Highlights aus unserem Heft - 18. August-Ausgabe

Der kunterbunte Weltenbummler


Von Christian Lehmann

(aus der Ausgabe vom 18. August) BSV Roxel. Wer sich schon einmal ein Fußballspiel an der Tilbecker Straße angesehen hat, kennt ihn. Ganz sicher. Hans Schulze-Erdel (75) fällt auf. Verbal. Und optisch. Der BSV Roxel ohne seinen extrovertierten Edelfan mit dem Hang zu extravaganter Kleidung - undenkbar!

Spontan nach Hans Schulze Erdel gefragt, bricht der Roxeler Schiri-Obmann Philipp Hagemann in Gelächter aus: „Hans ist ein absoluter Paradiesvogel, kommt einmal die Woche in mein Büro, und dann wird die komplette Fußballszene Münsters auseinandergenommen. Der ist entweder komplett in grün, gelb, rot oder blau unterwegs, von den Schuhen bis zum Hut. Seinen Kleidungsstil finde ich richtig geil. Bei den Schiedsrichtern ist er aufgrund seiner Klamotten auch bekannt. Ein Paradiesvogel, ein total netter Paradiesvogel.” 

Tennis-Leidenschaft

„Panatta“, nach dem ehemaligen Weltklasse-Tennisspieler Adriano Panatta, wurde Schulze-Erdel in jungen Jahren von seinen Kumpels genannt. Wie der pensionierte Versicherungskaufmann, der 45 Jahre lang in ein und demselben Unternehmen tätig war, hatte Panatta einen Hang zur Extravaganz. Und eine eigene Modelinie, auf die Schulze-Erdel noch heute steht. Den Ball schmetterte der Rentner beim SV Sudmühle 20 Jahre lang unter anderem dem ehemaligen Preußen-Präsidenten und guten Freund Helmut König um die Ohren, bis der Rücken nicht mehr mitmachte. 

Glaubt man Karl-Peter Plösser, dann konnte Hans „alles, nur kein Fußball spielen. Er war ein Grobmotoriker, aber stets bemüht“, feixt der langjährige Mitstreiter und Stadionsprecher des BSV. Das sieht Schulze-Erdel anders. Zu Preußen-Zeiten – seit 1952 ist er Mitglied – lief er als Rechtsaußen auf und hörte auf den Spitznamen Pelé. „Den habe ich heiß und innig geliebt, ich war sogar auf Einladung des damaligen Verbandspräsidenten Joao Havelange bei seinem Abschiedsspiel im Maracana-Stadion“. Er sagt auch: „Ich bin fußball-infiziert.“ 

"Heute sind wir wieder wer“

Und angesteckt hat ihn der BSV. Als er vor über 30 Jahren an der Tilbecker Straße aufschlug, habe er einen Verein am Boden vorgefunden. Es drohte sogar der Fall in die Kreisliga C. „Heute sind wir wieder wer“, sagt Schulze-Erdel nach dem jüngst geglückten Westfalenliga-Aufstieg stolz. Dass Roxel nach den Preußen und mit Hiltrup und Gievenbeck wieder zum Establishment der Stadt gehört, sei zu einem beträchtlichen Teil auch sein Verdienst. Darauf pocht er. Zu Recht. 

Die Posten des 2. Vorsitzenden und des Sportlichen Leiters hat Schulze-Erdel in der Vergangenheit bekleidet, er ließ sich häufig auch beim Training der ersten Mannschaft blicken. Im Nikolauskostüm machte er die Weihnachtsfeiern an der Tilbecker Straße immer wieder zu echten Highlights, wie sich Geschäftsführer Christian Hester erinnert: „Seine Quizrunde und die Tombola sind legendär. Hans ist einfach ein lustiger Kerl!“ Mittlerweile betätigt er sich nur noch als Kassierer bei den Heimspielen. Und erstellt mit einem riesigen Engagement und großer Akribie jedes Jahr aufs Neue das Saisonheft. Durch seine guten Kontakte zieht er dabei immer wieder neue Sponsoren aus dem Köcher. Schulze-Erdel: „Inzwischen haben die jungen Leute das Kommando übernommen. Aber ganz ohne mich können die auch nicht. Es gibt kaum einen, den ich nicht kenne! 

Hans Schulze-Erdel steht auf Extravaganz und Farbe.

Alle Kontinente bereist

„Hans gehört zum BSV!“, findet Gundolf Lorenz, der mit Schulze-Erdel die Liebe zur Kreuzfahrt teilt, aber nicht annähernd so häufig auf Achse ist wie der langjährige Mitstreiter. „Ich bin ein Weltenbummler, war schon überall“, sagt das Urgestein. Achtmal war er auf der AIDA, etliche Male im Club Aldiana; keinen Kontinent habe er ausgelassen. Seine letzte Reise trug Hans nach Kreta, auf Fuerteventura machte er ganz schmerzfrei Selfies mit der frischgebackenen Miss Germany Lena Bröder aus Havixbeck. Der Mann kommt rum. 

Nie vergessen wird Lorenz nach eigener Aussage, wie Hans auf einer der zahlreichen von ihm selbst organisierten Mannschaftsfahrten, bei einem Freundschaftsspiel in der Heimat von Ali und Veli (†) Gündogdu, mit einem Esel, der eine BSV-Kappe trug, aufs Feld ritt. Zum Schießen! Die Vorgeschichte erzählt Schulze-Erdel, der sich mit seinen 50 Lenzen noch einmal auf den Rasen gewagt hatte: „Das war am A... der Welt in Anatolien. Irgendwann ist uns auf der Busfahrt aufgefallen, dass drei Jungs, die durchgezecht hatten, verschollen waren. Ohne mich wären wir keine elf Mann gewesen, also bin ich ins Tor...“

Prominenter Bruder

Zuletzt gingen die legendären Abschlussfahrten, die sich Schulze-Erdel weiterhin nicht entgehen lässt, aber meist nach Malle. Mit seinen „Enkelkindern“, den Spielern der ersten Mannschaft, macht Schulze-Erdel dort jeden Spaß mit. Des Deutschen liebste Ferieninsel ist im Übrigen auch die Heimat seines Bruders Werner (64), der als Schauspieler und Moderator, hier vor allem durch die Spielshows „Ruck Zuck“ und „Familienduell“, deutschlandweiten Bekanntheitsgrad erlangte. Und – das wissen die wenigsten – sich lange eine WG mit Herbert Grönemeyer teilte. Auch Trainer Bodo Gadomski kennt “Mister Roxel”, wie er Hans Schulze-Erdel selbst nennt, seit vielen Jahren. Häufig war er als gegnerischer Coach zu Gast bei den Kleeblättern. Er sagt: „Am besten und lustigsten ist es immer, wenn Hans mit seinem alten Kumpel Helmut Dreßen unterwegs ist. Ich mag ihn. Wahrscheinlich, weil er auch kein Blatt vor den Mund nimmt.” 

Das stimmt. Hans Schulze-Erdel fährt klare Kante, sagt, was er denkt. Auch wenn er mit seiner Meinung, die er oft – auch mal via Facebook – kundtut, mitunter aneckt oder übers Ziel hinausschießt. Da wird auch mal Schiedsrichterin Vanessa Arlt in die Bundesliga hochgelobt oder Heimspiel-Herausgeber Andreas Teipel als – O-Ton – „bester Sportjournalist EU-RO-PAS” geadelt. Als Carsten Winkler dem BSV den Rücken kehrte und ihm mehrere Spieler zum Rivalen TuS Hiltrup folgten, war er außer sich.

„Charly Neumann des BSV“

„Man muss ihn manchmal auch ein wenig einfangen”, sagt Klaus Ostermann mit einem Schmunzeln. Roxels Vorsitzender bezeichnet den Mann, den auch er seit über 25 Jahren gemeinsamer Zeit in Roxel kennt, als „Charly Neumann des BSV”. Natürlich könne er auch mal anstrengend sein. Aber: „Er meint es immer gut, für ihn ist der BSV eine Herzensangelegenheit.” Und das Herz, das weiß man nicht nur in Roxel, hat Hans Schulze-Erdel am rechten Fleck.

Mit dieser Truppe machte Hans Schulze-Erdel (o.l.) die Türkei unsicher: Daniel Diehl, Frank Schlothane, Ali Gündogdu, Klaus Wulfert, Hermann J. Schnieders, Thomas Schechtel, Veli Gündogdu (†), Karl-Peter Plösser, Theo Micklinghoff, Markus Oshege.