Kevin Wenning (l.) und Dominik Düker sind im Langenhorster Spiel zwei wichtige Stützen.
Christian Kuhmann könnte bald als Mittelstürmer auflaufen.

Langenhorsts etwas andere Sturmalternative


von Alex Piccin

(14.08.18) Etwas überraschend ist die SpVgg Langenhorst/Welbergen mit einem Sieg in die Saison gestartet - zumindest empfindet es das Trainerteam um Thomas Fraundörfer und Thorsten Bäumer so. Bei Emsdetten 05 II hat der Aufsteiger von seinen Prunkstücken Doppelsechs und der Offensivreihe davor gezehrt, obwohl diese in den kommenden Wochen und Monaten dezimiert sein wird. Da Not erfinderisch macht, werden im Vechtestadion neue Alternativen entworfen. Wir beleuchten die Personalsituation bei den Langenhorstern und wagen einen Blick auf die taktische Ausrichtung.

Wer fehlt?

B-Liga-Torschützenkönig Luca Vogel hat in seinem Empfehlungsschreiben 30 Saisontreffer notiert, ohne alle Spiele mitgemacht zu haben. Der 18-Jährige durfte im letzten Saisonspiel gegen Westfalia Leer II das Team als Kapitän aufs Feld führen. Er netzte auch gleich zweimal ein, verletzte sich dann aber schwerer am Knie. "Die Kniescheibe ist bei einem Torschuss heraus- und wieder reingesprungen, als ein Gegenspieler mit seinem Knie an mein Knie gekommen ist", erinnert sich der Angreifer. Das Knie ist nach der Operation noch immer recht dick, die Hinrunde ist für Vogel gelaufen - eigentlich. Der Pyhsio habe ihm mitgeteilt, dass er eventuell schon im Oktober erste Laufeinheiten absolvieren kann. Fraundörfer mahnt allerdings: "Luca kennt seinen Körper, doch er sollte auch auf die Ärzte hören." Das hat sich Vogel zu Herzen genommen: "Mein Ziel ist die Rückrunde. Ich kann aber aktuell nicht klagen und versuche derzeit, die Muskulatur wieder aufzubauen." Der Spruch "nicht übers Knie brechen" zieht in diesem Fall bei mehreren Langenhorstern.

Denn Probleme mit diesem Gelenk haben eine ganze Reihe SpVgg-Kicker. Ganz aus dem Spiel ist Philipp Holtmann nach seinen Kreuzbandrissen, wie Fraundörfer verrät: "Er hat gesagt, das war's. Für ihn tut es mir unendlich Leid. Gesundheit und Beruf gehen aber vor." Ein weiterer Dauergast im Knie-Lazarett ist Fabian Münstermann, der beim Pokalspiel in Metelen mit Trombosestrumpf und auf Krücken seine Kameraden unterstützt hat. Beide haben ihr letztes Spiel vor ein bis zwei Jahren bestritten. Bei Münstermann versprüht der Coach leichten Optimismus: "Er brennt. Wir werden in der Winterpause mal schauen, ob er wieder mit Lauftraining beginnen kann."

Absehbarer ist die Rückkehr Marcel Wennings. Nach einer Bauch-OP wird es allerdings auch bei ihm noch mindestens vier bis sechs Wochen dauern, ehe er wieder auf dem Platz stehen kann. Neben den Offensivkräften fehlt auch hinten ein ganz wichtiger Mann. Alex Holtmann kam zu Saisonbeginn von Vorwärts Wettringen und soll mit seiner Erfahrung in der Innenverteidigung für die nötige Stabilität sorgen. Das Innenband macht noch immer Zicken, sagt Fraundörfer: "Vor zweieinhalb Wochen hat er einen Rückschlag erlitten. Einige Wochen braucht er wohl noch. Wir möchten nichts überstürzen."

Christian Kuhmann hat sich einem chirurgischen Eingriff an der Hand unterzogen und wird erst im Oktober wieder zwischen den Pfosten erwartet. Rückkehrer Peer Berghaus ist damit zunächst konkurrenzlos, wird jedoch am kommenden Wochenende gegen Borussia Emsdetten II ausfallen. 

Die Alternativen

Für ihn sollte eigentlich A-Junioren-Schnapper Thomas Stücker im Tor stehen, doch der weilt im Urlaub. Möglich, dass Lennart Hille aus der Reserve aufrückt, oder Plan B zieht. Manuel Brügge ist eigentlich Feldspieler, half aber in der Vergangenheit bei der Zweiten und Dritten immer wieder mal im Tor aus. Für die Kreisliga A käme der ungelernte Greifer allerdings einer Notlösung gleich.

Vogel ist als Mittelstürmer trotz seines jungen Alters schwer zu ersetzen. Diesen Part hat aktuell Salim Omar übernommen, der aus der Reserve rekrutiert worden ist. "Er ist immer hoch konzentriert bei der Sache und sehr bemüht, auch im Training", schildert Fraundörfer. In Sachen Tor-Gen kommt er an seinen jungen Kollegen jedoch nicht heran und vom Spielertyp eher einem Wühler gleich. Das Ballhalten ist nicht seine Paradedisziplin. Gleiches gilt für Tim Heinrich, der ähnliche Charakterisken vorweist. 

Aus dieser Not und in einer Bierlaune entstand die Idee, zumindest zeitweise einen ganz anderen Spieler zum Stoßstürmer umzufunktionieren. In dieser Woche bekommt Kuhmann die Schiene entfernt und kann dann Laufeinheiten absolvieren. Da er mit dem Ball umgehen kann und als letzter Mann gerne im Aufbau mitspielt, haben sich Mannschaft und Verantwortliche gedacht, Kuhmann an vorderster Front einzusetzen. "Es ist eine Überlegung und er ist nicht abgeneigt", offenbart Fraundörfer.

In der Innenverteidigung machen David Kleine-Rüschkamp und Henning Wichmann ihre Sache ordentlich. Sollte einer der beiden in der nächsten Zeit, ehe Holtmann wieder fit ist, ausfallen, müssen die Trainer improvisieren. Die Doppelsechs zu sprengen und Dominik Düker zurückzuziehen, wäre eine Möglichkeit, die dann aber weiter vorne eine große Lücke reißt.

Taktische Ausrichtung

Die große Baustelle ganz vorne ist unterm Strich zu verschmerzen, meint Fraundörfer: "So blöd es auch klingt, das tut derzeit nicht ganz so weh." Christian Holtmann und Kevin Wenning sind verlässliche Größen im gelb-schwarzen Angriffsspiel. Zudem haben die Trainer ihr Team in der Grundordnung etwas defensiver ausgerichtet. "In der Kreisliga B haben wir in 99,9 Prozent der Fälle das Spiel gemacht und standen auch recht hoch. In diesem Jahr versuchen wir, aus einer gesicherten Verteidigung heraus zu kontern", sagt Fraundörfer. Das sei in erster Linie gegnerabhängig. Prinzipiell sollen die Hintermannschaft und das Mittelfeld jedoch einen hohen Kompaktheitsgrad bekommen. Je mehr Spiele die Truppe absolviert, umso größer werde das Selbstvertrauen, hofft der Coach.

2017/18 war noch die letzte Reihe die Baustelle der Spielvereinigung, eben weil die gesamte Mannschaft sehr hoch stand und so auch mal Lücken entstehen ließ. Die Geschwindigkeit fehlte ebenfalls, um schnelle Gegenstöße sicher abzufangen, erinnert sich Fraundörfer. Abwehrschirm und zugleich erster Taktgeber ist das Defensive Mittelfeld. Dominik Düker und Kapitän Sven Ochse bilden eine Doppelsechs, für die die Langenhorster von mancher Liga-Konkurrenz mindestens wohlwollendes Kopfnicken, wenn nicht gar neidvolle Blicke ernten. 

Ob Fraundörfers und Bäumers Plan einer defensiv ausgerichteten Langenhorster Mannschaft aufgeht, darf zumindest kurzfristig mit einem Fragezeichen versehen werden. Jahrelang präsentierte die Spielvereinigung einen Fußball mit Frontantrieb. Eine Umstellung nach Gusto der Trainer benötigt Zeit und Personal. Sie würde allerdings auch die eigene Stärke beschneiden. Darauf, dass es funktionieren kann, deutet der tief verwurzelte Teamzusammenhalt an. Die Verletzten wie Marcel Wenning, Philipp Holtmann oder Münstermann sind regelmäßige Zaungäste bei den Spielen ihrer Mannschaft. "Auch die Alten Herren haben versprochen auszuhelfen, wenn mal Not am Mann ist", kündigt Vogel an. Nur eines hat er ausgeschlossen. Sollte die Idee Kuhmann als Mittelstürmer zünden, wird er sich nicht die Handschuhe überstreifen. "Nix! Soweit kommt es nicht", sagt er lachend.