Serie: Die Sidekicks der Kreisliga

Legende an der Linie: Ralf Glasner hat schon so manches Mal dafür gesorgt, dass der Heimspiel-Fotograf zu spät zum Anschlusstermin gekommen ist.

"Ohne Humor geht es nicht"


Von Christian Lehmann

(16.02.21) Die geplante Karriere als Rechtsverteidiger endete jäh für Ralf Glasner. Bei einem Unfall im Teenager-Alter zog er sich einen Trümmerbruch im Schienbein zu und spielte fortan nie wieder aktiv Fußball. Einer glücklichen Fügung aus Sicht des SC Altenrheine ist es zu verdanken, dass der Kult-Betreuer den Weg zurück auf den Platz fand. Seit vielen Jahren hebt der heute 53-Jährige ("Ich weiß, ich hab' mich gut gehalten!") beim SC Altenrheine II nicht nur die Fahne, sondern auch die Stimmung. Sein Credo: "Ohne Humor geht es nicht". Was Glasner vielen voraus hat: Er kann auch über sich selbst lachen.

"Er ist positiv bekloppt. Ein klasse Typ, der sich um etliche Dinge kümmert, an die man sonst nicht denkt. Man merkt, wie sehr ihm der Fußball am Herzen liegt. Auf Ralf ist absolut Verlass, er hat einen hohen Stellenwert bei uns im Verein und in der Mannschaft - obwohl er Gladbach-Fan ist", sagt Jörg Stein mit einem Grinsen im Gesicht. Der Coach der SCA-Reserve hat mit Sascha Bernsmeier, Jannik Lühn, Jan Wortmann und eben Glasner ein für einen A-Ligisten exzellentes Funktionsteam um sich und die Mannschaft herum. Glasner hebt mit immer wieder neuen Ideen und Aktionen die Laune im Team.

Fast nie schlecht gelaunt

"Es kommt ganz selten vor, dass er mal einen schlechten Tag hat. Falls doch, kann er das der Mannschaft gegenüber ziemlich gut verbergen", verrät uns Stein. Das bestätigt der gebürtige Kümpersdorfer Glasner, der seit 28 Jahren als Servicefahrer bei einem Münsteraner Unternehmen tätig ist: "Ich bin für jeden Sch... zu haben und einer, der mehr lacht als weint. Ohne Humor geht es nicht, lachen ist wichtig. Ich sehe es als meine Aufgabe an, den Spielern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern." 

Mit der einen oder anderen bekloppten Aktion hat er genau das in der Vergangenheit häufig getan. Bei den Spielen der Altenrheiner gibt's im Winter heißen Tee und Obst in der Pause, im Sommer bringt der Betreuer jedem Kicker auch schon mal ein Wassereis mit. An Ostern gab's für jeden ein Überraschungs-Ei, in der Weihnachtszeit einen Nikolaus. Dem Auswechselspieler, der sich während eines Spiels am besten benimmt, spendiert Glasner Lakritz, dem besten Torschützen eine übergroße Flasche Smirnoff.

"Er hat ziemlich bekloppte Wetten drauf und spielt immer so seine Spielchen mit uns", sagt SCA-Führungsspieler Alex Lühn. "Ralf ist sehr redselig, er erzählt eigentlich den ganzen Tag nur dummes Zeug. Er kann aber auch ernst sein, wenn es nötig ist. Die Mannschaft ist so etwas wie eine Familie für ihn." Und in einer Familie ist man füreinander da. So brachte Glasner einst höchstpersönlich Spieler Lennard Otte direkt nach einem wichtigen Spiel am Sonntagabend mit dem Auto nach Bremen, damit dieser die kompletten 90 Minuten auf dem Platz stehen konnte. Für ihn eine Selbstverständlichkeit.  

Dank Stellmacher zurück in Altenrheine 

Bis er 14 Jahre alt war, kickte Glasner selbst aktiv für den SCA. "Da lagen die Jungs, die ich heute betreue, noch als Quark im Schaufenster", sagt er. Nach fast 30 Jahren Pause machte der frühere SCA-Trainer Marc Stellmacher seinem Kumpel den Verein wieder schmackhaft, sodass dieser als Betreuer der A-Jugend einstieg. "Wir kennen uns seit Jugendzeiten, haben gemeinsam viel Zeit an der Playstation und am Nintendo verbracht. Ich habe ihn dann irgendwann mal mit zum Fußball geschlört", erinnert sich Stellmacher, der auch viele Jahre lang die Reserve am Kanal trainierte. "Auf Ralf lasse ich nichts kommen, das ist ein richtig feiner Kerl", sagt der heutige Coach von Emsdetten 05 II. "Er macht als Betreuer einen Bombenjob, auf den kannst Du dich zu 100 Prozent verlassen."

Als sich der Verein und Stellmacher Anfang 2019 nicht ganz geräuschlos trennten, gelang Glasner der Spagat, der Mannschaft treu zu bleiben und gleichzeitig weiterhin das gute Verhältnis zum Trainer aufrecht zu erhalten. Auch das zeigt, was für ein Typ er ist. "Die Jungs im Stich zu lassen, war für mich nie eine Option. Ich gehe da voll drin auf und finde, dass Jörg es richtig angepackt hat. Die Mannschaft harmoniert richtig gut und zeigt, dass wir zu Recht in der Kreisliga A spielen, auch wenn wir am Grünen Tisch aufgestiegen sind", so Glasner, der auch als Torwarttrainer bei der Altenrheiner Frauen-Mannschaft tätig ist.

Lob vom Sportlichen Leiter

Besonders stolz war er, als sich der Sportliche Leiter Marcus Hornung zum Jahreswechsel extra bei ihm meldete, um ihm zu seiner Zusage für die kommende Saison zu gratulieren. "Einen wie dich finden wir kein zweites Mal. Typen wie Du sterben leider so langsam, aber sicher aus." Auch Jörg Stein begrüßt das Ja-Wort des Altenrheiner Originals: "Wir sind richtig glücklich, dass er bei uns bleibt."

Dass er seine Mannschaft im Moment höchstens mal beim Video-Call zu Gesicht bekommt, wurmt Glasner ganz besonders. "Die Jungs fehlen mir wirklich sehr. Früher hatte der Sonntag noch einen Sinn, jetzt liegt man den ganzen Tag nur noch auf der Couch rum. Das ist doch Sch...!", hadert er. Für den Fall, dass es bald wieder losgeht, hat er sich allerdings mit Sicherheit schon ein paar Aktionen und Flausen überlegt, mit denen er seine Truppe zum Lachen bringen kann.

Wenn beim SCA II gefeiert wird so wie hier bei einer Karnevalsparty, ist Ralf Glasner (Mitte, mit Matrosenmütze) stets dabei. Foto: privat