohne Fußball habe - ich weiß gar nicht, was ich da machen soll..."

Der nächste Lehrgang steigt Ende Mai. Aktuell liegen etwa 15 Anmeldungen vor. Insgesamt hat Hagemann rund 280 Unparteiische unter seinen Fittichen. "300 war immer mein Ziel", sagt Hagemann. Da geht also noch ein bisschen was. Das nächste Anwärter-Seminar ist für alle Interessierten ab 15 Jahre. Es richtet sich ausdrücklich natürlich auch an Frauen!

Der neue Anwärterlehrgang findet an folgenden Terminen statt:

20.05.2023

27.05.2023

03.06.2023

10.06.2023

Uhrzeit: 9:00 bis 13:30 Uhr

Voraussichtlicher Ort: Schulungsräume des SC Münster 08 (Kunstrasenplatz), Mauritz-Lindenweg 95, 48145 Münster

Die Prüfung erfolgt im Anschluss des Lehrgangs.

Mika Timmermann ist erst 17 - pfeift aber schon Seniorenspiele oder assistier im überkreislichen Bereich. Erst vor einem Jahr legte er seine Prüfung zum Schiedsrichter ab. Foto: FLVW Kreis Münster
Philipp Hagemann ist seit 2000 bereits Schiedsrichter und heute auch noch regelmäßig unterwegs. Er ist Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses und stellvertretender Kreisvorsitzender. Foto: Lehmann