Querpass

DFB-Präsident Fritz Keller warb in einer digitalen Pressekonferenz für die Rückkehr der Amateurfußballer auf die Fußballplätze. Screenshot: DFB-tv

"Zurück auf den Platz - sofort!"


Von Christian Lehmann

(08.03.21) Bereits im Vorfeld der jüngsten Bund-Länder-Runde hatten der Deutsche Fußballbund sowie weitere Sport- und Landesverbände deutliche Appelle an die Politik gerichtet. Mit Erfolg. Seit heute dürfen unter gewissen Voraussetzungen Kinder bis 14 Jahren wieder trainieren (wir berichteten). Alsbald sollen auch die SeniorInnen wieder kicken dürfen, sofern Inzidenzen und regionale Vorgaben dies möglich machen. Nun haben DFB-Präsident Fritz Keller und DFB-Vizepräsident Rainer Koch noch einmal mit Nachdruck für eine Rückkehr auf den Platz geworben und die Bedeutung des Amateurfußballs unterstrichen.

Bei einer digitalen Pressekonferenz stellte die DFB-Führung die Ergebnisse einer Studie vor, an der sich 101.710 Personen, die dem Amateurfußball in unterschiedlicher Funktion verbunden sind, beteiligt hatten (83 Prozent männlich, 17 Prozent weiblich). "Mehr als 100.000 Menschen, das ist nicht nur repräsentativ, sondern ein klares Statement. Die Sehnsucht, auf den Platz zurückzukehren, ist riesig", stellte Keller heraus. 

98 Prozent vermissen den Amateurfußball

Die überwältigende Mehrheit von 98 Prozent gab dabei an, den Amateurfußball zu vermissen. 96 Prozent der TeilnehmerInnen vermissen die Aktivitäten im Verein, 71 Prozent das Gemeinschaftsgefühl. So weit, so erwartbar und unspektakulär. Nun wird's aber knackiger: Befürchtungen, dass viele Vereine durch den zweiten Lockdown weitere Mitglieder verlieren werden, wurden durch die Umfrage nicht bestätigt. 94 Prozent der Befragten gaben an, wieder in ihre Vereine zurückzukehren. 88 Prozent fühlen sich nach wie vor sehr eng mit ihrem Verein verbunden. Die Öffnet externen Link in neuem FensterErgebnisse der Umfrage und deren Öffnet externen Link in neuem FensterInterpretation könnt ihr auf der Homepage des DFB nachlesen.

DFB-Vize Koch machte deutlich, dass es zwar weiterhin besonderer Vorsicht und der Einhaltung der bekannten Maßnahmen und Hygienekonzepte bedürfe, dass man aber auch nicht länger abwarten dürfe. "Über viele Monate hinweg wurde fast ausschließlich über den Profifußball gesprochen. Heute ist der Zeitpunkt gekommen, an dem der Amateurfußball seine Stimme laut und hörbar erheben muss. Die Basis ist gezeichnet von der Corona-Krise - und es wird von Woche zu Woche schlimmer. Wir wollen zurück auf den Platz - sofort!"

Große Sorgen in der Regional- und Oberliga

Rund 950.000 geplante Amateurfußballspiele konnten im Jahr 2020 und im Frühjahr 2021 aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden, das schlägt sich auch im Budget der Vereine nieder. Koch wies in diesem Zusammenhang speziell auf die existenziell bedrohliche Situation vieler Regional- und Oberligisten hin, die in vielen Fällen (semi-)professionelle Strukturen und hohe Ausgaben haben, aber bisher kaum bis gar keine finanzielle Unterstützung für ausbleibende Zuschauer-Einnahmen erhalten haben. "Ich halte es für extrem wichtig, dass diese Vereine nicht länger außen vor sind." 

Keller kündigte an, dass der mit über sieben Millionen größte nationale Sportfachverband der Welt seine Infrastruktur anbieten wolle, um eine regelmäßige und flächendeckende Testsystematik zu ermöglichen. So soll mit Unterstützung der bereits seit dem vergangenen Sommer gängigen Konzepte in drei Schritten - erst Trainingsbetrieb, dann Wettkampf ohne Zuschauer, schließlich Spielbetrieb mit Zuschauern - die Rückkehr zur Fußball-Normalität gewährleistet werden.

Eine Extra-Wurst will der Fußball nicht braten: "Die Gesundheit steht über allem. Natürlich werden wir uns an den Fünf-Stufen-Plan halten und die Füße stillhalten müssen, wenn die Zahlen wieder steigen", sagte Keller. Koch ergänzte: "Wir sind weder Corona-Leugner noch fordern wir die Aussetzung der Lockdown-Maßnahmen. Die Vereine haben aber bewiesen, dass sie verantwortungsvoll mit den Gefahren umgehen können. Wir müssen kampagnen-fähig werden und uns gemeinsam für die Sache einsetzen. Wir sind Millionen, die mit dem Herzen für den Amateurfußball stehen."

Statements

DFB-Präsident Fritz Keller: "Ohne Amateurfußball fehlt dem Fußball die Seele. Und den Menschen, die ihn so einzigartig machen, fehlt ein Lebensinhalt. Unsere Umfrage bestätigt eindrucksvoll, wie sehr sie die Rückkehr in ihre Vereine herbeisehnen. Sie warten nur darauf, Gemeinschaft wieder leben zu können, und gehen dem Fußball offenbar noch nicht wie befürchtet massenhaft verloren. Die Fußballfamilie steht zusammen - selbst auf Abstand. Umso wichtiger ist es, dass unsere Mitglieder nun dringend eine Perspektive sehen. Diese Perspektive haben sie mit den gerade beschlossenen ersten zaghaften Lockerungen nicht flächendeckend erhalten. Auch mit Blick auf die Strategie umfassender, kostenloser Selbst- und Schnelltests erhoffen wir uns von der Politik nun weitere Öffnungen für den Sport."

Rainer Koch, DFB-Vizepräsident Amateurfußball: "Der Amateurfußball lebt. Er erweist sich in dieser zuvor so nicht gekannten Krise als besonders widerstandsfähig, er zeigt sein ausgeprägtes Kämpferherz - das unterstreichen die Ergebnisse der Umfrage. Das schon vielfach prognostizierte Untergangszenario gibt es nicht. Noch nicht. Klar ist: Der Amateurfußball ist gezeichnet von der Coronakrise, aus Kratzern werden Wunden. Der Patient aber liegt nicht auf der Intensivstation. Er sitzt im Wartezimmer der Politik. Sein Zustand verschlechtert sich, die zunehmenden Symptome deuten auf die Überweisung in die Klinik hin. Auch der Letzte muss jetzt verstehen, dass wir rasch wieder den Fußball brauchen, den wir alle so sehr lieben. Der Amateursport ist kein pandemisches Problem, sondern fester Teil der Lösung dieser Krise - und damit gut für unser Land. Der eingeschlagene Kurs, sich für weitere Lockerungen stark zu machen, ist der richtige. Die Diagnose haben wir, das Rezept auch: Der Ball muss wieder rollen!"